Russland stehen schwere, beunruhigende Zeiten bevor. Da sei es die Hauptaufgabe des Patriarchen, für Russland in dieser sehr verantwortungsvollen und nicht leichten Etappe seiner Entwicklung zu beten. Das hatte Kyrill, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, am dritten Jahrestag seiner Inthronisierung als Patriarch Anfang Februar den Gläubigen versichert. Wenige Tage später war Kyrill im Danilow-Kloster, seinem Moskauer Amtssitz, Gastgeber bei einem Treffen von Würdenträgern russischer Konfessionen mit Wladimir Putin. Auch für Kyrill ist Putin der Retter in der Not: ein Mann, der Russland vor dem Zerfall bewahrt und es aus den chaotischen 1990er Jahren zu dauerhafter Stabilität geführt hat.
"Als Patriarch, der berufen ist, die Wahrheit zu sagen und der weder der politischen Konjunktur noch der Propaganda Tribut zollt, sage ich ganz offen, dass Sie persönlich, Wladimir Putin, bei der Begradigung jener Krümmungen unserer Geschichte eine riesige Rolle gespielt haben. Dafür danke ich Ihnen. Sie haben mal gesagt, dass Sie schuften wie ein Galeerensklave. Der große Unterschied ist dabei jedoch, dass ein Sklave keinen Nutzeffekt bringt, Sie aber einen sehr hohen erbracht haben."
Kyrills Worte führten zu deutlicher Kritik. Kaum zufällig veröffentlichte die unabhängige Zeitung "Nowaja Gaseta" wenige Tage nach dem Treffen einen Artikel, in dem bereits bekannte Vorwürfe gegen Kyrill wiederholt werden. So soll Kyrill, als er noch Metropolit und Leiter des kirchlichen Außenamtes war, sich in den 1990er-Jahren bereichert haben. Damals erlaubte der Staat der russisch-orthodoxen Kirche den zollfreien Import von Tabakwaren und den Handel mit weiteren gewinnbringenden Produkten. Kyrill soll ferner ein Chalet in der Schweiz besitzen und einen aufwendigen Lebensstil pflegen. Das Moskauer Patriarchat wies die Vorwürfe umgehend als unzutreffend zurück. Bei seinem Treffen mit den religiösen Würdenträgern äußerte sich Putin indirekt zum Vorwurf, zwischen staatlichen Machthabern und kirchlichen Würdenträgern in Russland bestünde zu große Nähe.
"Staat und Kirche sind getrennt. Genauer gesagt klingt das nach wie vor so: Die Kirche ist vom Staat getrennt. In der Sowjetzeit verstand man darunter, dass die Rechte der Kirche geschmälert wurden. Heute bedeutet diese Trennung jedoch, dass es zwischen dem Staat und den religiösen Organisationen eine vollkommen andere Form der gegenseitigen Beziehungen geben sollte: eine Form der Partnerschaft, der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung."
Unter dem 65 Jahre alten Patriarchen Kyrill hat die russisch-orthodoxe Kirche, der formell mehr als zwei Drittel der russischen Bevölkerung angehören, an Einfluss und Macht gewonnen. Deshalb hat die Wahlhilfe des Patriarchen für Wladimir Putin erhebliches Gewicht. Doch das ist nur die eine Seite. Denn Kyrill ist ein zu kluger Kirchenpolitiker, um nicht zu erkennen, dass sich in Russland unter Putin eine in der Entwicklung stagnierende, vom Konsum getriebene Gesellschaft entstanden ist, gegen die immer mehr vor allem junge und beruflich erfolgreiche Bürger aufbegehren. In seinem Neujahrsinterview mit dem Staatsfernsehen hat der Patriarch den Kreml aufgefordert, den Willen der Bürger ernst zu nehmen. Eine für russische Verhältnisse beinahe unerhörte Einmischung in die Politik.
"In einer freien Gesellschaft hat jeder das Recht, seine Meinung zu sagen, auch wenn sie nicht mit der Meinung der Machthaber übereinstimmt. Wenn man den Menschen dieses Recht nimmt, empfinden sie das als schmerzhafte Einschränkung ihrer Freiheit. Rechtmäßig geäußerte Proteste müssen zu einer Korrektur des politischen Kurses führen. Das ist das Wichtigste. Wenn die Machthaber auf diese Proteste gleichgültig reagieren, ist das ein schlechtes Zeichen, ein Zeichen, dass die Machthaber unfähig sind, sich zu verändern. Sie sollten sich aber auf Signale von außen einstimmen."
Eins dieser Signale ist nach Ansicht des Patriarchen auch der zunehmende Werteverfall in einer Gesellschaft, die sich, so Kyrill, immer mehr auf niedrige Instinkte stütze und in der es keine hohen Ideale mehr gebe.
"Wenn Konsum und Geld als Ideale höher eingeschätzt werden als die Arbeit, dann verlieren wir Russland. Wenn diese Ideale zur Messlatte des Lebens werden, dann verlieren wir alles, weil Russland noch einen weiten Weg gehen muss, um den Lebensstandard und die Gehälter anderer Länder zu erreichen."
