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Mit Vorurteilen aufräumen

Das "Deutsch-Brasilianische Jahr" soll die Beziehungen zwischen den beiden Ländern stärken. Vor allem die deutsche Wirtschaft möchte sich in dem südamerikanischen Land noch mehr engagieren. Joachim Gauck würdigte beim Auftakt in São Paolo auch Brasiliens Fortschritte in der Wissenschaft.

Von Burkhard Birke | 13.05.2013
    Als Botschafter für Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft ist Joachim Gauck nach São Paolo gekommen, und um dies und jenseits des Atlantiks mit einigen Vorurteilen aufzuräumen:

    "Wir denken an Brasilien wegen seiner Strände, wegen seines Urwalds, vielleicht auch wegen seiner Bodenschätze. Tatsächlich gibt es aber einen enormen Aufwuchs im Bereich Wissenschaft, und das will ich auch würdigen."

    Und Ideen verbinden: So lautet nämlich das Motto des Deutsch-Brasilianischen Jahres. Eingeläutet wird es heute Abend im Theatro Municipal vom Young EURO Classic Orchestra unter Leitung von Lothar Zagrosek. Kultur steht im Mittelpunkt dieser von der Wirtschaft mitgesponserten Initiative, die als Marketingkampagne für Deutschland und Element der viel beschworenen, aber noch recht inhaltsleeren strategischen Partnerschaft beider Länder miteinander zu sehen ist. Maßgeblich beteiligt ist natürlich das Goethe-Institut. Präsident Klaus-Dieter Lehmann:

    "Wir werden das Bauhaus, das einen großen Einfluss in Brasilien auf die Architektur hatte, in einer Reihe von Veranstaltungen zeigen. Dann ist für uns das Gegenwartstheater ein ganz wichtiger Ansatz. Brasilien orientiert sich sehr stark in Berlin am Theatertreffen. Und natürlich spielt die Literatur für Brasilien und für Deutschland eine wichtige Rolle."

    Zumal Brasilien als Gastland der kommenden Frankfurter Buchmesse auserkoren wurde. Ein eigens von den Streetart-Künstlern Jim Avignon und Carlos Dias hergerichteter 15 Meter langer Kultur-LKW soll als rollendes Kunstwerk in 17 Städten ein Jahr lang die Werbetrommel für die deutsche Sprache und Kultur rühren. Die Wirtschaft unterstützt die Initiative Deutsch-Brasilianisches Jahr freilich nicht ohne Eigennutz mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Stefan Zoller, Vorsitzender des BDI Brasilien:

    "Die deutsche Industrie, die mit 1600 Firmen im Land schon gut vertreten ist, möchte natürlich in den Zukunftsthemen, die im Land jetzt hochgefahren werden, die gesamte Infrastruktur, Häfen, Flughäfen, Eisenbahnen, IT Infrastruktur, Gesundheitswesen, stärker Fuß fassen."

    Kurzum: Nach einigen verpassten Gelegenheiten will man auf den im Vorfeld von Fußball-WM und Olympia mit Volldampf rollenden Zug noch aufspringen. Die Kraft der neuen Wirtschaftsmacht Brasilien ist zuletzt freilich mit nur knapp 1 Prozent Wachstum erlahmt. Die Regierung hat Zuflucht in protektionistische Maßnahmen gesucht. Bundespräsident Joachim Gauck wird deshalb Amtskollegin Dilma Rousseff heute bei der Eröffnung der deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage nicht wunschlos gegenübertreten:

    "Man könnte sich noch ein günstigeres Investitionsklima wünschen, aber wir wollen Mal festhalten, rund 12 Prozent des Bruttoinlandproduktes werden von deutschen Firmen erwirtschaftet. São Paolo ist der größte deutsche Wirtschaftsstandort außerhalb Deutschlands."

    Und könnte noch massiv ausgebaut werden.

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