In den Händen von Roman Milkowski schrumpft Europa zur Scheibe. Zur dünnen Scheibe, beschrieben mit dünnen Linien. Wie auf einer Fieberkurve sind die Fahrzeiten notiert. Stunde um Stunde.
"Hier sind die Tachoscheiben meiner Mitarbeiter. Hier zum Beispiel von Herrn Domagala. Er fuhr von De Lute nach Saluntal in Frankreich. Hier sieht man wann er gefahren ist, wie lang und wie schnell. Und hier steht, dass er 986 Kilometer gefahren ist."
Der stämmige 54-jährige in grauer Stoffhose und kurzärmeligem weißen Hemd hängt die Tachoscheibe zurück an ihren Platz. Auf einen Holzstab. Neben den Namen des Fahrers. 120 Holzstäbe ragen in Milkowskis Büro aus der Wand. Daran hängen hunderte von Scheiben. Insgesamt 10 Millionen Kilometer Fahrleistung. Macht rund 250 Erdumrundungen.
"Vor einem Jahr hätten wir noch eine große Party gefeiert, aber heute haben alle Angst, wie wird es weiter gehen. Ich will nicht verhehlen, für uns ist die deutsche Maut ein Schlag, die kostet uns 40.000 Euro pro Monat. Und das frisst unseren ganzen Gewinn auf."
Milkowksi streicht sich über den grauen Schnauzer. Tiefe Falten ziehen sich von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln. Er weiß, dass er nichts ändern kann, an der deutschen Maut. Die trifft seine Mitbewerber genauso hart wie ihn, das ist der einzige Trost. Und dass es für alle gleich schwierig ist, die Kosten an die Auftraggeber weiterzureisen.
Im Flur hängt eine riesige Karte der ehemaligen Sowjetunion. Darunter steht ein Kopierer, ein Laserdrucker, ein Faxgerät. Gegenüber: die Karten von Österreich, Polen und Italien. Darüber chronologisch aufgereiht "Fair-Play"-Urkunden. Auszeichnungen, verliehen vom polnischen Unternehmerverband. Für pünktliche Lohnzahlungen, vorbildliche Sicherheitsstandards und regelmäßige Mitarbeiterfortbildung.
"Diese Punkte, die sie sehen, das sind unsere Trucks, manchmal stehen vier auf demselben Platz."
Im Großraumbüro beugt sich Milkowksi über einen der acht Rechner. Blinkende Punkte signalisieren die Aufenthaltsorte seiner Lkw. Laufend melden die ihre Position über Satellit an die Zentrale. Einer steht zurzeit in Augsburg, einer in Leeds, zwei nehmen Kurs auf Manchester, zwei machen kurz vor Kiew Pause, einer steht vor Kopenhagen, einer wartet in Frankreich auf die Fähre nach Großbritannien. Insgesamt 70 Lkw rollen für die Spedition:
"Hier steht: Guten Tag Frau Agnieska, wir wollen gleich auf die Fähre, wir werden am Freitag in London sein, da können sie uns schon eine neue Ladung für Freitag nach Polen suchen."
Vor 15 Jahren gründete Romans Vater die Spedition Anneberg. Zusammen mit einem dänischen Partner. Zwei Väter und vier Söhne wollten den europäischen Transportmark aufmischen. Lange lief das polnisch-dänische Transportgeschäft hervorragend. Vor zwei Jahren aber änderte sich der Markt
"Ich kenne Beispiele, wie die westlichen Firmen den polnischen Markt erobert haben, mit Dumpingpreisen. Millionen haben sie da reingepumpt. Und wenn sie dann sehen, zu welchen Preisen sie fahren…"
Milkowski guckt nachdenklich. Besorgt. Aus dem Westen kommt der Preisdruck der großen Speditionen, um die Konkurrenten aus dem Feld zu drängen. Im Osten nehmen ehemals staatseigene Betriebe verstärkt Kurs auf den Markt. Irgendwo dazwischen sucht Roman Milkowski einen Ausweg für seine Spedition.
" Wir arbeiten lang, sind praktisch jeden Tag bis 19 Uhr im Büro. Und wir behandeln jeden Kunden sehr gut, erfüllen ihm alle Wünsche. Es gab schon Situationen, da habe ich vier Fahrer auf einem Wagen eingesetzt. Der fährt dann 24 Stunden lang."
Spezialaufträge. Wo Pünktlichkeit zählt. Und Sicherheit. Hochwertige Güter, die oft just in time geliefert werden müssen. Dass ist die Lücke, auf die Milkowski setzt. Um dem zunehmenden Preisverfall entgegenzusteuern.
"Für 40 Cent pro km kann keiner fahren, ich glaube nicht, dass von diesem Geld noch etwas übrig bleibt. Auch wenn Litauer, Letten und einige Tschechen und Slowaken zu diesem Preis fahren. Es müssen eigentlich mindestens 70 Cent sein. Sonst kann eine Firma nicht existieren."
Und irgendwann wird dieser Preis auch wieder gezahlt werden, da ist sich Milkowski sicher. Bis dahin aber wird der Druck auf die Spediteure noch zunehmen.
