Mainzer Altstadt – ein Ladenlokal in der Rochusstraße dient als Landesgeschäftsstelle der Linkspartei. Im kleinen Flur ein Regal mit Infobroschüren, gleich dahinter ein Versammlungsraum mit Platz für gut 30 Personen. An einem Tisch trinken zwei Mitarbeiter ihren Frühstückskaffee. Alte Schränke übersät mit PDS-Aufklebern trennen im Raum eine Schreibtischecke ab, in der Harald Jürgensonn arbeitet.
Jürgensonn ist Sprecher des rheinland-pfälzischen Landesverbandes der Linkspartei. Eigentlich sollte man jetzt – sieben Monate vor der Landtagswahl – über Inhalte sprechen, etwa darüber, wann die letzten US-Atomraketen aus der Eifel verschwinden könnten. Oder, wie aus Rheinland-Pfalz eine gentechnikfreie Landwirtschaftszone werden soll. Weil er aber selbst mal Journalist bei der Bildzeitung war, sagt Jürgensonn, wisse er ja, wie die Medien funktionieren. Dass sie mehr an internem Zwist interessiert seien als an Programmen. Den Streit um die Kandidatenliste für die Landtagswahl, der immerhin zum Rücktritt eines der beiden Landesvorsitzenden führte und den -verband bis heute spaltet, hält Jürgensonn für aufgebauscht:
"Das ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang gewesen. Es gab die Landesvertreterversammlung, wo die Liste aufgestellt wurde für die Landtagskandidaten. Jeder hat natürlich die Vorstellung, dass er oder Leute, die ihm nahestehen, dass die auf die Liste kommen. Das ist natürlich nicht in allen Fällen machbar und es gab natürlich Gegrummel, wie immer bei allen Parteien nach der Aufstellung einer solchen Liste, aber ich denke, dass dieses Gegrummel mittlerweile nachlässt."
Die Linken sorgen jedoch selbst dafür, dass ihre Konflikte öffentlich werden. In dieser Woche wurde publik, dass ihre Landesschiedskommission zwei Anträge auf Parteiausschluss gegen den ehemaligen Landesvorsitzenden Alexander Ulrich für zulässig erklärt hat. Ulrich war im Frühsommer zurückgetreten, weil er die Kandidatenliste ungeeignet und seine Partei gegenüber der wieder erstarkten Beck-SPD für nicht mehr konkurrenzfähig hält. Parteisprecher Harald Jürgensonn versucht, die Wogen zu glätten:
"Seine Stellungnahme direkt im Anschluss an den Rücktritt hat mich überrascht, sie ist in Teilen auch zurückgenommen worden. Ich glaube mal, dass bei dieser Landesvertreterversammlung die Emotionen auch eine große Rolle gespielt haben, aber ich denke mal, dass das aber überwunden ist."
Ortswechsel. Die Parteibasis in Pirmasens. Bürgersprechstunde und politischer Stammtisch in der Kneipe "Grüne Laterne" in der Blocksbergstraße. Fünf Männer – keine Frau - sitzen beisammen. Die Stimmung ist gedrückt.
Pirmasens steht im Mittelpunkt des Streites in der Landespartei.
Der Kreisverband hatte sich im Frühsommer spontan hinter den zurückgetretenen Ulrich gestellt. Man forderte eine Neuaufstellung der Landesliste. Der linke Kreisvorsitzende Frank Eschrich, ein enger Vertrauter Ulrichs, fiel bei der Wahl zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl knapp durch. Eschrich macht dafür eine aus seiner Sicht unfaire innerparteiliche Kampagne gegen ihn verantwortlich. Über ihn sei behauptet worden, er habe in Pirmasens der Privatisierung von Wohnungen einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zugestimmt. Falsch, sagt Frank Eschrich. Als er sich für einen bestimmten Käufer ausgesprochen habe, sei der Privatisierungsbeschluss bereits längst getroffen gewesen.
"Daraus wurde dann gemacht im Landesverband, dass ich der Privatisierung öffentlichen Eigentums zugestimmt habe. Das stimmt nachweislich nicht, denn die Entscheidung über den Verkauf der Wohnungen wurde bereits im Jahr 2008 von den städtischen Gremien, vom Aufsichtsrat der Bauhilfe, getroffen. Insofern ging es nur noch um die Auswahl eines Käufers."
