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Mitglied der Findungskommission: Parzinger ist exzellenter Fachmann

Nach der Nominierung von Hermann Parzinger als designiertem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat sich zum ersten Mal ein Mitglied der Findungskommission zu der Berufung geäußert. Bei Parzinger handele es sich um einen genialen Wissenschaftler und exzellenten Fachmann, sagte der Kulturstaatssekretär von Nordrhein-Westfalen, Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff. Bei der Auswahl des Archeologen sei auch der Generationenwechsel ein wesentliches Kriterium gewesen.

Moderation: Stefan Koldehoff |
    Stefan Koldehoff: Mitglied der Findungskommission war unter anderem Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Staatssekretär für Kultur und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen. Er ist jetzt am Telefon: Herr Grosse-Brockhoff: Warum Hermann Parzinger?

    Heinrich Grosse-Brockhoff: Nun, ich möchte der Entscheidung des Stiftungsrates nicht vorgreifen, aber wir als Findungskommission haben uns sehr schnell und in seltener Übereinstimmung auf ihn geeinigt, weil wir ihn für den seltenen Fall von jemandem halten, der nicht im Rampenlicht steht, auf den aber einmal dann eben der Sonnenstrahl eines solchen Findungsverfahrens fällt und wo man dann auch schnellstens zugreifen sollte, weil man hier einen, wie ich meine, genialen Wissenschaftler hat, hoch dekoriert, einen erfolgreichen Ausgräber, Wissenschaftler, der zehn Sprachen spricht, der aber auch versteht, Wissenschafts-Management und Kulturmanagement miteinander zu kombinieren. Das Allerwichtigste ist für mich, dass bei einer so hochkarätigen Einrichtung wie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ein Wissenschaftler, ein Fachmann das Sagen hat und nicht irgendein, ich sag mal, ausrangierter Staatssekretär wie unsereiner - diese Neigung gibt es auch immer -, und ich finde es wunderbar, dass wir uns völlig einvernehmlich auf einen solchen exzellenten Fachmann verständigt haben. Und wenn wir heute von Exzellenz ständig auch in den Geisteswissenschaften reden, dann sollte man auch einen solchen Mann fördern.

    Koldehoff: Um so eine Stelle kann man sich ja nicht bewerben, die Findungskommission musste von sich aus suchen und hat Herrn Parzinger dann auch unter anderem angesprochen. Wie läuft so ein Verfahren dann ab? Hält man einen Vortrag, findet das im Gespräch statt, wie haben Sie sich überhaupt einen Eindruck verschaffen können?

    Grosse-Brockhoff: Nun, ich will jetzt nicht über Interna sprechen, aber wir haben uns im Vorfeld über Namen auch telefonisch ausgetauscht, haben natürlich auch Erkundigungen eingezogen und Gespräche geführt. Und Herr Parzinger hat sich dann auf unseren Wunsch hin gestern auch präsentiert und einen so ausnehmend guten Eindruck gemacht, dass wir gesagt haben: Der ist es, den schlagen wir vor. Wohlgemerkt, das letzte Wort hat der Stiftungsrat.

    Koldehoff: Kam denn die Idee, ihn zu nominieren, für Parzinger selbst überraschend? Er selbst äußert sich ja noch nicht.

    Grosse-Brockhoff: Er ist dankenswerter Weise auch einer derjenigen, die das Maul halten können und die zurückhaltend sind und nicht das Herz ständig auf der Zunge tragen. Das zeichnet ihn auch aus. Er hat genügende Bescheidenheit, auch das ehrt ihn. Er ist angesprochen worden letztlich von Neumann, aber ich glaube, man darf auch nicht verschweigen, dass auch Herr Lehmann da eine Rolle gespielt hat.

    Koldehoff: Das Maul halten, kann er, haben Sie gerade gesagt. Andere konnten es offenbar nicht. Der Name ist früher durchgesickert, als das eigentlich geplant war. Steckt da irgendeine Taktik hinter?

    Grosse-Brockhoff: Nein, das ist halt so. Wenn in der Republik solche Ämter vergeben werden, dann interessieren sich sehr viele dafür, und sein Name als ein hoch Gehandelter hat ja schon vor vielen Wochen in der Zeitung gestanden.

    Koldehoff: Ein anderer Name, der hoch gehandelt wurde, war der von Martin Roth. Es hieß, Martin Roth sei es unter anderem nicht geworden, weil er in Nordrhein-Westfalen nicht durchsetzbar gewesen sei. Stimmt das so?

