Sonntag, 19. Mai 2024

Archiv


Mit Härte gegen die Konkurrenz

Wie Tesa für Klebestreifen oder Tempo für Papiertaschentücher steht Palm als Inbegriff der ''Persönlichen Digitalen Assistenten'' – jener kleinen mobilen Alleskönner, die die Organisation des Alltags zum Spass machen sollen. Doch die Konkurrenz war nicht untätig und jagte dem Unternehmen, das PDAs überhaupt erst salonfähig machte, die Marktanteile Prozent um Prozent ab. Ein neues Spitzenmodell, benannt nach Wolfram – dem härtesten Metall – soll jetzt die Wettbewerber wider das Fürchten lehren.

Oliver Buschek | 02.11.2002
    Die auffälligste Neuerung des neuen Palm ist, dass er sich wie ein Esstisch auseinander ziehen lässt. Im Standardbetrieb ist "Tungsten T" gerade mal so groß wie eine Zigarettenschachtel und damit der vielleicht kleinste zur Zeit verfügbare PDA. Nur für die Eingabe von Texten muss das Gerät auseinander geschoben werden. Dann liegt der so genannte Eingabebereich frei - die Fläche, auf der man mit dem beigefügten Plastikstift Texte oder Telefonnummern notieren kann. Ein sinnvoller Mechanismus, findet Markus Bregler von Palm Deutschland: "80 Prozent der Handheld-Benutzer rufen bei der Nutzung Daten ab, statt einzugeben. Wir haben das Gerät damit etwas kleiner, übersichtlicher und kompakter gemacht."

    Doch die Neuerungen gehen noch tiefer. Der "Tungsten T" ist der erste Palm mit dem Betriebssystem "Palm-OS 5". Das erlaubt eine vervierfachte Bildschirmauflösung von 320 mal 320 Pixeln, die Kommunikation mit Handy und PC via Bluetooth oder auch Multimediafunktionen wie das Abspielen von Videos. Denn gerade Multimedia war bisher die Domäne der Palm-Konkurrenz. Videos oder eine Diktierfunktion gibt es auf Geräten mit Microsofts Betriebssystem "Windows für Pocket PCs" schon seit Jahren. Palm dagegen konzentrierte sich lange auf klassische Organizer-Funktionen: Seine Modelle mit farbigem Bildschirm waren bisher immer zu langsam und mit zu wenig Auflösung versehen, um mit den Geräten von Compaq und anderen mitzuhalten. Der Einstieg in die Hochleistungsklasse kommt daher also spät. Dazu Bregler: "Für uns ist neben dem Design das Thema Batterielebensdauer das Entscheidende. Wir sind jetzt von der Bildschirm-, Batterie- und von der Prozessortechnologie her so weit, dass wir ein Gerät anbieten können, das von der Betriebsdauer dem entspricht, was unsere Kunden bisher gewohnt sind."

    Mit dem neuen Tungsten habe Palm aber die Windows-Konkurrenz nicht nur eingeholt, sondern sogar abgehängt, meint nicht nur der Hersteller naturgemäß selbst, sondern auch jemand mit kritischerem Blick. Stephan Methner ist Geschäftsführer der Firma M.Able. Sein Unternehmen entwickelt Software für PDAs beider Plattformen. Methner Eindruck vom Tungsten T: "Damit holt Palm hinsichtlich Geschwindigkeit und Bedienbarkeit sehr deutlich auf. Und es ist das derzeit kleinste erhältliche Gerät." Im Inneren des Tungsten arbeitet ein Strong-Arm-Prozessor von Texas Instruments mit 144 Megahertz. Dass der Tungsten jetzt deutlich mehr Leistung bringt als die bisher erhältlichen Pocket PCs, liegt in den Augen von Stefan Methner allerdings nicht nur am Chip, sondern auch am Betriebssystem: "Beim Pocket PC kamen jetzt neue Prozessoren heraus mit 400 Megahertz, die gegenüber den alten Chips mit 206 Megahertz aber enttäuschten, weil die Gerät eigentlich gleich schnell waren, statt der erwarteten höheren Rechenkraft. Bei Palm geht der Prozessor von 33 Megahertz auf 144 herauf. Damit werden alte Produkte dafür etwa zwei bis dreimal schneller sein, während neue, speziell dafür programmierte Produkte gut fünfzig mal schneller."

    Gleichzeitig mit dem Tungsten T präsentiert Palm noch ein weiteres Gerät, den Tungsten W. Dabei handelt es sich nicht nur um einen PDA, sondern überdies um ein Smartphone, das in Deutschland aber erst im nächsten Frühjahr eingeführt werden soll. Der Name Tungsten ist bei diesem Modell übrigens fast schon eine Mogelpackung. Betrieben wird er nämlich nicht mit Palm OS5, sondern mit der angestaubten Version 4. Mit dem Tungsten T hat er aber immer hin eins gemeinsam: den Ausziehmechanismus.