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Mit Hochdruck gegen Keime

Winzig kleine Mikroorganismen sind ihre allergrößten Feinde: Konservierungsexperten wie Dr. Volker Heinz vom Institut für Lebensmittelbiotechnologie der Technischen Uni Berlin interessiert nur eine: Wie bringt man die Fäulnis erregenden Keime am besten zur Strecke, ohne dabei dem Lebensmittel zu schaden? Eine vielversprechende Möglichkeit: Die Hochdruckbehandlung. Auf der AnugaFoodTec-Messe erklärt Volker Heinz an einer Modellanlage der italienischen Firma SIG, wie das Verfahren funktioniert:

Von Brigitte Harms |
    Bei der Hochdruckbehandlung setzen Sie verpackte Produkte einem Druck von mehreren tausend bar aus. Das funktioniert, indem sie das Produkt in einem dickwandigen Behälter einbringen und durch ein druckübertragendes Medium – in den meisten Fällen Wasser, die Kräfte direkt auf das Produkt übertragen.

    Bei so viel Druck haben die Mikroorganismen keine Chance. Sie können sich nicht mehr vermehren. Das Lebensmittel selbst aber ist nach einer solchen Behandlung nicht nur mehrere Wochen lang ohne Kühlung haltbar – es soll sich dabei auch in Geschmack und Aussehen kaum verändern. Und der große Vorteil dieser Methode sei, dass wichtige Inhaltsstoffe wie Vitamine und Aminosäuren weitestgehend erhalten bleiben. Denn das ganze funktioniert schon bei niedrigen Temperaturen:

    Durch die Kompression zum Beispiel auf 6000 oder 8000 bar, die in technischen Systemen heute Anwendung finden, haben wir einen Temperaturanstieg um lediglich 20 Grad maximal. Das heißt wenn wir bei 5 Grad starten haben wir eine Endtemperatur von 25 Grad und erreichen das gleiche, was wir sonst nur durch eine Pasteurisation bei 80 oder 90 Grad Celsius erzielen können und dadurch haben wir natürliche eine günstigeren Erhalt des natürlichen Erscheinungsbildes, der wertgebenden Inhaltsstoffe, Vitamine, Farbe.

    Weil das Druck-Konservieren mit wenig Hitze auskommt und auch innerhalb kürzester Zeit klappt, braucht es vergleichsweise wenig Energie. Die Hochdruck-Methode kommt aus Japan. Dort wurden schon 1990 hochdruckbehandelte Erdbeer- und Kiwimarmeladen angeboten. In den USA gibt es Hochdruck-Avocadopüree. Und mittlerweile ist die Technik auch nach Europa vorgedrungen: In Frankreich bekommt man Orangensaft und in Spanien Kochschinken aus der Hochdruckbehandlung. Noch im Forschungsstadium befindet sich dagegen eine andere neue Technologie zur Haltbarmachung. Dabei versucht man, den Mikroorganismen, die für das Verderben von Lebensmitteln verantwortlich sind, mit Strom zu Leibe zu rücken. Volker Heinz von der Technischen Universität Berlin:

    Bei der Elektroimpulsbehandlung setzen sie Mikroorganismen einem elektrischen Feld aus. Die Wirkung der Elektroimpulse ist an der Zellmembran angesiedelt führt dazu, dass die Zellmembran zusammengequetscht wird und in der Zellmembran ein Loch entsteht. Durch das Loch in der Zellmembran haben sie die Stoffwechselvorgänge außer Kraft gesetzt. Das heißt es kann sein, dass die Zelle vollkommen ausläuft und dadurch eine Vermehrung der Zelle ein weiteres Leben der Zelle nicht mehr möglich ist.

    Vorteil auch hier: Es wird nur wenig Hitze eingesetzt, die Inhaltsstoffe der Lebensmittel bleiben weitgehend erhalten. Allerdings eignet sich die Methode nur für flüssige Produkte wie Milch, Joghurt oder Saft.

    Für viele Aussteller auf der Anuga Food Tec sind solche Hich-Tech-Ideen noch ferne Zukunftsmusik. Sie konzentrieren sich darauf, klassische Konservierungsmethoden zu verbessern. So hat zum Beispiel die Firma Florin – sie entwickelt Verpackungsanlagen für Lebensmittel - eine interessante Idee für die gute alte Gemüsekonserve. Vakupackverfahren nennt sich die neue Kombination aus Erhitzung und Vakuumtechnik. Der Vorteil: Dem Dosengemüse muss nicht mehr so viel Flüssigkeit zugesetzt werden. Mitarbeiter Harald Schweflinghaus:

    Bei dem neuen Verfahren setzen wir einen Bruchteil der bisherigen Aufgussmenge ein und machen obendrein die Dose luftleer, setzen Vakuum ein, das bewirkt das die Wärme leichter ins Produkt reingehen kann zur Hitzebehandlung. Das bedeutet, dass wir während der Haltbarmachung durch Hitze eine bestimmte Zeitersparnis, Energieersparnis haben und das wir vor allem eine ganz deutliche Produktschonung haben gegenüber den herkömmlichen Verfahren, das Produkt hat deutlich bessere sensorische Eigenschaften also geruchlich, geschmacklich und auch von der Optik her sieht es besser aus.

    Noch sucht die Firma nach einem Lebensmittelhersteller, der seine Produkte mit der neuen Technik verpacken will. Und auch bis all die anderen neuen Ideen zur Haltbarmachung in großem Stil realisiert werden, wird es wohl noch dauern. Ob dann die Erbsen aus der Dose wie frisch geerntet schmecken oder die H-Milch wie frisch gemolken? Schön wär's ja.