Der russisch-orthodoxe Moskauer Patriarch erwartet im Gegenzug für seine Wahlhilfe vom Kreml also nicht mehr und nicht weniger als eine Neuorientierung der Gesellschaft. Damit ist er gar nicht so weit von jenen entfernt, die für dieses Ziel auf die Straße gehen.
"Als Patriarch, der berufen ist, die Wahrheit zu sagen und der weder der politischen Konjunktur noch der Propaganda Tribut zollt, sage ich ganz offen, dass Sie persönlich, Wladimir Putin, bei der Begradigung jener Krümmungen unserer Geschichte eine riesige Rolle gespielt haben. Dafür danke ich Ihnen. Sie haben mal gesagt, dass Sie schuften wie ein Galeerensklave. Der große Unterschied ist dabei jedoch, dass ein Sklave keinen Nutzeffekt bringt, Sie aber einen sehr hohen erbracht haben."
Kyrills Worte führten zu deutlicher Kritik. Kaum zufällig veröffentlichte die unabhängige Zeitung "Nowaja Gaseta" wenige Tage nach dem Treffen einen Artikel, in dem bereits bekannte Vorwürfe gegen Kyrill wiederholt werden. So soll Kyrill, als er noch Metropolit und Leiter des kirchlichen Außenamtes war, sich in den 1990er-Jahren bereichert haben. Damals erlaubte der Staat der russisch-orthodoxen Kirche den zollfreien Import von Tabakwaren und den Handel mit weiteren gewinnbringenden Produkten. Kyrill soll ferner ein Chalet in der Schweiz besitzen und einen aufwendigen Lebensstil pflegen. Das Moskauer Patriarchat wies die Vorwürfe umgehend als unzutreffend zurück. Bei seinem Treffen mit den religiösen Würdenträgern äußerte sich Putin indirekt zum Vorwurf, zwischen staatlichen Machthabern und kirchlichen Würdenträgern in Russland bestünde zu große Nähe.
"Staat und Kirche sind getrennt. Genauer gesagt klingt das nach wie vor so: Die Kirche ist vom Staat getrennt. In der Sowjetzeit verstand man darunter, dass die Rechte der Kirche geschmälert wurden. Heute bedeutet diese Trennung jedoch, dass es zwischen dem Staat und den religiösen Organisationen eine vollkommen andere Form der gegenseitigen Beziehungen geben sollte: eine Form der Partnerschaft, der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung."
Unter dem 65 Jahre alten Patriarchen Kyrill hat die russisch-orthodoxe Kirche, der formell mehr als zwei Drittel der russischen Bevölkerung angehören, an Einfluss und Macht gewonnen. Deshalb hat die Wahlhilfe des Patriarchen für Wladimir Putin erhebliches Gewicht. Doch das ist nur die eine Seite. Denn Kyrill ist ein zu kluger Kirchenpolitiker, um nicht zu erkennen, dass sich in Russland unter Putin eine in der Entwicklung stagnierende, vom Konsum getriebene Gesellschaft entstanden ist, gegen die immer mehr vor allem junge und beruflich erfolgreiche Bürger aufbegehren. In seinem Neujahrsinterview mit dem Staatsfernsehen hat der Patriarch den Kreml aufgefordert, den Willen der Bürger ernst zu nehmen. Eine für russische Verhältnisse beinahe unerhörte Einmischung in die Politik.
"In einer freien Gesellschaft hat jeder das Recht, seine Meinung zu sagen, auch wenn sie nicht mit der Meinung der Machthaber übereinstimmt. Wenn man den Menschen dieses Recht nimmt, empfinden sie das als schmerzhafte Einschränkung ihrer Freiheit. Rechtmäßig geäußerte Proteste müssen zu einer Korrektur des politischen Kurses führen. Das ist das Wichtigste. Wenn die Machthaber auf diese Proteste gleichgültig reagieren, ist das ein schlechtes Zeichen, ein Zeichen, dass die Machthaber unfähig sind, sich zu verändern. Sie sollten sich aber auf Signale von außen einstimmen."
Eins dieser Signale ist nach Ansicht des Patriarchen auch der zunehmende Werteverfall in einer Gesellschaft, die sich, so Kyrill, immer mehr auf niedrige Instinkte stütze und in der es keine hohen Ideale mehr gebe.
"Wenn Konsum und Geld als Ideale höher eingeschätzt werden als die Arbeit, dann verlieren wir Russland. Wenn diese Ideale zur Messlatte des Lebens werden, dann verlieren wir alles, weil Russland noch einen weiten Weg gehen muss, um den Lebensstandard und die Gehälter anderer Länder zu erreichen."
Der russisch-orthodoxe Moskauer Patriarch erwartet im Gegenzug für seine Wahlhilfe vom Kreml also nicht mehr und nicht weniger als eine Neuorientierung der Gesellschaft. Damit ist er gar nicht so weit von jenen entfernt, die für dieses Ziel auf die Straße gehen.