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Mit Wasserdampf durch die Wolken

Technik. - Um dem steigenden Kohlendioxidausstoß zu begegnen, suchen Ingenieure weltweit nach alternativen Antrieben. Im Automobilbereich setzen Experten seit langem dabei auf Wasserstoff als Betriebsmittel für zukünftige Motoren. Angesichts des wachsenden Flugaufkommens und der direkt in großen Höhen emittierten Abgase wäre der saubere Sprit von morgen aber auch für Flugzeuge attraktiv. Doch Flugzeuge mit Wasserstoffaggregaten müssten völlig neu konzipiert werden und erforderten eine neue Infrastruktur am Boden, so das Resümee einer Studie der Europäischen Unon.

14.07.2003
    "Cryoplane" lautet der Titel eines Projektes, dass den Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff in der Luftfahrt untersucht. Tatsächlich wären solche Flieger frostige Vögel, denn Wasserstoff befindet sich erst bei etwa 200 Grad Minus in seiner flüssigen Phase. Nur in diesem Zustand könnte das Element den Umweltsünder Kerosin als Flugzeugsprit überhaupt ablösen. Doch das ist noch eine ferne Vision, meint auch Michael Ponater vom Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen: "Die Vorstellung, dass man ab sofort einfach Wasserstoff statt Kerosin in die Tanks einfüllt und alles andere einfach beim alten belässt, ist illusorisch. Ein solches Flugzeug würde sich erheblich von herkömmlichen Modellen unterscheiden und müsste daher völlig neu entworfen werden." So wäre sein Volumen aufgrund der Anforderungen der Wasserstofftechnologie wesentlich größer. Dies aber hätte automatisch gravierende Auswirkungen auf die aerodynamischen Eigenschaften der Science-Fiction-Vehikel. Doch damit sei es nicht getan, konstatiert Ponater, denn auch am Boden müsste die Infrastruktur für den Wasserstoffeinsatz in der Luftfahrt erheblich verändert werden, weil Transport und Betankung der Flieger dann erheblich aufwändiger vonstatten gingen.

    Hinsichtlich der Auswirkungen der Luftfahrt auf das globale Klima könnte sich der enorme Aufwand dennoch lohnen, meinen die Macher der EU-Studie. "Insgesamt würde sich die Treibhauswirkung beim Einsatz von Wasserstoff getriebenen Flugzeugen im Jahre 2050 um rund 20 Prozent vermindern gegenüber einer Luftflotte, die weiterhin Kerosin einsetzt", so Michael Ponater. Weil der in der Studie überblickte Zeitraum angesichts der dynamischen Entwicklung des Luftverkehrs doch beachtlich ausfällt, stützten Ponater und seine Kollegen ihre Überlegungen auf zwei Annahmen: Erstens sollte der Wechsel auf Wasserstoff ab 2015 erfolgen, zweitens nimmt der Luftverkehr wie bisher weiterhin um fünf Prozent jährlich zu. Ein fünftel weniger Kohlendioxid durch eine solche Umstellung klingt indes zwar wenig motivierend, doch, so geben die Fachleute zu bedenken, 2050 würde ja auch noch nicht die gesamte Luftfahrt mit Wasserstoff um den Globus fliegen. Andererseits zieht der Einsatz von Kerosin langwierige Auswirkungen nach sich, denn jedes dabei angefallene Molekül Kohlendioxid verweilt durchschnittlich 100 Jahre klimawirksam in der Atmosphäre. "Wenn ich dagegen die Kohlendioxideinsparung für 2100 angeben wollte, dann fiele sie wesentlich größer aus", unterstreicht Ponater.

    Doch auch aus wissenschaftlicher Sicht verbleiben einige Unwägbarkeiten, räumt Robert Sausen, ebenfalls Atmosphärenforscher beim DLR, ein: "Wasserstoff getriebene Flugzeuge emittieren bei gleicher Temperatur mehr Wasser und könnten möglicherweise mehr Kondensstreifen bilden." Das Problem: Solche Kondensstreifen verstärken unter bestimmten Umständen den Treibhauseffekt noch. Doch ob dies beim Wasserstoffeinsatz im Luftverkehr geschehen würde, kann derzeit nicht abgesehen werden. "Dazu muss man ein solches Flugzeug erst einmal betreiben, um reale Messungen zu erhalten - das geht nicht im Labor." So erwägt derzeit Airbus Industries derzeit, einen solchen Prototypen zu entwickeln. Hilfe dazu könnte aus Russland kommen, denn dort werden bereits bestimmte Militärjets mit einem Zusatzantrieb auf Wasserstoffbasis unterhalten. Diese Maschinen ließen sich dann auch komplett auf Wasserstoff umrüsten.

    [Quelle: Volker Mrasek]