Seitdem herrscht unter den Parteifreunden in Pirmasens dicke Luft. Stadtrat Fritz Wirth griff Eschrich öffentlich an; Wirths Kritik wiederum verhagelte Eschrich die Wahl zum Spitzenkandidaten. Und Wirth fühlt sich nun behandelt wie das sprichwörtliche schwarze Schaf.
"Natürlich fühle ich mich nun unglücklich und bin enttäuscht, sehr enttäuscht, dass so etwas passiert. Wo ich doch glaube, dass ich mich eigentlich für die Linke sehr gut eingesetzt habe und nicht gegen die Prinzipien der Linken verstoßen habe, indem ich gesagt habe: Die Bauhilfe-Wohnungen sollte man eigentlich nicht so widerstandslos verkaufen."
Konflikte wie diesen gibt es in der rheinland-pfälzischen Linken derzeit vielerorts. In Kreisverbänden hängt der Haussegen ebenso schief wie im Landesvorstand. Deshalb hat man einen Schlichter aus dem benachbarten Saarland zur Hilfe gerufen. Heinz Bierbaum ist stellvertretender Bundesvorsitzender, ein enger Vertrauter von Oskar Lafontaine. Er vermittelt seit Wochen zwischen den zerstrittenen Parteiflügeln im Nachbarbundesland. Er wird am Sonntag in Mainz das Friedenstreffen der rheinland-pfälzischen Kreisvorsitzenden moderieren – allerdings ist Heinz Birnbaum ziemlich pessimistisch.
"Es ist eher so, dass wir eine Verhärtung der Fronten haben. Dazu hat wesentlich beigetragen, dass beide Seiten ihre jeweiligen Stellungnahmen auch immer gleich öffentlich machen, anstatt intern zu diskutieren. Es wird wenig das Gespräch, es wird mehr die Konfrontation gesucht."
Ende offen. Sieben Monate sind es noch bis zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Gelingt der Kompromiss zwischen den tief zerstrittenen Parteiflügeln nicht, könnte das eintreten, was Kurt Beck vor wenigen Tagen den Linken spöttisch zugerufen hat: "Fröhliche Selbstzerfleischung".
Jürgensonn ist Sprecher des rheinland-pfälzischen Landesverbandes der Linkspartei. Eigentlich sollte man jetzt – sieben Monate vor der Landtagswahl – über Inhalte sprechen, etwa darüber, wann die letzten US-Atomraketen aus der Eifel verschwinden könnten. Oder, wie aus Rheinland-Pfalz eine gentechnikfreie Landwirtschaftszone werden soll. Weil er aber selbst mal Journalist bei der Bildzeitung war, sagt Jürgensonn, wisse er ja, wie die Medien funktionieren. Dass sie mehr an internem Zwist interessiert seien als an Programmen. Den Streit um die Kandidatenliste für die Landtagswahl, der immerhin zum Rücktritt eines der beiden Landesvorsitzenden führte und den -verband bis heute spaltet, hält Jürgensonn für aufgebauscht:
"Das ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang gewesen. Es gab die Landesvertreterversammlung, wo die Liste aufgestellt wurde für die Landtagskandidaten. Jeder hat natürlich die Vorstellung, dass er oder Leute, die ihm nahestehen, dass die auf die Liste kommen. Das ist natürlich nicht in allen Fällen machbar und es gab natürlich Gegrummel, wie immer bei allen Parteien nach der Aufstellung einer solchen Liste, aber ich denke, dass dieses Gegrummel mittlerweile nachlässt."
