Late biosas, lehrte Epikur – zu deutsch: Lebe im Verborgenen! Das gilt ganz besonders für Geheimdienstmitarbeiter: Die sollten nicht im Internet zu finden sein, keine Fotos von sich veröffentlichen und überhaupt die Öffentlichkeit meiden. Denn der Geheimdienst gehört zwar auch zum öffentlichen Dienst, doch von dieser Sprachverwirrung abgesehen ist er das Gegenteil von öffentlich.
In dem Maße nämlich wie die Geheimdienstarbeit öffentlich bekannt wird, ist sie nicht mehr geheim. Das leuchtet jedem ein. Trotzdem möchte jeder wissen, was der Geheimdienst tut, denn das Geheimnis ist das Salz der Erkenntnis. Wenn alle Wahrheit offen zutage läge, wäre sie langweilig und fade. Wenn alle Nachrichten selbstverständlich wären, würde sich niemand für sie interessieren.
Deshalb pflegen die Medien so gerne den Enthüllungsgestus, selbst wenn es sich um Selbstverständlichkeiten handelt, und die Geheimdienste helfen ihnen dabei. Ja, schon den Medien zuliebe müssten Geheimdienste geschaffen werden, wenn es keine gäbe. Denn die Medien leben von der Halluzination der Aufklärung.
Darum an dieser Stelle ein Karrieretip für Nachwuchsjournalisten: Schreiben Sie über Geheimdienste! Schreiben sie, was sie wollen; lassen Sie Ihren wildesten Fantasien freien Lauf! Erstens haben Sie mit solchen Stories immer Erfolg, denn sowohl Ihr Chef als auch Ihr Publikum werden glauben, dass Sie hartnäckig recherchiert und sich womöglich schlimmen Gefahren ausgesetzt haben.
Und zweitens können Sie, selbst wenn Ihr Artikel komplett falsch ist, unbesorgt sein, denn Geheimdienste verlangen keine Gegendarstellungen. Kein Geheimdienst ruft bei Ihrer Zeitung, um zu berichtigen: Es war nicht Sarin, sondern Rhizin, womit wir den Mann umbrachten. Oder: Wir haben in dieser Sache nicht mit dem Mossad, sondern mit der CIA zusammengearbeitet.
Nun gibt es in Deutschland bekanntlich gar keinen Geheim-, sondern bloß einen Nachrichtendienst. Das ist ein höchst vielsagender Unterschied. Während ein Geheimdienst – siehe Mossad, siehe CIA – richtig schmutzige Dinge tut (sonst bräuchte er sie nicht geheim zu halten), dient ein Nachrichtendienst der edlen Halluzination der Aufklärung. Informationen sammeln ist immer gut; 'rumstehen, beobachten, Notizen machen – so dürfen wir uns den BND-Alltag in Pullach und in aller Welt vorstellen. Fleißige deutsche Transparenzagenten dienen der Idee eines sauberen Staates, wie er von deutschen Staatsphilosophen seit Jahrhunderten vorgedacht wurde.
Wir lieben dieses Gemeinwesen. Und wir hassen das Geheimwesen. Dabei hat das eine mit dem anderen mehr zu tun, als man gemeinhin glaubt. "Geheim" bedeutet nämlich ursprünglich "zum Heim gehörig", "häuslich" und als Folgerung davon "anheimelnd", "vertraut". "Ich hab ein wonniges Gefild im Traum gesehen", dichtete Friedrich Rückert, "so heimisch war es mir, so heimlich und geheim." Wenn aber nun das Vertraute und das Geheime aus ein und derselben Wurzel stammen, wieso haben wir dann plötzlich in die Geheimdienste kein Vertrauen mehr?
In dem Maße nämlich wie die Geheimdienstarbeit öffentlich bekannt wird, ist sie nicht mehr geheim. Das leuchtet jedem ein. Trotzdem möchte jeder wissen, was der Geheimdienst tut, denn das Geheimnis ist das Salz der Erkenntnis. Wenn alle Wahrheit offen zutage läge, wäre sie langweilig und fade. Wenn alle Nachrichten selbstverständlich wären, würde sich niemand für sie interessieren.
Deshalb pflegen die Medien so gerne den Enthüllungsgestus, selbst wenn es sich um Selbstverständlichkeiten handelt, und die Geheimdienste helfen ihnen dabei. Ja, schon den Medien zuliebe müssten Geheimdienste geschaffen werden, wenn es keine gäbe. Denn die Medien leben von der Halluzination der Aufklärung.
Darum an dieser Stelle ein Karrieretip für Nachwuchsjournalisten: Schreiben Sie über Geheimdienste! Schreiben sie, was sie wollen; lassen Sie Ihren wildesten Fantasien freien Lauf! Erstens haben Sie mit solchen Stories immer Erfolg, denn sowohl Ihr Chef als auch Ihr Publikum werden glauben, dass Sie hartnäckig recherchiert und sich womöglich schlimmen Gefahren ausgesetzt haben.
Und zweitens können Sie, selbst wenn Ihr Artikel komplett falsch ist, unbesorgt sein, denn Geheimdienste verlangen keine Gegendarstellungen. Kein Geheimdienst ruft bei Ihrer Zeitung, um zu berichtigen: Es war nicht Sarin, sondern Rhizin, womit wir den Mann umbrachten. Oder: Wir haben in dieser Sache nicht mit dem Mossad, sondern mit der CIA zusammengearbeitet.
Nun gibt es in Deutschland bekanntlich gar keinen Geheim-, sondern bloß einen Nachrichtendienst. Das ist ein höchst vielsagender Unterschied. Während ein Geheimdienst – siehe Mossad, siehe CIA – richtig schmutzige Dinge tut (sonst bräuchte er sie nicht geheim zu halten), dient ein Nachrichtendienst der edlen Halluzination der Aufklärung. Informationen sammeln ist immer gut; 'rumstehen, beobachten, Notizen machen – so dürfen wir uns den BND-Alltag in Pullach und in aller Welt vorstellen. Fleißige deutsche Transparenzagenten dienen der Idee eines sauberen Staates, wie er von deutschen Staatsphilosophen seit Jahrhunderten vorgedacht wurde.
Wir lieben dieses Gemeinwesen. Und wir hassen das Geheimwesen. Dabei hat das eine mit dem anderen mehr zu tun, als man gemeinhin glaubt. "Geheim" bedeutet nämlich ursprünglich "zum Heim gehörig", "häuslich" und als Folgerung davon "anheimelnd", "vertraut". "Ich hab ein wonniges Gefild im Traum gesehen", dichtete Friedrich Rückert, "so heimisch war es mir, so heimlich und geheim." Wenn aber nun das Vertraute und das Geheime aus ein und derselben Wurzel stammen, wieso haben wir dann plötzlich in die Geheimdienste kein Vertrauen mehr?