Jule Reimer: In Fukushima ist nach Angaben der japanischen Regierung die aufgetretene Kernschmelze wieder gestoppt. Bei mir im Studio ist meine Kollegin Dagmar Röhrlich aus der Wissenschaftsredaktion des Deutschlandfunks. Frau Röhrlich, geben Sie uns bitte einen kurzen Überblick über die aktuelle Situation im Atomkraftwerk.
Dagmar Röhrlich: Es ist immer noch so, dass die Lage vollkommen außer Kontrolle ist, und sobald die Kühlung nicht mehr funktioniert an einem der drei Reaktoren beziehungsweise der vier betroffenen Abklingbecken, dass in dem Moment die Kernschmelze auch wieder einsetzen kann mit allen Problemen, die das bringt: Freisetzung von Radionukliden.
Reimer: Wie stark ist die Umwelt verseucht? Es gab ja ganz widersprüchliche Meldungen gerade in den letzten beiden Tagen.
Röhrlich: Das lässt sich von hier aus sehr schwer sagen. Sicher ist, dass es hohe Belastungen mit Cäsium gibt und mit Jod-131. Was diese anderen Radionuklide angeht, wie das sehr kurzlebige Jod-134 oder Cer-144, das genannt worden ist, und selbst beim Plutonium, gibt es im Moment Überlegungen: Ist das jetzt wirklich so? Die Sachen sind sehr schwierig zu messen und es kann sein, dass einfach auch Messfehler vorgekommen sind, weil beispielsweise Jod-134 nur entstehen kann bei einer Kettenreaktion. Aber man hat nur dieses eine, Jod-134, gemessen, aber nicht die vielen anderen kurzlebigen Radionuklide, die dann auch hätten auftreten müssen. Es ist also eine ziemlich undurchsichtige Situation, genauso beim Plutonium. Es ist gemessen worden, aber so wenig, dass man da auch ein Problem hat, wie genau kann ich hier überhaupt messen. Die Proben müssen sehr genau aufbereitet werden und es ist nur Plutonium-238 erhöht. Das entsteht im Reaktor und amerikanische Forscher sagen, uns fehlen eigentlich noch andere Stoffe. Man ist also eigentlich hilflos und weiß nicht so recht, was mit diesen Messwerten anzufangen ist.
Reimer: Das heißt also auch, man weiß nach wie vor nicht, ob eventuell die Kettenreaktion im Reaktor selbst wieder eingesetzt haben könnte oder nicht, oder ob die Brennstäbe einfach nur ganz furchtbar heiß sind. – Wir haben mal sehr beunruhigende, mal wieder entwarnende Meldungen über die Belastung des Trinkwassers im Unglücksgebiet und in der weiteren Umgebung. Dass man verseuchtes Wasser nicht trinken soll, ist klar, aber wir brauchen ja Wasser im Alltag für alles Mögliche, die Menschen, die da wohnen, für Körperhygiene, Wäsche waschen. Wie verhält man sich da?
Röhrlich: Die Werte im Trinkwasser sind im Moment wieder meistens unter den Grenzwerten. Es geht dabei immer um Talsperren. Die Japaner haben ihre Wasserversorgung hauptsächlich aus Talsperren heraus. Und da lässt sich viel machen, indem man verdünnt. Das ist auch wahrscheinlich das, was passiert ist, weil in Tokio die Grenzwerte ja zu hoch waren für Säuglinge und dann plötzlich sehr schnell wieder unter diesen Grenzwert gefallen sind. Im Moment ist Winter, dann kann man einfach das Wasser aus den tieferen Talsperren-Bereichen entnehmen, weil die Talsperren zurzeit noch sehr geschichtet sind und wenig Durchmischung stattfindet. Man kann auch Wasser von unbelasteten Talsperren dazumischen, weil nur dort diese Verunreinigung auftritt mit den Radionukliden, wo diese radioaktive Fahne drüberweht. Und das sind Sachen, mit denen man sich behelfen kann. Man kann auch Filter einsetzen. Es gibt also verschiedene Möglichkeiten. Es ist ganz wichtig, dass das Wasser möglichst unbelastet ist, denn ich nehme sehr viel Wasser auf und komme mit sehr viel Wasser in Berührung im tagtäglichen Leben. Da kann ich also eine große Bevölkerung sehr schnell mit einer ungesund hohen Dosis belasten, wenn man da nicht durch Verdünnung vorgehen kann.
Reimer: Lässt sich Strahlung abwaschen?
Röhrlich: Je nachdem was man macht. Also es gibt die Überlegung, und das ist auch schon ausprobiert worden in Städten. Wenn ich da Straßen habe, oder auch Häuser und die Verstrahlung ist nicht zu hoch, dann gibt es so eine Art Wasser-Spülmittel-Gemisch und das kann ich dann abwaschen. Das geht aber nur bis zu einem gewissen Grad an Verstrahlung. Wenn ich beispielsweise Strahlung auf dem Boden habe, Cäsium-Belastung – das Jod-131 wird relativ bald verschwunden sein, das Cäsium bleibt uns lange erhalten -, dann kann ich den Boden umgraben und kann dann dadurch die Belastung stark zurücknehmen, denn es wird wenig von den Pflanzen aufgenommen. Dadurch kann ich meistens ein Jahr später schon wieder anbauen. Das muss man dann aber messen.