    Grosse-Brockhoff: Nein, das höre ich jetzt auch zum ersten Mal und ist absolut nicht der Fall. Wir haben uns für Herrn Parzinger entschieden, und das heißt kein Urteil gegen Roth.

    Koldehoff: Was sind denn aus Sicht der Findungskommission eigentlich die vordringlichsten Aufgaben, die der neue Präsident zu erfüllen hat?

    Grosse-Brockhoff: Ganz sicherlich - und das spricht vielleicht auch für ihn -, dass ein neues Konzept für das Humboldt-Forum, das ja soeben beschlossen worden ist, das zeitlich vorgezogen werden soll, wo jetzt dringend umgehend ein Konzept her muss: Wie präsentiere ich die Kulturen anderer Kontinente - und ich ergänze sofort dazu, auch die zeitgenössische Kultur anderer Kontinente, also die zeitgenössische Kunst - in einem solchen Humboldt-Forum, und wie mache ich daraus ein Forum, das ähnlich wie das Centre Pompidou, ähnlich ja wie meinetwegen der Louvre im internationalen Kontext ein Diskussionsort ist, der seinen Stellenwert hat und damit auch Repräsentant der deutschen Kultur ist.

    Koldehoff: War der Generationenwechsel auch ein Kriterium? Parzinger ist relativ jung.

    Grosse-Brockhoff: Ein sehr wesentlicher. Wir waren entschieden der Meinung, dass alle Kandidaten, die in die engere Wahl kommen sollten, deutlich unter 60 sein sollten.

    Koldehoff: Dass sie den zuständigen Gremien nicht vorgreifen wollen, das haben Sie ein paar Mal jetzt gesagt. Glauben Sie denn, dass es da noch irgendwelche Stolperfallen geben könnte, zum Beispiel, weil der Name nun doch schon so früh im Gespräch ist?

    Grosse-Brockhoff: Ich glaube es nicht in diesem Falle, aber wenn ich an die Vorgängerwahl denke bei Herrn Lehmann, dann wird mir schwarz vor Augen, und ich glaube, das hat Herr Neumann glänzend bewiesen, wie man so etwas auch vermeiden kann.

    Koldehoff: Herr Grosse-Brockhoff, Sie haben heute sich mit einem ganz anderen Thema noch auseinandersetzen müssen, mit der Zukunft der RuhrTriennale nämlich. Da ist die designierte Intendantin in der vergangenen Woche verstorben, es hat heute eine Pressekonferenz dazu gegeben. Würden Sie uns noch sagen, wie es weitergehen wird mit der RuhrTriennale?

    Grosse-Brockhoff: Nun, ich habe heute in dieser Pressekonferenz auf Befragen gesagt, dass die RuhrTriennale weitergeht. Ich habe jedes Ansinnen zurückgewiesen, auch als unanständig, dass auch - moralisch verwerflich -, dass da aufgetaucht ist, man könne doch jetzt zwei Jahre lang auf die RuhrTriennale verzichten, um diese Mittel dann zusätzlich für die Kulturhauptstadt einzusetzen. Dazu sage ich, das Ruhrgebiet bedarf der Kulturhauptstadt genauso wie der RuhrTriennale. Und die RuhrTriennale ist jährlich und soll auch 2011 folgende stattfinden. Und insofern ist im Moment mein allergrößtes Bestreben, durch intensive Arbeit, zusammen mit Herrn Flimm und Herrn Krings, dem kaufmännischen Geschäftsführer, dafür zu sorgen, das 2008 stattfindet, und zwar möglichst so, wie Marie Zimmermann es angedacht hatte, und dass wir ab 2009 dann eine neue Figur haben und sehen müssen, wie wir aufgrund einer Bestandsaufnahme, die wir im Moment vornehmen, über die Vorarbeiten von Marie Zimmermann, wo wir im Moment noch nicht wissen, wie weit sind die einzelnen Projekte nun gediehen, wie kriegen wir das 2008 hin in einer gemeinsamen Kraftanstrengung, möglicherweise in einer Art von Teamwork, ohne dass eine Figur groß an der Spitze steht, diese Planungen von Marie Zimmermann möglichst zu verwirklichen, um dann ab 2009 eine neue Figur zu haben, die aber auch in diesem Sommer schon entschieden werden müsste.