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Mit Stil zum Ziel - Umgangsformen im Beruf

    Zwanzig Stockwerke mit dem obersten Chef allein im Aufzug - wie kann man einen Small-Talk anleiern? Eigentlich scheint das "Sie" gegenüber der Kollegin viel zu steif, aber wer bietet wem zuerst das "Du" an? Geschäftsessen im Restaurant: hilft man der Frau des Geschäftspartners hinterher in den Mantel oder sind solche Regeln antiquiert? Wer die Etikette beherrscht, strahlt im Job Souveränität aus. Als Experten in Sachen Umgangsformen lud Campus & Karriere Ernst-Peter Korsch, Leiter der Flugbegleiterschule der Lufthansa, ins Studio ein. Seine Antworten auf die Fragen der Hörerinnen und Hörer können Sie hier nachlesen.

    Wie stellt man sich bei offiziellen Anlässen am besten vor? Mit "Gestatten, mein Name ist Meier"? Ernst-Peter Korsch: Zunächst sollte man warten, dass man vorgestellt wird. Stellt man sich selber vor, muss man nicht unbedingt gleich "Gestatten" sagen, der Name reicht aus. Jüngere Menschen sollten Vor- und Nachnamen nennen, bei Älteren reicht auch nur der Nachname. Das Nennen des Vornamens zeigt, dass man aufgeschlossen, locker ist, so wie man heute auch in Briefen beide Namen in der Unterschrift schreibt.

    Wie kann man angemessen auf teils massive Alkoholprobleme von Kollegen und Vorgesetzten reagieren? Ernst-Peter Korsch: Das ist eine sehr heikle Frage. Es bleibt nichts anderes übrig, als ein ernstes Gespräch zu suchen. Es hat keinen Sinn, nur irgendwelche Bemerkungen zu machen. Wenn es echte Probleme sind, wird dieses Gespräch allein zu nichts führen. In unserem Betrieb ist es üblich, dass der Mitarbeiter in jedem Fall eine Chance bekommt und nicht Gefahr läuft, entlassen zu werden, wenn er selbst an dem Problem mitarbeiten möchte und sich gegebenenfalls einer Therapie unterzieht.

    Wie kann ich, ohne mir beruflich zu schaden, meinen Chef in die Schranken weisen, wenn er mich zum Beispiel vor Kollegen als "Kaffeekocherin" vorstellt oder als "Maus" anredet? Ernst-Peter Korsch: Gegebenenfalls ist man schlagfertig genug, um die Situation mit ein paar Worten, die den Chef auch nicht zu stark verletzen, im konkreten Moment deutlich zu machen. Dann wirkt es am stärksten. Ansonsten muss man auch hier das Gespräch suchen und den Chef bitten, bestimmte Dinge zu unterlassen. Das aber mit so viel Nachdruck, dass es als ernst gemeint erkannt wird. Gerade dem Vorgesetzten gegenüber ist das natürlich schwer. Die meisten Menschen denken aber über die Kritik nach, besonders wenn sie merken, dass Sie jemandem weh getan haben.

    Betriebe sind heute oft multikulturell zusammengesetzt. Gibt es internationale Umgangsformen, auf die man zurückgreifen kann? Ernst-Peter Korsch: Das hängt davon ab, ob man Heimvorteil hat, also ob man zu Hause mit Kollegen aus anderen Ländern zusammenarbeitet, oder ob man im Ausland ist. Als Deutscher in Deutschland sollte man sicherlich Deutsch bleiben. Zu den Gepflogenheiten in anderen Ländern gibt es inzwischen viel Literatur. Wenn man in ein anderes Land geht, sollte man sich zumindest das Wichtigste vorher aneignen, um keine allzu großen Fehler zu begehen. Denn Geschäftsverhandlungen sollen natürlich ein Erfolg werden.

    Wie verhalte ich mich bei Tisch, besonders in internationaler Runde, wenn Personen zusammen sind, in deren Heimatländern unterschiedliche Tischmanieren gelten? Ernst-Peter Korsch: Auch hier ist es wichtig, wo man gerade ist. In Deutschland sollte man sich so verhalten, wie es hier zu Lande üblich ist, und in Amerika würde ich auch nicht gleich am ersten Tag versuchen, wie ein Amerikaner zu essen. In Deutschland gelten nun einmal andere Gepflogenheiten als in den USA, ein Überanpassung ist nicht sinnvoll. Im Laufe der Zeit aber sollte man zeigen, dass man bereit ist, sich anzunähern, und einiges übernehmen.

    Was ist die richtige Besteckfolge bei Tisch? Ernst-Peter Korsch: Man geht grundsätzlich von außen nach innen vor. Eventuell muss man abzählen, ob zur ersten Gabel auch ein Messer gehört. Dessertbesteck wird entsprechend von oben nach unten benutzt. Kultivierter Umgang mit Brot beim Mittagessen ist es, das Brot zu brechen, und die kleinen Stückchen mit ein wenig Butter oder Schmalz bestrichen zu essen. Besteck bleibt bei Pausen grundsätzlich auf dem Teller - kleine Pausen sollte man übrigens ruhig öfter machen. Wenn man fertig ist, legt man das Besteck parallel in südöstlicher Richtung auf den Teller.

    Soll man Titel wie Doktor oder Professor in der Anrede benutzen? Ernst-Peter Korsch: Bei der persönlichen Vorstellung sollten Sie Ihren Titel weglassen, man übergibt ja gleichzeitig seine Visitenkarte. In Deutschland ist es Gepflogenheit, bei der Anrede die Titel zu nennen. Das sollte man also auch tun, es sei denn, das Gegenüber signalisiert, dass es das nicht möchte. Stellt man seinerseits andere Personen vor, sollte man deren Titel auf jeden Fall erwähnen.