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Mit vier Rotoren fliegt es sich besser

Technik. - Fliegende Roboter, die ohne menschliches Zutun durch die Gegend rauschen – bislang gibt es sie nur in Science-fiction-Filmen. Doch die Ingenieure haben in letzter Zeit bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Das jedenfalls ist eines der Ergebnisse der ICRA 2007, so heißt die weltweit wohl wichtigste Roboterkonferenz, die dieser Woche in Rom stattfindet.

Von Frank Grotelüschen | 13.04.2007
    Das Atrium der altehrwürdigen Angelicum Universität zu Rom. Zeit für die Kaffeepause, die Teilnehmer der Roboterkonferenz gönnen sich ein wenig Sonne. Doch plötzlich surrt ein Mini-Ufo durch den Hof, kaum größer als ein Frühstücksteller. Es fliegt auf einen der Kaffee schlürfenden Wissenschaftler zu, verharrt seelenruhig vor dessen Kopf und richtet eine Kamera auf ihn. Ziemlich verblüfft guckt der Gute aus der Wäsche – und Michael Achtelik freut sich. Mit einer Fernsteuerung in der Hand steht der junge Forscher der TU München am anderen Ende des Hofes und dirigiert den fliegenden Spion – eine Art Modellhubschrauber, aber nur eine Art. Achtelik:

    "Ein Quadrokopter ist ein Fluggerät mit vier Rotoren und wird gesteuert über die Drehzahl der Rotoren. Und wir arbeiten daran, dass wir den möglichst stabil zum Fliegen bringen."

    Angetrieben wird das Gerät von Elektromotoren und Lithiumakku. Der Vorteil gegenüber gewöhnlichen Modellhubschraubern. Achtelik:

    "Es ist wesentlich robuster als ein Hubschrauber, hält viele Abstürze aus. Man kann das Gerät in der Luft antappen. Es stabilisiert sich selber. Die Stabilisierung gleicht das sofort aus, wenn eine Windböe kommt oder wenn man selber antippt."

    Entscheidend ist ein kleiner Computer an Bord. Er erfasst die Daten von diversen Sensoren und steuert damit die Drehzahl der vier Rotoren. Achtelik:

    "Zwischen dem, dass der Sensor eine Bewegung aufnimmt und der Motor drauf reagiert, vergeht eine Millisekunde. Nur durch diese hohe Abtastrate können wir diese Flugstabilität erreichen."

    Mittlerweile haben Achtelik und seine Kollegen mehrere Versionen ihres Quadrokopters konstruiert – der kleinste acht Zentimeter groß, der größte misst immerhin 80 Zentimeter. Als Spielzeug für den Innenbereich gibt es ihn schon zu kaufen. Und demnächst erscheint zum Preis von 800 Euro eine Version für den ambitionierten Modellflieger. Ist das Ganze also nur eine nette Spielerei? Nein, meint Achtelik: Für die Zukunft verspricht der Quadrokopter handfesten Nutzen. Achtelik:

    "Luftaufnahmen, Beobachtungen aus der Luft. Gebäude aufnehmen, wenn was inspiziert werden muss. Bis hin zur Walforschung: Da haben wir eine Anfrage, Wale mit einem Quadrokopter zu beobachten."

    Gelenkt wird der Quadrokopter per Fernsteuerung. Das Ziel aber ist ein anderes: der autonome Flugroboter. Er soll sein Ziel von alleine finden und ohne menschliches Zutun durch die Lüfte navigieren. Genau daran arbeitet Sebastian Scherer, ein Deutscher, der in den USA forscht, an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh. Scherer:

    "Ich entwickle autonome Helikopter, die Hindernisse vermeiden können und tief fliegen können."

    Basis des autonomen Helikopters ist ein Laser. Während des Fluges scannt er die Umgebung ab. Der Bordcomputer macht aus den Messdaten eine dreidimensionale Landkarte. Sie sieht aus wie eine Landschaft aus rechteckigen Bauklötzchen. Ist ein Hindernis im Weg – ein Haus, ein Baum ein Strommast – errechnet der Computer flugs eine neue Route und weicht dem Hindernis aus. Scherer und seine Leute haben die Technik bereits erprobt – mit einem unbemannten Mini-Hubschrauber, etwa ein Drittel so groß wie ein gewöhnlicher Helikopter. Scherer:

    "Wir haben mehr als 1000 Hindernisse vermieden mit Geschwindigkeiten bis zu zehn Metern pro Sekunde."

    Scherer zeigt ein Video. Darauf fliegt der Hubschrauber auf ein Haus zu, stoppt kurz ab, fliegt dann ein Stückchen hoch und setzt sicher über das Haus. Scherer:

    "Dadurch, dass wir sie tief fliegen lassen, stören sie nicht den bemannten Flugverkehr. Andererseits kann man nahe an Hindernisse hinfliegen, was wichtig ist für Landung oder um in Gebäude zu gucken oder Sachen zu inspizieren."

    Militär und Polizei zeigen Interesse am autonomen Hubschrauber, aber auch Stromversorger und Erdölkonzerne. Die einen würden gern ihre Hochspannungsleitungen kostengünstig per Flugroboter inspizieren lassen, die anderen ihre Ölpipelines. Das Problem, so Scherer:

    "Um es für kommerzielle Anwendungen interessant zu machen, muss der Preis des Systems niedriger werden."

    Und das, schätzt Scherer, dürfte mindestens noch drei Jahre dauern.