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Mit zwei Hinterbremsen abwärts in Tal

Wenn es um Wintersport geht, zieht es viele nach Österreich. Im Sommer kann man in der Region Schladming in der Steiermark auch mit einem Mountain GoKart eine Rodelpiste hinunterfahren.

Von Kerstin Ruskowski |
    Vom Gipfel des Hochwurzen in etwa 1800 Metern Höhe blicke ich auf das Plateau des Dachstein-Gletschers gegenüber. Der ist noch höher. Von hieran geht es bergab, und zwar nicht zu Fuß, sondern mit einem ganz speziellen Schlitten: dem Mountain GoKart. Es sieht aus wie eine Mischung aus einem Dreirad und einem Chopper, also einem Motorrad. Schräg unterhalb des Lenkers ist das Vorderrad angebracht, rechts und links von dem roten, mit Stoff bespannten Sitz die beiden Hinterräder. Bevor es losgeht, gibt es noch eine kurze Einweisung von Christian, dem Mountain-GoKart-Guide.

    "Rechte Bremse, rechte Seite. Linke Bremse, linke Seite. Jeweils auf das Hinterrad. Ihr habts keine Vorderbremse, gell. Dann, bitte immer beide Hände am Lenker lassen, gell. Nicht mit einer Hand fahren - kann schief gehen. Immer schön mit beiden Bremsen gleichzeitig bremsen, nicht zu einseitig."

    Bis ich die Bremsen brauche, muss ich erstmal in Bewegung kommen, denn das Mountain GoKart hat keine Pedale. Stattdessen zwei Fußstützen, die am Vorderrad angebracht sind. Langsam schieben meine Mitfahrer und ich uns in Richtung Bergkuppe. Das Bild erinnert mich an die Zeichentrickserie "Die Feuersteins", in der Fred Feuerstein sein Auto ebenfalls per Fußbeschleunigung ins Rollen bringen musste.

    Bevor wir uns die Piste hinunterstürzen können, gibt es noch eine letzte Warnung von Christian.

    "Überteibt's jetzt nicht. Mach ich mir jetzt keine Sorgen bei Euch. Ist eher bei den jungen, bei so 16-, 17-Jährigen. Übertreiben die's gerne, machen ein internes Rennen runter, gell."

    Wenn ich mir meine Mitfahrer so anschaue, ist das nicht sicher. Alle scharren schon mit den Füßen im Schotter - inklusive mir. Christian fährt mit seinem Bulli voraus, um die Straße abzusichern. Wir warten bis er um die nächste Kurve gebogen ist, dann schieben wir uns über den Scheitelpunkt und nehmen langsam Fahrt auf.

    Serpentinenartig führt die etwa sieben Kilometer lange Rodelpiste vom Gipfel des Hochwurzen zur Talstation der Gipfelbahn. Wie wichtig die Bremsen sind, merken wir schnell. Und auch, wie viel Spaß es macht, eben nicht beide Bremsen gleichzeitig zu benutzen, sondern mit angezogener rechter Bremse um eine Rechtskurve zu schlittern und mit der linken um eine Linkskurve.

    Für den Hintermann ist das allerdings nicht so lustig, denn da die GoKarts keinerlei Schutzbleche haben, landet der gesamte aufgewirbelte Sand und Schotter im Gesicht des nachfolgenden Fahrers. Da macht sich eine Sonnenbrille bezahlt. Ich habe meine im Rucksack gelassen, was ich jetzt bereue, denn meine Augen tränen vom Staub. Aber davon lasse ich mich nicht bremsen. Mit bis zu 60 Stundenkilometern jage ich meinem Vordermann Bodo hinterher. Wenn ich bremse, habe ich allerdings keine Chance, denn Bodo kommt mit seinen 90 Kilo auf dem Mountain GoKart deutlich schneller den Berg hinunter als ich. Ich werde übermütig, bremse in voller Fahrt zu stark rechts und schlittere einige Meter über das Grün.

    Auch wenn Christian bei der Einweisung behauptet hat, das GoKart könne nicht umkippen - so sicher bin ich mir da nach den ersten Kurven nicht mehr. Wenn man mit hoher Geschwindigkeit durch eine Schottersenke brettert, merkt man schnell, wie leicht das GoKart ist: nur etwa zwölf Kilo. Trotzdem: Je schneller man fährt, desto mehr Spaß macht die Abfahrt. Und je schärfer man bremst, desto mehr kommt man ins Schlittern. Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man mit dem Auto und angezogener Handbremse über einen Sandplatz rutschen.

    An einer Weggabelung kommen wir zum Stehen. Christian fährt mit dem Bulli geradeaus. Wir biegen mit unseren GoKarts rechts um die Kurve passieren eine Schikane und nehmen noch einmal Fahrt auf.

    Ein paar hundert Meter später kommt die Talstation in Sicht.

    "War's das schon? Echt?"

    Alle haben ein breites Grinsen im Gesicht, Sand zwischen den Zähnen und sind sich einig, dass sie die Piste noch einmal hinunterfahren möchten. Schließlich kennen wir jetzt den Streckenverlauf.