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Mit Maren Kroymann durch die 60er-Jahre

Mit Fernsehserien wie "Oh Gott, Herr Pfarrer" oder "Vera Wesskamp" wurde sie zum Star. Jetzt hatte die Schauspielerin und Sängerin mit ihrem neuen Bühnenprogramm "In My Sixties" in Berlin Premiere, in dem sie sich tief durch die Hitparaden der 60er-Jahre gräbt.

Von Oliver Kranz | 26.09.2011
    Ihr Alter sieht man Maren Kroymann nicht an. Sie ist schlank und groß, ein atemberaubendes rotes Seidenkleid umspielt ihren Körper. Aus ihrem Geburtsdatum macht sie trotzdem kein Geheimnis. Sie spielt im Titel ihres Programms sogar darauf an:

    "Irgendwann fiel mir auf, dass ich über 60 bin, und dass das eine gute Zeitspanne ist, an Erinnerungsweite sozusagen für die 60er-Jahre. Weil ich habe ja vor zwei Jahren diese Serie "Klimawechsel" gemacht. Da ging es immer um Klimakterium. Das ist ja sozusagen das Gegenteil von Pubertät. Als ich dann in den Talkshows war und die ganze Zeit mich mit dem Thema befasst habe, dachte ich: Jetzt ist es endlich an der Zeit, wieder über die Pubertät nachzudenken, weil im Grunde hat man da ganz tolle Energien gehabt. Man war offen, man war neugierig, hat sich Dinge zugetraut. Man musste ja irgendwie durch. Das sind alles Dinge, die ich gut finde, auch für mein Alter jetzt."

    Maren Kroymann trägt hochhackige Schuhe, steht aber trotzdem fest auf dem Boden. Sie wirkt kraftvoll und zugleich elegant. Ihr ganzes Wesen sprüht vor Energie. Dabei sind – wie sie selbst sagt – auch an ihr die Jahre nicht spurlos vorübergegangen.

    "Das hat auch eine befreite Seite, weil der Druck, sich als Sexobjekt immer zu präsentieren, weniger wird. Ich reklamiere natürlich das Recht auf Sexualität, aber ich kann sie anders leben."

    Ein Blatt hat Maren Kroymann noch nie vor Mund genommen – auch nicht in Sachen Sexualität. Als sie sich 1993 offen zu ihrer lesbischen Orientierung bekannte, machte sie Schlagzeilen. Im Fernsehen bekam sie danach kaum noch Rollen angeboten.

    "Man sagt ja nie etwas direkt in der Branche. Man sagt nicht: Hättest du doch das mit der Lesbe sein lassen. Die sagen: Die haben Angst vor ihnen oder die Regisseure wollen dann lieber eine handhabbare, einschätzbare Frau."

    Was indirekt ein Segen war, weil Maren Kroymann danach ganz in Richtung Satire ging. Als "Nachtschwester Kroymann" wurde sie zur witzigsten Feministin Deutschlands. Doch das ist auch schon zehn Jahre her. Heute zeigt sie sich wieder von ihrer weiblichen Seite.

    In ihrem neuen Programm singt Maren Kroymann viele Songs von Dusty Springfield – die Musik, die sie als Teenager hörte. Die Sängerin war für Maren Kroymann damals einfach eine starke Frau. Heute blickt sie tiefer.

    "Ich sehe zum Beispiel bei Dusty Springfield, dass die immer überschminkt war, dass die wahnsinnig oft ihr Styling gewechselt hat – nicht mit gutem Geschmack. Daran sehe ich, dass es eine ganz unsichere Person war, die sich immer verkleiden musste, und die sich wie eine Rüstung angezogen hat: die dicke Schminke, die dicken Wimpern, das big hair. Auch die Kleider waren nicht locker, sondern das war, als ob sie etwas bei sich behalten hat, was sie gar nicht zeigen will. Also das war eine große Verletzlichkeit, Unsicherheit. Das ist nur sehr vermittelt politisch, aber damit kann ich mich identifizieren."

    ""Wenn man nur nach dem Politischen geht und sagt, ich singe nur Lieder, die meine politische Meinung vertreten, das wäre ja strunzlangweilig. Aber was war die Stärke an so einem Lied, wo man denkt: Das ist im Text maximal halb emanzipiert, und trotzdem hat die eine Stärke ausgestrahlt durch die Art, wie sie das gesungen hat. Das finde ich das Faszinierende an Dusty Springfield."

    Außerdem singt Maren Kroymann viele Männerlieder – von den Walker Brothers, Dean Martin und die Rolling Stones.

    Für diesen Song wird Maren Kroymann extra ihr Kostüm wechseln. Was sie tragen wird, verrät sie noch nicht. Es soll keine Mick-Jagger Parodie werden. Und auch musikalisch wird es in dem Programm einige Überraschungen geben. Maren Kroymann gräbt sich tief durch die Hitparaden der sechziger Jahre und fördert neben echten Edelsteinen auch viel Geröll zutage. Aber auch das lässt sich – wenn sie es singt – wunderbar aufpolieren.