Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Mit Ironie und voller Leidenschaft

Politik war und ist für die Band Madness in der Musik unwichtig. Das gilt auch für ihr zehntes Studioalbum "Oui Oui Si Si Ja Ja Da Da". Musikalisch ist die Platte eine Mischung aus 60er-Jahre-Pop, Rummelpaltz-Romantik, Ska und sentimentalen Melodien.

Von Kurt Gerland | 27.10.2012
    "Als wir in den späten 70er-Jahren mit Madness in London an den Start gingen, war alles sehr sippenmäßig: Es gab Skinheads, Rocker, Mods, Punks, Soulboys, New Romantics. Es gab wirklich jede Menge unterschiedlicher Styles. Und es war sehr genau definiert, was du zu tun und anzuziehen hattest, wenn du dazugehören wolltest. Wir hatten damals den Fuß bei den Skinheads in der Tür. Aber wir wussten damals schon, dass wir da irgendwie unser eigenes Ding am Start hatten."

    Die Zeit über die Madness Bassist Cathal Smyth alias Chas hier spricht, liegt mehr als 30 Jahre zurück. Dass Rechtsradikale ihre Musik hörten, haben sie nie verstanden, doch Politik war für sie immer unwichtig. Die gerade angesagten Trends ignorieren sie. Das gilt auch für die Songs ihres gerade erschienen zehnten Studioalbums, das den etwas sonderbaren Titel "Oui Oui Si Si Ja Ja Da Da" trägt.

    Musikalisch gibt es auf dem neuen Madness-Album wieder die für Madness so typische Mischung aus 60er-Jahre Pop, Rummelplatz-Romantik, Ska und sentimentalen Melodien zu hören.

    Textlich geht es um die immergrüne Geschichte Junge trifft Mädchen und was danach passiert: Dass diese Zeiten bei Madness schon etwas länger her sind,will Gründungsmitglied Songwriter und Keyboarder Mike Barson nicht akzeptieren.

    "Liebe ist ja keine Geschichte, die der Jugend Vorbehalten ist: Ich kenne viele alte Männer, die sind auch voller Leidenschaft. Uns zum Beispiel."

    "Oh ja, das kann ich euch versichern. Ich habe mich gerade wieder verliebt. Mit 51. Ich fühle mich jung und verhalte mich wie ein Teenager. Ich kann meine Emotionen nicht kontrollieren. Und das hat mich wirklich überrascht, weil ich dachte, dass ich mit diesen Dingen endgültig abgeschlossen hätte. Ich bin ein weiser Mann, habe alles unter Kontrolle und jede Menge Erfahrungen. Und dann werde ich verrückt, wenn sie nicht anruft."

    Zum Erfolgsgeheimnis von Madness zählt, dass sie sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Auch auf dem neuen Album "Oui Oui Si Si Ja Ja Da Da" gibt es viele ironische Momente. Musiker mit pathetischer Botschaft mögen die Sieben nicht. Wichtiger ist Ihnen, dass ihre Konzerte etwas von Familienausflügen haben. Madness-Musik soll für alle da sein. Auch wenn Chas mit den modernen Musikbeschaffungsmechanismen wie Download und Handyklingelton nicht viel anfangen kann.

    "Als ich jung war, war das Kaufen von Musik ein heiliges Ritual. Du musstest in einen Plattenladen gehen und auswählen, was du wolltest. Und es war sehr wichtig ,was deine Freunde dazu sagten. Es musste einfach cool rüberkommen, wenn du sagen konntest: Ich habe gerade dieses Album gekauft. Diese Art von Aufregung gibt es beim Downloaden nicht mehr."

    Das Jahr 2012 – für Madness war es ein erfolgreiches Jahr. Besonders ihren Auftritt bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele wird die Band nicht so schnell vergessen. Mit "Our House" traten sie dort mit ihrem großen Hit aus den 80er-Jahren auf.

    Und den spielten die Sieben auch, als sie anlässlich der Jubiläumsfeier der Queen aufs Dach des Buckingham Palastes stiegen. Zwar sind die Sympathien bei Madnees seitdem auf Seite der Queen, die - wie Mike Branson meint - das typisch Englische mehr vertritt als der englische Humor oder die BBC. Aber Madnees wären nicht Madness ohne selbstironischen Seitenhieb.

    "Unser Auftritt bedeutet, dass wir heute Teil des britischen Systems sind. Wir sind keine Rebellen mehr, sondern Teil des Systems. Angepasst an die Organismen des britischen Systems. Wenn dich das System akzeptiert, akzeptieren dich auch die da oben. Es ist schon irgendwie surreal aber für eine Gruppe Leute, die seit Jahren in einer Band spielt, bedeutet das mehr verkaufte Eintrittskarten."