"Die Leute fahren, um die Kosten zu decken, Und mit dem Gedanken: Es wird irgendwann besser. Bis dahin versuchen sie zu sparen: Sie zahlen nur minimalen Lohn. Und verzichten auf original Ersatzteile."
"Hier sind die Tachoscheiben meiner Mitarbeiter. Hier zum Beispiel von Herrn Domagala. Er fuhr von De Lute nach Saluntal in Frankreich. Hier sieht man wann er gefahren ist, wie lang und wie schnell. Und hier steht, dass er 986 Kilometer gefahren ist."
Der stämmige 54-jährige in grauer Stoffhose und kurzärmeligem weißen Hemd hängt die Tachoscheibe zurück an ihren Platz. Auf einen Holzstab. Neben den Namen des Fahrers. 120 Holzstäbe ragen in Milkowskis Büro aus der Wand. Daran hängen hunderte von Scheiben. Insgesamt 10 Millionen Kilometer Fahrleistung. Macht rund 250 Erdumrundungen.
"Vor einem Jahr hätten wir noch eine große Party gefeiert, aber heute haben alle Angst, wie wird es weiter gehen. Ich will nicht verhehlen, für uns ist die deutsche Maut ein Schlag, die kostet uns 40.000 Euro pro Monat. Und das frisst unseren ganzen Gewinn auf."
Milkowksi streicht sich über den grauen Schnauzer. Tiefe Falten ziehen sich von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln. Er weiß, dass er nichts ändern kann, an der deutschen Maut. Die trifft seine Mitbewerber genauso hart wie ihn, das ist der einzige Trost. Und dass es für alle gleich schwierig ist, die Kosten an die Auftraggeber weiterzureisen.
Im Flur hängt eine riesige Karte der ehemaligen Sowjetunion. Darunter steht ein Kopierer, ein Laserdrucker, ein Faxgerät. Gegenüber: die Karten von Österreich, Polen und Italien. Darüber chronologisch aufgereiht "Fair-Play"-Urkunden. Auszeichnungen, verliehen vom polnischen Unternehmerverband. Für pünktliche Lohnzahlungen, vorbildliche Sicherheitsstandards und regelmäßige Mitarbeiterfortbildung.
"Diese Punkte, die sie sehen, das sind unsere Trucks, manchmal stehen vier auf demselben Platz."
Im Großraumbüro beugt sich Milkowksi über einen der acht Rechner. Blinkende Punkte signalisieren die Aufenthaltsorte seiner Lkw. Laufend melden die ihre Position über Satellit an die Zentrale. Einer steht zurzeit in Augsburg, einer in Leeds, zwei nehmen Kurs auf Manchester, zwei machen kurz vor Kiew Pause, einer steht vor Kopenhagen, einer wartet in Frankreich auf die Fähre nach Großbritannien. Insgesamt 70 Lkw rollen für die Spedition:
"Hier steht: Guten Tag Frau Agnieska, wir wollen gleich auf die Fähre, wir werden am Freitag in London sein, da können sie uns schon eine neue Ladung für Freitag nach Polen suchen."
Vor 15 Jahren gründete Romans Vater die Spedition Anneberg. Zusammen mit einem dänischen Partner. Zwei Väter und vier Söhne wollten den europäischen Transportmark aufmischen. Lange lief das polnisch-dänische Transportgeschäft hervorragend. Vor zwei Jahren aber änderte sich der Markt
"Ich kenne Beispiele, wie die westlichen Firmen den polnischen Markt erobert haben, mit Dumpingpreisen. Millionen haben sie da reingepumpt. Und wenn sie dann sehen, zu welchen Preisen sie fahren…"
Milkowski guckt nachdenklich. Besorgt. Aus dem Westen kommt der Preisdruck der großen Speditionen, um die Konkurrenten aus dem Feld zu drängen. Im Osten nehmen ehemals staatseigene Betriebe verstärkt Kurs auf den Markt. Irgendwo dazwischen sucht Roman Milkowski einen Ausweg für seine Spedition.
" Wir arbeiten lang, sind praktisch jeden Tag bis 19 Uhr im Büro. Und wir behandeln jeden Kunden sehr gut, erfüllen ihm alle Wünsche. Es gab schon Situationen, da habe ich vier Fahrer auf einem Wagen eingesetzt. Der fährt dann 24 Stunden lang."
Spezialaufträge. Wo Pünktlichkeit zählt. Und Sicherheit. Hochwertige Güter, die oft just in time geliefert werden müssen. Dass ist die Lücke, auf die Milkowski setzt. Um dem zunehmenden Preisverfall entgegenzusteuern.
"Für 40 Cent pro km kann keiner fahren, ich glaube nicht, dass von diesem Geld noch etwas übrig bleibt. Auch wenn Litauer, Letten und einige Tschechen und Slowaken zu diesem Preis fahren. Es müssen eigentlich mindestens 70 Cent sein. Sonst kann eine Firma nicht existieren."
Und irgendwann wird dieser Preis auch wieder gezahlt werden, da ist sich Milkowski sicher. Bis dahin aber wird der Druck auf die Spediteure noch zunehmen.
"Die Leute fahren, um die Kosten zu decken, Und mit dem Gedanken: Es wird irgendwann besser. Bis dahin versuchen sie zu sparen: Sie zahlen nur minimalen Lohn. Und verzichten auf original Ersatzteile."