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Mit Super-Brummis gegen den Stau

Verkehr. - Immer mehr Lastwagen transportieren Güter über Deutschlands Straßen und bereiten dem Verkehrsinfarkt den Weg. Eine Lösung, so schlagen Fachleute vor, sei die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewicht der Brummis von derzeit 40 Tonnen auf 60 Tonnen zu erhöhen.

Von Mirko Smiljanic | 03.05.2005
    Der alltägliche Wahnsinn: Auto fährt hinter Auto, Lkw hinter Lkw. In zwei Stunden geht nichts mehr an diesem Nadelöhr Richtung Ruhrgebiet und Rheinland. Und es wird noch schlimmer, vor allem beim Gütertransport. Er steigt bis zum Jahre 2016 um 64 Prozent! Dann stände wirklich alles still. Es sei denn, es fahren weniger Brummis über Deutschlands Autobahnen. Machbar ist das aber nur, wenn sie gleichzeitig mehr transportieren. Der 60-Tonner muss her! Zu Beispiel diese Supertrucks, vorgestellt auf dem Testgelände des schwedischen LKW-Bauers Volvo in Göteborg und kommentiert von Andreas Lubitz vom nordrhein-westfälischen Fahrzeugbauer Krone.

    "Jetzt kommt eine so genannte A-Kombination, das ist die üblichste Kombination in Schweden. Das ist ein LKW mit einem festen Aufbau, der hat einen Dolly, eine Art Zwischenachse und dahinter ein Auflieger."

    Der rollende Riese ist 25 Meter lang und er besteht aus zwei Teilen. Etwas vereinfacht kann man sich den Giga-Liner als normalen 40-Tonner mit einem zusätzlichen Anhänger vorstellen. Der Riese hat acht bis zehn Achsen statt wie bisher fünf, was durchaus positive Konsequenzen hat. Jede Achse trägt einen Teil des Gesamtgewichts, je mehr Achsen ein LKW hat, desto weniger kommt beim Asphalt an. Beim 40-Tonner sind es pro Achse acht Tonnen, beim 60-Tonner mit zehn Achsen nur noch sechs Tonnen. Und um die Entwicklung von Spurrillen zu verzögern, will Henning Wallentowitz, Professor für Kraftfahrwesen an der Kraftfahrwesen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen HochschuleAachen, die Reifenabstände variieren.

    "Wir könnten ja genauso gut die drei Achsen einer Aufliegerachse so bauen, dass sie unterschiedlich breit sind, das heißt, die Räder fahren in verschiedenen Spuren und belasten damit die Straße gleichmäßiger. "

    Problematischer ist die technische Sicherheit der Schwergewichte, unüberwindbare Hürden sieht der Lkw-Ingenieur aber auch hier nicht.

    "Wir würden diese LKW so bauen, dass man lenkbare Achsen einsetzt, wie man das früher ja schon mal hatte, um die Straßenbeanspruchung zu reduzieren. Wir haben elektrische Bremsen, das heißt, wir können einen LKW viel besser bremsen als früher. Und wir haben Stabilisierungseinrichtungen, wenn Sie an das so genannte ESP denken, das heißt, auch so lange Züge sind sicherer zu fahren als heute ohne solche Systeme."

    Komplizierter sieht es bei Deutschlands Brücken aus. Ein Drittel der rund 36.000 Überführungen stammen aus den 50er Jahren und würden dem Gewicht der Riesen-LKW nur bedingt standhalten. Hinzu kommt ein psychologisches Problem: LKW sind bei Autofahrern unbeliebt, besonders wohl fühlt sich kaum jemand, wenn plötzlich ein Giga-Liner neben ihm auftaucht. Aber auch hier hat Professor Henning Wallentowitz eine Lösung entwickelt. Er überlegt,...

    "...ob man denn nicht die LKW längerfristig auf die linke Spur versetzt, das würde bedeuten, wir müssten in Deutschland rechts überholen einführen, aber ein Lkw, der lange Strecken fährt, der muss ja nicht an jeder Ausfahrt direkt auf der rechten Spur vorbei fahren, das wäre noch eine weitergehende, sagen wir ruhig Revolution in unserem Verkehrssystem."

    In den Niederlanden fahren zurzeit im Rahmen eines Großversuchs 60 Giga-Liner, 300 sollen es in ein paar Monaten sein. Deutsche Verkehrswissenschaftler aber auch Verkehrspolitiker sind da zurückhaltender: Die Brücken sind marode, viele fürchten die dramatischen Folgen bei Unfällen mit Riesen-Lkw, Tankstellen und Rastanlagen müssten umgebaut werden, außerdem würde die Idee, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, unterlaufen.

    Unabhängig davon baut und testet der schwedischen LKW-Bauer Volvo Giga-Liner. Die 60-Tonner kommen, sagen Fachleute, in Deutschland eben etwas später.