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Mit Luft und Licht

Technik.- Was Wüstenpflanzen schon lange für sich nutzen, wollen Forscher jetzt auch für Menschen zugänglich machen: Die Feuchtigkeit der Luft. In Wüstengebieten, solchen aus Beton wie aus Sand, könnte sie eine Quelle für trinkbares Wasser sein - wenn man weiß, wie man sie richtig anzapft.

Von Miriam Ruhenstroth | 03.09.2009
    Eine Anlage, die mitten in der Wüste Trinkwasser erzeugt und dafür nichts anderes braucht als Luft und Sonne - das klingt wie ein Traum. In der Versuchshalle des Fraunhofer Institutes für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart soll er schon diesen Herbst konkrete Formen annehmen.

    "Das wird so ein vierzig Fuß Container sein, wenn er dann in Betriebsstellung ist, vertikal, hat der so etwa 2,20 Meter mal 2,40 Meter Grundfläche und dann eben 12,5 Meter Höhe."

    Siegfried Egner, Leiter des Projektes über den geplanten Prototyp der Anlage. Sie soll Wasser aus Luftfeuchtigkeit gewinnen und ausschließlich mit Solarenergie betrieben werden. Wie das funktionieren soll? Mit hygroskopischem Salz und einem etwa zwölf Meter hohen Turm. Egner:

    "Zunächst einmal haben Sie eine, eine Salzlösung, die pumpen Sie in konzentrierter Form nach oben. Von da rieselt sie herunter."

    Während die Lösung an dem Turm herunter fließt, nimmt sie Feuchtigkeit auf. Etwa das Eineinhalbfache ihres Gewichtes an Wasser entzieht sie der Luft, bis sie unten angekommen ist. Anschließend wird die Lösung in eine Kammer auf der Turmspitze gepumpt. Die aufgenommene Feuchtigkeit wird dort durch Verdampfen vom Salz getrennt. Dieser Prozess findet im Vakuum statt. Denn dann verdampft Wasser schon bei niedrigeren Temperaturen – ein Effekt, den man auch aus dem Gebirge kennt.

    "Der Pfiff war, das das Vakuum nicht durch eine Vakuumpumpe erzeugt wird, sondern durch das Kondensat, das in einer sogenannten fallenden Wassersäule abgeleitet wird und damit kontinuierlich das Vakuum nacherzeugt."

    Das gewonnene Trinkwasser fließt durch ein Rohr nach unten, und erzeugt dadurch einen Unterdruck. So wird das Vakuum in der Verdunstungskammer aufrecht erhalten - ohne zusätzliche Pumpe. Die Salzlösung ist nach dem Abtrennen des Trinkwassers regeneriert und fließt erneut hinunter, um wieder Feuchtigkeit auf zu nehmen. Der Energieverbrauch der ganzen Anlage ist so gering, dass eine Solaranlage für die Versorgung ausreicht. Die Einzelkomponenten der Anlage haben die Forscher zusammen mit der Partnerfirma Logos in der Wüste Negev, in Israel, schon getestet. Egner:

    "Also wir sind auch oft gefragt worden, ja nehmen Sie dann jemand anders die Luftfeuchte weg, der dann nur noch ganz trockene Luft hat - das ist also so marginal bezogen auf die Atmosphäre, das ist nicht zu quantifizieren, so wenig."

    Allerdings ist die Wüste Negev mit einem Jahresdurchschnitt von vierundsechzig Prozent Luftfeuchtigkeit nicht gerade besonders trocken. Zum Vergleich: In Berlin herrschen im Sommer durchschnittlich nur sechzig Prozent Luftfeuchtigkeit. Davon lässt sich Egner aber nicht aus der Ruhe bringen.

    "Letztendlich ist die auch gar nicht so niedrig die Luftfeuchte in vielen Wüstengebieten, denn irgendwo muss das Wasser ja sein. Wenn's nicht am Boden ist, ist es auf Grund der Luftfeuchte eben in der Luft und kondensiert nachts zurück."

    Dennoch: Für richtig trockene Gegenden wie die Namib oder die Wüste Gobi ist das Verfahren im Augenblick wohl noch nicht geeignet. Ohnehin haben die Forscher neben den feuchten, küstennahen Wüsten im Nahen Osten noch eine ganz andere Art von Wüste im Auge. Egner:

    "Eine sehr interessante Applikation wird sein in Südostasien. Und zwar in Wüsten, die keine naturariden Wüsten sind, sondern menschengemachte Wüsten, nämlich Betonwüsten. Und wenn sie sehen, dass in Städten wie Jakarta oder Kuala Lumpur Wasser mit dem Tankwagen in die Städte gefahren werden muss, in die Hotels, Trinkwasser, sie aber auf der anderen Seite phantastische Luftfeuchten haben, plus eine entsprechende, auch eine Sonneneinstrahlung, dann ist das schon eine Sache, an der wir arbeiten."

    Um mit diesem Verfahren eines Tages den Tanklaster zu ersetzen, müssen die Ölpreise aber noch kräftig steigen. Denn die Kosten für eine mittelgroße Anlage liegen voraussichtlich im sechsstelligen Bereich. Bis dahin hofft man noch auf finanzstarke Investoren - zum Beispiel aus Saudi-Arabien.