Reimer: Vielen Dank für diese Informationen an Dagmar Röhrlich aus unserer Wissenschaftsredaktion.
Sammelportal "Katastrophen in Japan"
Bundesamt für Strahlenschutz: Fragen und Antworten zu Japan
Dagmar Röhrlich: Es ist immer noch so, dass die Lage vollkommen außer Kontrolle ist, und sobald die Kühlung nicht mehr funktioniert an einem der drei Reaktoren beziehungsweise der vier betroffenen Abklingbecken, dass in dem Moment die Kernschmelze auch wieder einsetzen kann mit allen Problemen, die das bringt: Freisetzung von Radionukliden.
Reimer: Wie stark ist die Umwelt verseucht? Es gab ja ganz widersprüchliche Meldungen gerade in den letzten beiden Tagen.
Röhrlich: Das lässt sich von hier aus sehr schwer sagen. Sicher ist, dass es hohe Belastungen mit Cäsium gibt und mit Jod-131. Was diese anderen Radionuklide angeht, wie das sehr kurzlebige Jod-134 oder Cer-144, das genannt worden ist, und selbst beim Plutonium, gibt es im Moment Überlegungen: Ist das jetzt wirklich so? Die Sachen sind sehr schwierig zu messen und es kann sein, dass einfach auch Messfehler vorgekommen sind, weil beispielsweise Jod-134 nur entstehen kann bei einer Kettenreaktion. Aber man hat nur dieses eine, Jod-134, gemessen, aber nicht die vielen anderen kurzlebigen Radionuklide, die dann auch hätten auftreten müssen. Es ist also eine ziemlich undurchsichtige Situation, genauso beim Plutonium. Es ist gemessen worden, aber so wenig, dass man da auch ein Problem hat, wie genau kann ich hier überhaupt messen. Die Proben müssen sehr genau aufbereitet werden und es ist nur Plutonium-238 erhöht. Das entsteht im Reaktor und amerikanische Forscher sagen, uns fehlen eigentlich noch andere Stoffe. Man ist also eigentlich hilflos und weiß nicht so recht, was mit diesen Messwerten anzufangen ist.
Reimer: Das heißt also auch, man weiß nach wie vor nicht, ob eventuell die Kettenreaktion im Reaktor selbst wieder eingesetzt haben könnte oder nicht, oder ob die Brennstäbe einfach nur ganz furchtbar heiß sind. – Wir haben mal sehr beunruhigende, mal wieder entwarnende Meldungen über die Belastung des Trinkwassers im Unglücksgebiet und in der weiteren Umgebung. Dass man verseuchtes Wasser nicht trinken soll, ist klar, aber wir brauchen ja Wasser im Alltag für alles Mögliche, die Menschen, die da wohnen, für Körperhygiene, Wäsche waschen. Wie verhält man sich da?
Röhrlich: Die Werte im Trinkwasser sind im Moment wieder meistens unter den Grenzwerten. Es geht dabei immer um Talsperren. Die Japaner haben ihre Wasserversorgung hauptsächlich aus Talsperren heraus. Und da lässt sich viel machen, indem man verdünnt. Das ist auch wahrscheinlich das, was passiert ist, weil in Tokio die Grenzwerte ja zu hoch waren für Säuglinge und dann plötzlich sehr schnell wieder unter diesen Grenzwert gefallen sind. Im Moment ist Winter, dann kann man einfach das Wasser aus den tieferen Talsperren-Bereichen entnehmen, weil die Talsperren zurzeit noch sehr geschichtet sind und wenig Durchmischung stattfindet. Man kann auch Wasser von unbelasteten Talsperren dazumischen, weil nur dort diese Verunreinigung auftritt mit den Radionukliden, wo diese radioaktive Fahne drüberweht. Und das sind Sachen, mit denen man sich behelfen kann. Man kann auch Filter einsetzen. Es gibt also verschiedene Möglichkeiten. Es ist ganz wichtig, dass das Wasser möglichst unbelastet ist, denn ich nehme sehr viel Wasser auf und komme mit sehr viel Wasser in Berührung im tagtäglichen Leben. Da kann ich also eine große Bevölkerung sehr schnell mit einer ungesund hohen Dosis belasten, wenn man da nicht durch Verdünnung vorgehen kann.
Reimer: Lässt sich Strahlung abwaschen?
Röhrlich: Je nachdem was man macht. Also es gibt die Überlegung, und das ist auch schon ausprobiert worden in Städten. Wenn ich da Straßen habe, oder auch Häuser und die Verstrahlung ist nicht zu hoch, dann gibt es so eine Art Wasser-Spülmittel-Gemisch und das kann ich dann abwaschen. Das geht aber nur bis zu einem gewissen Grad an Verstrahlung. Wenn ich beispielsweise Strahlung auf dem Boden habe, Cäsium-Belastung – das Jod-131 wird relativ bald verschwunden sein, das Cäsium bleibt uns lange erhalten -, dann kann ich den Boden umgraben und kann dann dadurch die Belastung stark zurücknehmen, denn es wird wenig von den Pflanzen aufgenommen. Dadurch kann ich meistens ein Jahr später schon wieder anbauen. Das muss man dann aber messen.
Reimer: Vielen Dank für diese Informationen an Dagmar Röhrlich aus unserer Wissenschaftsredaktion.
Sammelportal "Katastrophen in Japan"
Bundesamt für Strahlenschutz: Fragen und Antworten zu Japan