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Mit Pünktlichkeit und Service zum europäischen Vorbild

Rund eine Million Passagiere fahren täglich in der Schweiz mit der Bahn. Der Zug gilt unter den Eidgenossen als sicher und vorbildlich bei Pünktlichkeit und Effizienz. Ein Chaos wie derzeit in Deutschland scheint nicht vorstellbar.

Von Hans-Jürgen Maurus |
    Rund eine Million Passagiere befördert die Schweizer Bahn täglich, sie beschäftigt rund 30.000 Mitarbeiter, betreibt 8000 Personen und 2000 Güterzüge und gilt als sicher und vorbildlich bei Pünktlichkeit und Effizienz. Natürlich gibt es auch Probleme, wie das Zugunglück im vergangenen Monat im Kanton Waad beweist, als beim Frontalzusammenstoß zweier Züge ein Lokführer ums Leben kam und 40 Personen verletzt wurden. Doch Unfälle sind selten.

    Dagegen hat die sprichwörtliche Pünktlichkeit etwas nachgelassen, immerhin sind 88 Prozent der Zugverbindungen pünktlich. Die Schweizer Bahn ist wie in Deutschland immer auch ein nationales Thema, jeder kann mitreden und tut es auch. Das Bahnchaos in Mainz hat auch in der Schweiz für Schlagzeilen und Überraschung gesorgt. Ex-SBB Aufsichtsratschef Thierry Lalive d´Epiney, der sich Mainzer Zustände in der Schweiz gar nicht vorstellen kann, spricht von einem Gau:

    "Also das überrascht mich auch, weil die DB für mich für mich auch eine qualitativ hochstehende Bahn ist. Ich kann mir aber eine solche Situation in der Schweiz überhaupt nicht vorstellen. Das ist wirklich ein Gau."

    Und wieso sind Mainzer Zustände in der Schweiz nicht vorstellbar?

    "Ich denke, man hat in der Schweiz natürlich schon versucht, die Kosten im Griff zu haben, aber man geht sicher nicht so weit, dass man die vitalen Funktionen gefährdet. Und dann würde ich sagen, in der Schweiz, würden Kranke, also mit Fieber würden sie noch arbeiten können, weil sie identifizieren sich so mit der Qualität der Bahn, dass sie die Mitarbeitenden einfach auch helfen würden, die Situation zu lösen."

    Letzteres kann man als Ohrfeige für deutsche Gewerkschaftsfunktionäre bezeichnen, die es als Zumutung oder gar Unverschämtheit betrachten, Mitarbeiter im Notfall aus dem Urlaub zu holen. Verwunderung auch bei der SBB, denn einen Fall Mainz hatte man in der Schweiz noch nie, betont SBB Sprecher Reto Schärli:

    "Etwas in dieser Art haben wir bei der SBB noch nicht erlebt. Natürlich ist es bei uns auch nicht immer einfach, genügend Personal zu finden grundsätzlich. Weil der Beruf bringt, gerade für junge Menschen, viele Nachteile mit sich. Wer nicht unregelmäßige Arbeitszeiten gerne hat, der ist damit nicht so gut bedient. Deshalb ist es eine große Herausforderung immer genügend Personal zu haben, aber es ist uns bisher immer gelungen, genügend Personal auch rekrutieren zu können."

    Denn in Zürich setzt man auf präzise Personalplanung:

    "Wir schauen, dass möglichst keine Lücken entstehen und schauen auch lange voraus, wenn größere Projekte anstehen, wo wir wissen, da haben wir einen Bedarf oder wenn wir sehen aufgrund der Altersstruktur, dass in einem Jahr viele Leute pensioniert werden, die halt eben in dieses Alter kommen. Dann schauen wir, dass diese Lücken möglichst frühzeitig gefüllt werden."

    In der Schweiz ist man der Deutschen Bahn auch technisch voraus. Die Steuerung des Zugverkehrs wurde bisher wie in deutschen Landen dezentral aus über einhundert regionalen Standorten organisiert, wird jetzt aber bis 2016 sukzessiv in vier Betriebszentralen gebündelt, so Reto Schärli:

    "Dann wird der gesamte Bahnverkehr der SBB von vier Betriebszentralen aus gesteuert und das ist auch viel effizienter, als wenn an jedem Bahnhof jemand sitzen würde. Den Mehrverkehr, den wir erwarten durch die Bahnausbauten in den nächsten Jahren, den können wir nur so bewältigen, indem wir uns auch effizienter organisieren."

    Möglich wird die Zentralisierung durch moderne Leittechnik. In den vier Betriebszentralen erfolgt die Zusammenführung von Disposition, Operation und Kundeninformation der Reisenden mit dem Ziel, die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung im Störungsfall zu optimieren.