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Mitarbeiter finden - und halten

Sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der Wissenschaft setzt sich die Erkenntnis durch, dass qualifiziertes Personal einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit leistet. Aufgrund des demografischen Wandels gewinnen Einsatz, Beschaffung, Bindung und Motivation von Mitarbeitern immer mehr an Bedeutung.

Von Sebastian Bargon | 16.12.2010
    Insofern kommt einem erfolgreichen Personalmanagement eine Schlüsselrolle zu. Unter dem Motto "Studieren und Geldverdienen" startet im Oktober 2011 in der Dualen Hochschule Baden-Württemberg der neue interdisziplinäre BWL-Studiengang Demografie und Personalmanagement.

    Alle Ausbildungspartner der Dualen Hochschule, seien es Finanzdienstleister, Automobilzulieferer oder Städte, sind vom demografischen Wandel betroffen. Der neue Bachelor-Studiengang für Demografie und Personalmanagement ist der erste dieser Art in Deutschland. Dessen Leiter, Professor Lars Mitlacher, ist davon überzeugt, dass die Absolventen beste Karrierechancen haben. Schließlich gebe es für sie vielfältige Einsatzgebiete zum Beispiel in Personalabteilungen, im Change Management oder in Stabs- und Strategieabteilungen.
    "Wir haben sehr viele Anfragen von Studierenden und auch schon viele Ausbildungsunternehmen gefunden. Ich bin sehr optimistisch, dass wir nächstes Jahr mit sieben bis zehn starten können in der ersten Runde und das dann sukzessive ausbauen. Wir müssen bei manchen Unternehmen sicherlich noch Überzeugungsarbeit leisten, da bei vielen Entscheidern die Aktualität des Themas vielleicht da ist, aber dann wirklich der Handlungsdruck jetzt was zu machen bei einem Thema, das in fünf Jahren ganz akut wird, noch nicht da ist. Wenn man bedenkt, dass solch eine Ausbildung drei Jahre dauert, dann ist heute der richtige Zeitpunkt was zu tun, um langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten."

    Dr. Rainer Thiehoff ist Geschäftsführer des Demographie-Netzwerks Deutschland, in dem sich 220 Unternehmen zusammen geschlossen haben. Angesichts des Fachkräftemangels und der Rente mit 67 sei es höchste Zeit, sich auf die Thematik einzustellen. Allerdings gebe es bisher nur wenige Firmen, die alles richtig machen.

    "Es gibt viele gute Beispiele, wo Firmen sich auf den Weg gemacht haben, angefangen haben zum Beispiel mit Gesundheitsmanagement oder dass sie gezielt ältere Mitarbeiter suchen. Aber geschlossene Systeme, das heißt Unternehmen, die wirklich begriffen haben, dass demografischer Wandel nicht nur ein Problem ist, sondern im Gegenteil auch eine Chance, da gibt es nur ganz wenige. Zum Beispiel die Sick AG, die sind gut aufgestellt. Wir finden es gut, dass sich die Firmen auf den Weg gemacht haben."
    Tatsächlich ist der weltweit operierende Sensoren-Hersteller Sick aus Waldkirch bei Freiburg auf die Herausforderungen des demografischen Wandels gut vorbereitet. Denn schon vor sechs Jahren führte der Leiter des Personal- und Sozialwesens, Rudolf Kast, eine durchgehende Lernkultur ein.

    "Wir fangen früh an. Wir praktizieren ja auch schon Lerntrainings für Kindergartenkinder, haben PC-Schnupperkurse für Mitarbeiterkinder im Unternehmen. Das heißt, wir haben auch über die Ausbildung sehr frühzeitig eine Lernkultur entwickelt, die sich dann über alle Generationen hinweg setzt. Und daraus ist bei uns schon sehr früh der Unternehmensgrundsatz lebenslanges Lernen entstanden, den wir dann auch eingeführt haben im Rahmen einer lernenden Organisation. Das heißt wirklich Lern-Instrumentarien, Lernmethoden von jung bis alt auch different eingesetzt."

    Der 23-jährige Jérôme Rischmüller hat bei der Sick AG im Rahmen seines Studiums International Business Management ein Praktikum gemacht. Derzeit schreibt er an seiner Bachelor-Arbeit, Titel: "Dauerhafte berufliche Weiterbildung in Südbaden als Notwendigkeit in Zeiten des demografischen Wandels".

    "Bei Sick ist es konkret so, dass es altersgemischte Teams gibt. Das soll heißen, dass der junge Absolvent von der Uni, der Berufseinsteiger, von einem Mitarbeiter lernen kann, der über viel Know-how verfügt, weil er schon 30 Jahre im Betrieb ist. Da muss man als Teamleiter natürlich über viel Fingerspitzengefühl verfügen, um die beiden Generationen gut zu verbinden."

    Genau dieses Fingerspitzengefühl will Lars Mitlacher den Studierenden in Villingen-Schwenningen beibringen. Zu der betriebswirtschaftlichen Wissensbasis bietet das duale Studium Schwerpunkte wie Demografiemanagement, praxisorientierte Demografieforschung sowie Rhetorik, Moderations- und Konflikttraining.

    "Neben dem Studiengang haben wir auch ein Kompetenzzentrum gebildet zum Thema Demografie und Personalmanagement. Da wollen wir vor allem kooperative Forschung betreiben über Drittmittelprojekte aber auch in Zusammenarbeit mit unseren Ausbildungspartnern. Um eben auch den Transfer von wissenschaftlichen Ergebnissen in die Praxis, aber auch in die Lehre zu gewährleisten und das ist denke ich eine gute Plattform zur Vernetzung der verschiedenen Akteure auf der regionalen Ebene. Und wir wollen das Ganze auch bundesweit ausbauen und sind gut vernetzt und versuchen das Ganze in der Region voranzubringen. Weil das Thema demografischer Wandel ist schon da. Er hat begonnen und je früher man sich damit beschäftigt, desto besser. Die Experten fallen auch nicht vom Himmel, sondern da muss man aktiv werden und ausbilden."