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Mit HAI-TECH durch die Weltmeere

Technologie.- Ein Schiff, dessen Rumpf eine Oberflächenstruktur hätte wie ein Hai, könnte deutlich strömungsgünstiger unterwegs sein und dadurch Treibstoff sparen. Nur: durchgesetzt hat sich dieses Prinzip bislang nicht. Deshalb nehmen Ingenieure aus Bremen einen neuen Anlauf.

Von Frank Grotelüschen |
    Der Haifisch hat nicht nur messerscharfe Zähne, sondern auch eine besondere Haut: Unter dem Mikroskop erkennt man dicht aneinander liegende Schuppen, auf denen sich mikroskopisch kleine Rillen befinden, parallel ausgerichtet zur Strömung. Die Haut des Meeresräubers – sie ist also nicht aalglatt, sondern haifisch-rippelig. Und das hat für das Tier einen handfesten Vorteil, sagt Heinrich Kordy, Ingenieur am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen.

    "Die Haifischhaut verhindert, dass in der Grenzschicht Mikroturbulenzen hin und her wandern können. Dadurch wird die Wandreibung reduziert."

    Und dadurch kann der Hai schnell und effizient schwimmen. Manches Tier erreicht Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 70 km/h. Und was für den Hai gut ist, könnte auch Schiffen und Booten nutzen – dachte man sich bereits in den 80er-Jahren. Damals wurde die Segeljacht "Stars and Stripes" mit einer feinen Rillenfolie beklebt und gewann 1987 den America's Cup. Durchgesetzt aber haben sich diese Folien nicht, sagt Kordys Kollege Sascha Buchbach.

    "Das Problem ist, dass diese Folien sehr schwierig auf die Oberfläche aufzubringen sind und dass man sehr viel Verluste beim Aufkleben hat."

    Deshalb dachten sich die Bremer Forscher eine andere Technik aus: Sie bringen die Haifisch-Struktur als Lack auf. Nur: Wie bringt man einen Lack dazu, gleichmäßige Rillen zu bilden, die feiner sind als ein menschliches Haar? Einfach mit dem Pinsel auftragen – das klappt natürlich nicht, sagt Heinrich Kordy.

    "Wir setzen eine UV-durchlässige Silikonmatrize ein. Die besitzt die Negativstruktur der sogenannten Riblets. Der flüssige Lack wird auf die Silikonmatrize aufgetragen, wird auf das Bauteil gepresst und dann ausgehärtet."

    Um den Lack möglichst effizient aufzubringen, haben die Forscher ein Roboter-Werkzeug entwickelt: Eine Düse bespritzt die Silikonmatrize – eine dicke, etwa einen halben Meter breite Folie – mit flüssigem Lack. Dann pressen Schaumstoffrollen die lackgetränkte Folie auf den Schiffsrumpf auf. Zum Schluss sorgt eine UV-Lampe dafür, dass der Lack sofort aushärtet. Im Labor zeigt Heinrich Kordy das Ergebnis:

    "Hier sehen Sie ein 2x1 Meter großes Aluminiumblech, welches mit Riblets beschichtet wurde. Wenn man darüberstreicht, hat man das Geräusch, welches typisch ist für die Rillenstruktur."

    Die Nagelprobe fand kürzlich in einer Werft in Emden statt. Dort hatten die Forscher ihren Roboterarm an eine Art Lift montiert. Dieser Lift fuhr dann an der Außenfläche eines Trockendocks hoch- und runter, um den Lack quasi in Tapetenbahnen aufzutragen – mit einer Geschwindigkeit von bis zu zwei Metern pro Minute.

    "In Emden haben wir einen Test durchgeführt, und das unter Werftbedingungen. Und wir konnten dort erfolgreich eine Testfläche von 30 Quadratmetern beschichten."

    Mittlerweile haben die Ingenieure das Verfahren zum Patent angemeldet.
    In der Praxis könnte die künstliche Haifischhaut eine Menge Treibstoff sparen, sagt Sascha Buchbach.

    "In diesem Projekt haben wir intensive Versuche in einem Ölkanal gemacht. Und wir haben erfreulicherweise bis zu vier bis fünf Prozent Treibstoffersparnis bekommen können."

    In Zahlen: Ein Containerschiff könnte pro Jahr bis zu 300.000 Dollar an Treibstoff sparen. Geeignet scheint das Patent aber auch für den Sportbereich, um Rennboote schneller zu machen. Teile des Rumpfes einer Fähre haben die Forscher schon beschichtet. Bislang liefen die Tests in der Nordsee durchaus erfolgreich. Doch um die Schiffsbranche zu überzeugen, müsste ein komplettes Schiff behandelt werden und anschließend im Dauerbetrieb beweisen, dass der Haifisch-Lack erstens Treibstoff spart und zweitens haltbar genug ist. Ein Ziel, das sich die Ingenieure aus Bremen nun als nächstes vorgenommen haben.