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Mit einer Fräse gegen Wind und Wetter

Technik. - Wo Hecken, Wälder und Sträucher abgeholzt werden, haben Wind und Wasser leichtes Spiel: Wertvolle Bodenbestandteile werden ausgewaschen oder verweht. Ein neuer Apparat soll dem jetzt entgegentreten: Seit kurzem ist eine neue Fräse gegen Bodenerosion auf dem Markt, an deren Entwicklung Forscher der Universität Kiel wesentlichen Anteil hatten. Mit der Bodenbearbeitungsmaschine soll die Erosion durch Regen und Wind verhindert und gleichzeitig das Wachstum der Pflanzen verbessert werden.

    Von Jens Wellhöner

    Von weitem sieht sie aus wie ein normaler Pflug: Die Fräse des Instituts für Bodenkunde der Universität Kiel. Gerade wird sie hinter einen Traktor gespannt. Auf vielen Äckern in Deutschland schwemmt die Erosion durch Regen eine große Menge Humus einfach weg. Für Rainer Horn, Professor für Bodenkunde an der Universität Kiel, eines der Hauptprobleme der hochtechnisierten Landwirtschaft:

    Wir müssen bei uns davon ausgehen, dass wir gerade auch in der Landwirtschaft eine zunehmende Bodenerosion finden, die darauf beruht, dass wir durch die Landmaschinen selber eine undurchlässige Unterbodenschicht produzieren, die nennt man in der Landwirtschaft auch Pflugsole

    Und besonders im Bereich der Fahrspuren gehen dadurch pro Jahr und Hektar bis zu 30 Tonnen fruchtbarer Boden verloren. Auch im Landschaftsbau ist die Erosion ein großes Problem. Zum Beispiel an Bahndämmen oder Autobahnböschungen. Das Hauptproblem hier: Die Erdschichten liegen wie bei einer Torte einfach aufeinander und halten sich gegenseitig nicht fest. Horn:

    Diese Hänge werden alle schichtweise aufgetragen. Sie sind alle relativ steil und werden dann zum Abschluss mit einer Humusschicht überdeckt, auf der die Pflanze wachsen soll. Die Konsequenz daraus ist aber gleichzeitig, dass - weil diese Hänge mit größeren, schwereren Maschinen eingeebnet worden sind - der nächste Niederschlag genau auf dieser verschmierten Schicht zur Seite abfließt. Und die Folge davon ist, dass alles das, was darüber liegt, mit abrutscht.

    Und die neue Fräse schafft gerade hier Abhilfe: Sie verzahnt die Schichten untereinander. Auf einer rotierenden Welle sind eiförmige Stahlscheiben befestigt. Sie drehen sich versetzt zueinander, im Winkel von 90 und 45 Grad und greifen schräg in den Boden ein. Sie hinterlassen in regelmäßigen Abständen kleine Hügel und Mulden. Der Acker sieht danach so aus, als sei ein Elefant darüber weg gelaufen. In den Senken aber kann sich das Regenwasser sammeln. Horn:

    Auf der anderen Seite sind die Berge, die Mikro-Berge, die durchaus 10 Zentimeter hoch werden können, dazu in der Lage, die darüber aufgebrachte Schicht am Abrutschen zu hindern. Denn sie bilden quasi, sagen wir es mal einfach, einen Dorn in der darüber liegenden Schicht, das heißt, einen Widerstand.

    Frank Nahrwold schreibt an der Kieler Uni seine Doktorarbeit über die Wirkung der Fräse. Er weist auf einen weiteren Vorteil hin:

    Man möchte Wasser besser halten. Und da sind diese Mulden ein altbewährtes Prinzip, das auch Naturvölker in Afrika verwenden. Und wo ich Wasser länger halten kann, da können auch Pflanzen besser gedeihen.

    Die Fräse hält also nicht nur den Boden fest, sondern fördert auch das Pflanzenwachstum. Seit kurzem ist sie unter dem Namen Schmidt-Rekultivator auf dem Markt, benannt nach ihrem Erbauer, einer privaten Firma in Niedersachsen. Die Kieler Wissenschaftler haben die Maschine in den letzten Jahren verbessert. Völlig verhindern kann sie die Erosion nicht. Aber deutlich abbremsen, so Frank Nahrwohld. Und das nicht nur in der Landwirtschaft:

    Es ist gedacht zum Beispiel für Straßenböschungen, Deponiebau, überall wo man es mit stark geneigten Flächen zu tun hat, die auch vielleicht noch übereinandergeschichtet werden müssen, die speziell erosionsgefährdet sind.

    Der Schmidt-Rekultivator funktioniert bei einer Hangneigung bis zu 14 Grad, also auf den meisten landwirtschaftlichen Flächen der Welt. Professor Rainer Horn hat weitreichende Pläne:

    Ich stelle mir durchaus vor, dass wir mit dieser Fräse auch in anderen Regionen der Welt, sei es China mit seinen riesigen Lößflächen, die enormen Erosionen unterliegen, dass wir dort ebenfalls durch Oberflächenreliefierung den Bodenabtrag tatsächlich verhindern können.

    Erst in drei Jahren werden die Kieler Forscher die Wirkung der neuen Bodenfräse genau erforscht haben. Dann wird man sehen, ob sie das Problem Erosion tatsächlich über längere Zeit in den Griff bekommt.