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Mit Linux an die Spitze

Der Computer-Hersteller Dell bewegt sich derzeit in rauem Klima. Jetzt übernimmt Firmengründer Michael Dell wieder das Ruder und will den Konzern zurück an die Spitze bringen. Helfen soll dabei auch das freie Betriebssystem Linux, dass auf Dell-Rechnern installiert werden soll.

Von Achim Killer |
    Dell versucht gerade, sich neu zu erfinden. Gute Gründe dafür gibt's genug. Der Umsatz sinkt. Und der alte Rivale Hewlett-Packard hat den Ex-Weltmarktführer bei den Verkaufszahlen für PCs überrundet. Dell 2.0 nennt der Konzern stilgerecht seine Neuausrichtung. Francois Argouges, einer der Europa-Chefs von Dells Service-Sparte, erläutert, was es damit auf sich hat:

    "Dell 2.0 ist von Michael Dell entwickelt worden. Es ist der Markennahme für die neue Strategie, die wir verfolgen. Die zielt auf den Markt für Unternehmens-IT und darauf, unser Unternehmen im Lösungs- und Dienstleistungsgeschäft weiterzuentwickeln."

    Dass IT-Firmen, die in Schwierigkeiten geraten sind, ihr Dienstleistungsgeschäft ausbauen wollen, ist nichts Ungewöhnliches. Dell allerdings dürfte dies besonders schwer fallen. Der Konzern gilt bislang nicht gerade als ausgewiesener Dienstleister. Seine Stärke lag bisher vielmehr darin, für Unternehmen PCs und Server genau nach ihren Wünschen zusammenzuschrauben und das kostengünstiger zu erledigen als die Konkurrenz. Auf diesem Gebiet war die Firma lange Zeit unschlagbar und ein Vorbild für andere Unternehmen, für die Kosteneffizienz oberste Maxime ist. "To be the Dellest", lautete oft die Parole. Zu der Unternehmensstrategie von Dell gehört es, Lieferanten und Kunden stark in den Produktionsprozess einzubinden. Die Hersteller von PC-Komponenten liefern just-in-time, halten Bauteile nach den Vorgaben ihres Auftraggebers vor, sind also weitgehend fremdbestimmt – von der Dell-Zentrale. Die Kunden wiederum entscheiden, welche Rechner gebaut werden sollen. Sie kaufen sie nicht im Laden, sondern ordern sie direkt beim Hersteller, der sie erst nach Eingang des Auftrags, entsprechend der Vorgaben der Kunden, zusammenschraubt. Dieser Direktvertrieb ist ein wesentlicher Bestandteil von Dells Geschäftsprinzip. In den USA verkauft aber seit ein paar Tagen auch die Handelkette Wal-Mart Dell-PCs. Und in Kürze wird es Ähnliches wohl auch in Europa geben. Francois Argouges wiegelt ab:

    "Dass wir den Vertrieb über den Einzelhandel nutzen, wo das Sinn ergibt, bedeutet nicht, dass wir unsere Strategie ändern würden. Der direkte Kontakt zum Kunden bleibt sehr wichtig. Und wir geben viel Geld dafür aus, ihn zu pflegen."

    Die Aufsehenerregendste Neuerung aber ist, dass Dell seit kurzem PCs mit vorinstalliertem Ubuntu-Linux anbietet. Auch dies sei Teil der 2.0-Strategie, sagt Liam Quinn. Er blickt für den Konzern in die Zukunft der Informationstechnologie. "Senior Technology Evangelist" nennt sich so jemand:

    "Das Linux-Angebot geht auf Kundenwünsche zurück, die geäußert wurden, als wir unsere Umfrage zu Dell 2.0 machten. Da wurde der Bedarf für Arbeitsplatz-Rechnern unter Linux deutlich."

    Das Unternehmen wird wohl auch nicht dem Vorbild von Apple folgen und vom Computer-Bauer zu einem Lifestile-Konzern mutieren. Der Markt für Geräte für Privat-Anwender boomt zwar derzeit. Aber Dell ist im Unterschied zu Apple darin wenig präsent. Liam Quinn jedoch ist überzeugt davon, dass der Boom auch auf die Nachfrage nach grauen Kisten durchschlagen wird.

    "Handys, Notebooks und andere intelligente Handheld-Geräte sind auch nur Knotenrechner im World Wide Web. Und was immer Sie auch damit tun, ob Sie ein Foto verschicken, ins Web gehen, einen Video-Clip herunterladen oder Musik, das alles wird letztendlich von einem Server abgearbeitet."

    Insofern ist Dell 2.0 als Bezeichnung für die schlagzeilenträchtige Neuausrichtung des Konzerns, die 8.000 Menschen ihren Job kosten wird, inhaltlich vielleicht etwas hoch gegriffen. Dell 1.1 tät's wahrscheinlich auch.