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Mit Tricks zum Top-Ten-Titel

Das langsame Sterben der Internet-Tauschbörse für Musikstücke geht in die nächste Runde: Um der sofortigen Schließung zu entgehen, sollte Napster bis vergangenen Mittwoch rund 135.000 Titel vom Tausch ausschließen. Doch trotz hektischer Programmierarbeit sind viele der urheberrechtlich geschützten Hits mit bestimmten Tricks auch weiterhin über den Dienst zu beziehen. Während das Überleben von Napster damit weiterhin in den Sternen steht, suchen die Benutzer bereits nach Alternativen.

Maximilian Schönherr |
    Nur drei Tage Zeit blieben den Betreibern der vermutlich bekanntesten Tauschbörse für Musiktitel im Internet, um zu verhindern, dass rund 135.000 Stücke aus der Liste der Recording Industry Association of America (RIAA) über den Dienst den Besitzer wechseln. In einem Gewaltakt erstellten eigens für diesen Zweck neu angeheuerte Mitarbeiter eine Datenbank, die die von den Benutzern angebotenen Titel mit der Ausschlussliste abgleicht und so den Tausch verhindern soll.

    Doch der Sperr-Index besitzt noch große Lücken: Zwar erstellt Napster eine zentrale und hochaktuelle Liste aller bei seinen Mitgliedern verfügbaren Titel, doch schon geringe Veränderungen im Namen eines Stückes genügen, um den Vergleich mit der Ausschlussdatenbank zu unterlaufen. So war zwar schon am Donnerstag kein Titel der Pop-Diva Madonna mehr über Napster zu erhalten, sofern die Suchanfrage in korrekter Schreibweise erfolgte. Unter leicht verfälschten Angaben, wie etwa Madona oder Schlagworten aus dem gewünschten Titel, fanden sich die gesuchten Stücke auch weiterhin auf Hunderten Rechner. Zwar sind Schreibfehler in MP3-Titeln an der Tagesordnung, doch seit der Einführung des Sperrmechanismus scheinen sich die Napster-User auf eine gezielte Konvention geeinigt zu haben, um auch weiterhin alle Titel tauschen zu können.

    Doch auch derartige Tricks können vermutlich kaum verhindern, dass immer mehr Musikfreunde das sinkende Schiff Napster verlassen und sich andere Wege zu den begehrten Schlagern suchen. So erfahren andere Musikbörsen, wie etwa Gnutella oder Freenet, derzeit einen wahren Ansturm neuer Benutzer. Ihr besonderer Vorteil besteht in einer dezentralen Organisation, die auf einen gemeinsamen Index verzichtet und ein Aussperren bestimmter Angebote somit nahezu unmöglich macht. Überdies bieten diese Dienste ein weit höheres Maß an Anonymität der Benutzer als Napster.