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Mit höchster Auflösung

Medizintechnik. – Die modernen bildgebenden Verfahren haben die Diagnose wahrhaft revolutioniert. Dabei stoßen die Ingenieure immer weiter vor. In der Kernspintomographie werden zum Beispiel inzwischen Magnetfelder von drei und mehr Tesla eingesetzt. In Bonn findet derzeit ein Symposium zum Thema Hochfeld-Kernspintomographie statt. Professor Christiane Kuhl von der Radiologischen Klinik des Uniklinikums Bonn erklärt im Gespräch mit Grit Kienzlen die Vorteile der Hochfeldtechnik.

    Kienzlen: Frau Professor Kuhl, was bringen die hohen Feldstärken in den Röhren?

    Kuhl: Grundsätzlich ist es so, dass die Feldstärke letztlich sozusagen die Währung ist, mit der man in der Kernspintomographie arbeitet. Je mehr Feldstärke, desto bessere Diagnosen, desto bessere Aufnahmen werden möglich. Grundsätzlich ist es so, dass ja bei der Kernspintomographie das sehr, sehr geringe Signal von den einzelnen Wasserstoffatomen im Körper empfangen wird, und darüber ein Bild berechnet wird. Je höher die Feldstärke, desto stärker ist das Signal, das von dem einzelnen Proton oder Wasserstoffatom kommt. Und je höher dieses Signal ist, desto geringer, eine desto geringere Anzahl von Protonen reicht aus, um eine Aufnahme durchführen zu können. Das bedeutet, dass wir mit höheren Feldstärken eine höhere räumliche Auflösung, also eine höhere Pixelzahl pro Aufnahme machen können.

    Kienzlen: Oder die Aufnahme geht schneller…

    Kuhl: Oder es geht schneller, genau. Und plötzlich kann man mit dem doppelten Signal, was im Vergleich zu den 1,5-Tesla-Magneten bei 3 Tesla vorhanden ist, etwa viermal schneller Daten akquirieren.

    Kienzlen: Bei den 1,5-Tesla-Geräten hatte man ja am Anfang schon Sorgen, dass die Gesundheitsschäden verursachen könnten. Wo ist man denn heute mit dem Wissen? Wie hoch geht es mit den Feldstärken?

    Kuhl: Bislang hat man sehr, sehr intensiv untersucht. Bislang ist es offenbar so, dass die Feldstärken von 1,5 Tesla ohne irgendwelche negativen Auswirkungen für den menschlichen, oder auch tierischen, es gibt auch Tiermagneten, Organismus sind. Das heißt, das, was an Nebenwirkungen vermutet wurde früher einmal, zum Beispiel dass eine verstärkte Erwärmung des Gewebes stattfinden könnte, oder ähnliches, und was an fruchtschädigenden Wirkungen auftreten könnte, das hat sich alles nicht bestätigt, die Kernspintomographie ist sicher eines der schonendsten und gleichzeitig eines der leistungsfähigsten Untersuchungsverfahren, die wir heute in der modernen Medizin überhaupt haben. Und es geht hoch heutzutage bis vier Tesla für die Untersuchung bei Menschen.

    Kienzlen: Warum ist vier Tesla die Obergrenze? Ist das ein technischer Wert oder wird es ab einer bestimmten Grenze doch gefährlich?

    Kuhl: Nein, das ist die Grenze, bis zu der Daten beim Menschen vorliegen. Und man ist heutzutage so vorsichtig, dass man erst einmal annimmt, dass etwas gesundheitsschädigend ist, bis das Gegenteil bewiesen ist. Und das ist für Feldstärken bis vier Tesla definitiv bewiesen. Wobei man bislang auch schon Daten sammelt, die bis sieben Tesla gehen. Also grundsätzliche Vorbehalte, glaube ich, braucht man da nicht zu hegen.

    Kienzlen: Gibt es Vorstellungen, wie weit es gehen könnte mit den Feldstärken eines Tages?

    Kuhl: Ja, wobei das aber, glaube ich, noch sehr, sehr weit weg ist vom klinischen Einsatz. Die Vorstellungen gehen hoch bis 11,7 Tesla, wenn es überhaupt jemals für die Patientenversorgung interessant wird.

    Kienzlen: Eröffnen denn diese stärkeren Magneten nicht nur qualitativ sondern auch komplett andere Diagnoseverfahren?

    Kuhl: Ja, grundsätzlich ist es so, dass man vorhandene Diagnosestrategien verbessern kann. Das ist sicherlich für die Patienten auch erst einmal ein ganz wesentlicher Gewinn. Wenn man zum Beispiel Brustkrebs früher finden kann und gutartige von bösartigen Tumoren unterscheiden kann. Oder wenn wir besser in der Lage sind, den Herzmuskel zu untersuchen, und die Kontraktilität, also die Funktion des Herzmuskels besser darzustellen. Zusätzlich ist es so, dass mit diesen höheren Feldstärken ganz neue Untersuchungsmöglichkeiten möglich sind, die bis dato nicht verfügbar waren. Dazu gehört beispielsweise die Untersuchung der Hirndurchblutung ganz ohne Kontrastmittelgabe, oder der noch empfindlichere Infarktnachweis im Hirngewebe. Das ist also etwas, was zum Teil verbessert, was schon da gewesen ist, und zum Teil ganz neue Möglichkeiten eröffnet.

    Kienzlen: Darüber werden Sie in Bonn auch sprechen?

    Kuhl: Richtig, dieser Tage wird das besprochen. Wir haben einen Kongress, auf dem Teilnehmer aus 16 Nationen zusammenkommen und über ihre Erfahrungen berichten, die Schwierigkeiten, die es sicherlich gibt beim Einsatz der Hochfeld-MRT, aber auch die besonderen Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie diskutieren.