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Mit vorgehaltener Waffe

Beim Prozess vor dem Landgericht Bochum wird nur ein Teil des europäpischen Wettskandals beleuchtet. Es geht um 32 von mehr als 300 Partien. Laut Anklage wurde bei den geschobenen Partien nicht nur auf Sieg gesetzt, sondern auch auf rote Karten, späte Tore und Niederlagen. Doch wer waren die Spieler, die sich für manchmal gerade einmal 1000 Euro zur Manipulation verleiten ließen?

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Meist waren es Kicker aus kleinen Ligen wie in Ungarn, Slowenien oder Belgien, aber auch in der Türkei wurden 70 Fälle bisher bekannt. Staatsanwalt Andreas Bachmann:

    "Wir haben ja teilweise Gehaltsgefüge von 1500 Euro netto, ich sage mal 2500 bis 3000 Euro netto in der belgischen zweiten Liga, und wenn da dann für bestimmte Spieler, deren Abschied aus dem Verein schon absehbar ist, wenn da auf einmal Summen auf dem Tisch liegen zwischen 3000 und 5000 Euro, dann ist das als Motivation nachvollziehbar."

    In Deutschland haben die Ermittler manipulierte Spiele bis in die zweite Liga nachgewiesen. Hier gibt es Zocker unter den Profis. Viele Spieler wetten selbst, oft gegen das eigene Team, quasi als Versicherung für entgangene Punktprämie. Andere gerieten durch ihre Zockerei in die Schuldenfalle:

    "Also die Motivation, um Manipulation zu begehen, war ja fehlendes Geld. Das heißt, dieses Geld war auch nicht verfügbar, um selber Einsätze zu tätigen. Das konnte nur zur Verfügung gestellt werden mit Hilfe von Mittätern."

    So wurde die Abhängigkeit von den Wettpaten immer größer. Und viele Fußballer hatten Wettschulden, die ihnen bei erfolgreicher Manipulation erlassen wurden. Aktenkundig ist dies beim schon verurteilten Marcel Schuon. Der hatte Schulden beim Wettpaten Nürretin G. und der Bank. 20 000 Euro wollte G. ihm für eine Niederlage seines Klubs VfL Osnabrück gegen den FC Augsburg erlassen. Schuon erklärte in der "New York Times", er sein von G. auch mit einer Waffe bedroht worden. Staatsanwalt Bachmann:

    "Konnten wir so nicht bestätigen im Ermittlungsverfahren. Konnten wir so nicht nachhalten."

    Aber Drohungen waren schon ein probates Mittel. Den Spielern wurde deutlich gemacht, dass sie und ihr Umfeld den Auftraggebern bekannt seien. Auf die Frage, ob sich Lübecker Spieler nach einer missglückten Manipulation bei seinem Mandanten G. verantworten mussten, sagte dessen Anwalt Jens Meggers:

    "Soll es gegeben haben, ja."

    Auch während der Spiele waren Mitglieder der Bande vor Ort in den Stadien. Andreas Bachmann:

    "Der unmittelbare Kontakt war nicht gewünscht. Aber es gab teilweise, damit man überhaupt Kontakte hatte, Im Regelfall sind ja auch in niederklassigen Stadien die Zuschauer von den Spielfeldern getrennt. Das man da noch irgendwelche Handzeichen gemacht hat, um zu sagen, vier Tore, drei Tore oder gar nichts, oder Wette abbrechen, hat es ja auch gegeben. Zum Beispiel, wenn man keinen Wettanbieter gefunden hat, dann wurden Wetten auch letztendlich abgebrochen, oder eine Manipulation abgebrochen, eben, weil kein Wettannehmer da war, das war Voraussetzung."