Die Linken sorgen jedoch selbst dafür, dass ihre Konflikte öffentlich werden. In dieser Woche wurde publik, dass ihre Landesschiedskommission zwei Anträge auf Parteiausschluss gegen den ehemaligen Landesvorsitzenden Alexander Ulrich für zulässig erklärt hat. Ulrich war im Frühsommer zurückgetreten, weil er die Kandidatenliste ungeeignet und seine Partei gegenüber der wieder erstarkten Beck-SPD für nicht mehr konkurrenzfähig hält. Parteisprecher Harald Jürgensonn versucht, die Wogen zu glätten:
"Seine Stellungnahme direkt im Anschluss an den Rücktritt hat mich überrascht, sie ist in Teilen auch zurückgenommen worden. Ich glaube mal, dass bei dieser Landesvertreterversammlung die Emotionen auch eine große Rolle gespielt haben, aber ich denke mal, dass das aber überwunden ist."
Ortswechsel. Die Parteibasis in Pirmasens. Bürgersprechstunde und politischer Stammtisch in der Kneipe "Grüne Laterne" in der Blocksbergstraße. Fünf Männer – keine Frau - sitzen beisammen. Die Stimmung ist gedrückt.
Pirmasens steht im Mittelpunkt des Streites in der Landespartei.
Der Kreisverband hatte sich im Frühsommer spontan hinter den zurückgetretenen Ulrich gestellt. Man forderte eine Neuaufstellung der Landesliste. Der linke Kreisvorsitzende Frank Eschrich, ein enger Vertrauter Ulrichs, fiel bei der Wahl zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl knapp durch. Eschrich macht dafür eine aus seiner Sicht unfaire innerparteiliche Kampagne gegen ihn verantwortlich. Über ihn sei behauptet worden, er habe in Pirmasens der Privatisierung von Wohnungen einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zugestimmt. Falsch, sagt Frank Eschrich. Als er sich für einen bestimmten Käufer ausgesprochen habe, sei der Privatisierungsbeschluss bereits längst getroffen gewesen.
"Daraus wurde dann gemacht im Landesverband, dass ich der Privatisierung öffentlichen Eigentums zugestimmt habe. Das stimmt nachweislich nicht, denn die Entscheidung über den Verkauf der Wohnungen wurde bereits im Jahr 2008 von den städtischen Gremien, vom Aufsichtsrat der Bauhilfe, getroffen. Insofern ging es nur noch um die Auswahl eines Käufers."
Seitdem herrscht unter den Parteifreunden in Pirmasens dicke Luft. Stadtrat Fritz Wirth griff Eschrich öffentlich an; Wirths Kritik wiederum verhagelte Eschrich die Wahl zum Spitzenkandidaten. Und Wirth fühlt sich nun behandelt wie das sprichwörtliche schwarze Schaf.
"Natürlich fühle ich mich nun unglücklich und bin enttäuscht, sehr enttäuscht, dass so etwas passiert. Wo ich doch glaube, dass ich mich eigentlich für die Linke sehr gut eingesetzt habe und nicht gegen die Prinzipien der Linken verstoßen habe, indem ich gesagt habe: Die Bauhilfe-Wohnungen sollte man eigentlich nicht so widerstandslos verkaufen."
Konflikte wie diesen gibt es in der rheinland-pfälzischen Linken derzeit vielerorts. In Kreisverbänden hängt der Haussegen ebenso schief wie im Landesvorstand. Deshalb hat man einen Schlichter aus dem benachbarten Saarland zur Hilfe gerufen. Heinz Bierbaum ist stellvertretender Bundesvorsitzender, ein enger Vertrauter von Oskar Lafontaine. Er vermittelt seit Wochen zwischen den zerstrittenen Parteiflügeln im Nachbarbundesland. Er wird am Sonntag in Mainz das Friedenstreffen der rheinland-pfälzischen Kreisvorsitzenden moderieren – allerdings ist Heinz Birnbaum ziemlich pessimistisch.
"Es ist eher so, dass wir eine Verhärtung der Fronten haben. Dazu hat wesentlich beigetragen, dass beide Seiten ihre jeweiligen Stellungnahmen auch immer gleich öffentlich machen, anstatt intern zu diskutieren. Es wird wenig das Gespräch, es wird mehr die Konfrontation gesucht."
Ende offen. Sieben Monate sind es noch bis zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Gelingt der Kompromiss zwischen den tief zerstrittenen Parteiflügeln nicht, könnte das eintreten, was Kurt Beck vor wenigen Tagen den Linken spöttisch zugerufen hat: "Fröhliche Selbstzerfleischung".