Griffe für Gabel, Messer und Scheren werden gepresst, aber vor allem Sohlen für Fußballschuhe. Produkte aus Plastik, produziert in einem mittelständischen Betrieb, der Großfirmen zuliefert. Mit Sitz in Novo Hamburgo, einer Großstadt im südlichen Bundesstaat Rio Grande do Sul.
João Elton Flesch, ehemals Ingenieur in der Petrochemie, ist einer der Besitzer der kleinen Fabrik. Flesch stammt von deutschen Emigranten ab, spricht aber kein Wort Deutsch. Deutsche Einwanderer und Handwerksbetriebe haben das Gebiet in und um Neu-Hamburg geprägt. Novo Hamburgo galt lange als "Hauptstadt der Schuhe" oder wie es in einer Chronik heißt:
1969 gab es allein im Munizip Neu-Hamburg 289 Fabriken für die Herstellung der verschiedenartigsten Fußbekleidung.
Vor einigen Jahren hatte sich João Elton Flesch mit zwei Arbeitskollegen zusammengetan und eine Halle gemietet:
Wir wollten ein modernes Unternehmen sein, aber wir wussten nicht, wie man ein modernes Unternehmen aufbaut. Wir benötigten Beratung: für die Modernisierung auf technologischem Gebiet, im Bereich der Arbeitskräfte und in der Administration des Unternehmens.
Eines Tages suchten uns Leute von der Universität 'Unisinos’ auf. Sie hielten direkt vor unserer Fabrik und erklärten uns: - Es gibt ein Programm des Bundesstaates, das sieht so und so aus und nennt sich 'Unternehmerische Beratung’. Haben Sie Interesse an diesem Programm?
Flesch zögerte keinen Moment.
Knochen werden zersägt, Koteletts und Steaks vorbereitet. Hinter Glas liegen die verschiedensten Fleischwaren aus, appetitlich aufgereiht. Davor in einer mannshohen Kühltruhe Erfrischungsgetränke, ein Regal mit Weinflaschen und ein hölzernes Gestell voller Gewürze.
Der Fleischerladen gehört Mauro Abreu de Camargo aus Porto Alegre, der Hauptstadt des Bundesstaates Rio Grande do Sul. Die Metzgerei glich früher eher dem kunterbunten, ein wenig schmuddeligen Durcheinander eines Tante Emma-Ladens.
Wir verkauften sogar Seifenpulver. Zum Schluss wussten die Kunden gar nicht mehr, was hier eigentlich verkauft werden sollte.
Die Kunden blieben aus, auch in anderen Fleischereien. Einige Besitzer dachten an Aufgabe. Doch der 32-jährige Camargo tat sich mit einigen Metzgern zusammen; sie wurden bei der Regierung des Bundesstaates vorstellig.
Wir haben dann gemeinsam mit der Regierung eine Umfrage gestartet, um die Meinung der Hausfrauen zu erfahren. Frage: Weshalb kaufen sie nicht mehr in der Fleischerei ein? Das Ergebnis ließ mehrere Rückschlüsse zu: Sie kauften nicht mehr ein, weil es an Hygiene mangele, weil die äußere Aufmachung nicht ansprechend sei. - Ihnen fehlte es an Transparenz und Information über die Produkte.
Neun Metzgereien schlossen sich zur Kette "Chefcarnes" zusammen. Sie befolgten fortan die Ratschläge der von der Regierung beauftragten Experten der Universität.
Die Universität bot Kurse für Ladenbesitzer und für ihre Mitarbeiter an. Kurse über Kundenbetreuung und Verkauf und fürs Management. So konnten unsere Geschäfte professioneller geführt werden, wurden uns Instrumente an die Hand gegeben, zu denen normalerweise nur große Ketten und Unternehmen Zugang haben.
Selbst Weinproben hat Camargo inzwischen in seiner Metzgerei veranstaltet. Den Rebensaft konnten sie billiger erstehen, da sie gemeinsam als Einkäufer auftraten.
Die Lieferanten von Messern werden bald vorbeikommen, um den Kunden zu zeigen, welches Messer man am besten benutzt und wie man es schärft. Oder wir bringen den Kunden bei, wie man bestimmte Fleischstücke am besten würzt.
Unsere Industrie setzt sich vor allem aus Kleinst-, Klein- und mittleren Unternehmen zusammen. Auf diesen Sektor entfallen 75 Prozent der industriellen Produktion und 80 Prozent der Arbeitsplätze.
Der Wirtschaftswissenschaftler Zeca Morães war in der Landesregierung bis vor kurzem für Industrie und Handel zuständig. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der linksgerichteten "Partei der Arbeiter", der PT, die seit dem 1.Januar mit Luiz Inácio "Lula" da Silva den Präsidenten Brasiliens stellt.
1999 hatte die PT bereits im südlichen Bundesstaat Rio Grande do Sul mit seinen rund zehn Millionen Einwohnern die Regierung übernommen.
Die PT teilt nicht den globalisierten neoliberalen Glauben, dass man alles dem Markt überlassen kann und der Staat schlank werden müsse. Sie ist auch nicht wie der Internationale Währungsfonds davon überzeugt, dass ausländische Mega-Unternehmen die notwendige Vorbedingung für Entwicklung und Wohlstand sind. Das bedeute ja die öffentlichen Mittel auf wenige Großfirmen zu konzentrieren.
Gleich zu Beginn riskierte die neue Regierung in Rio Grande do Sul einen Konflikt mit zwei großen Autogiganten aus den USA: mit Ford und General Motors. Prinzipiell hat die PT nichts gegen Auslandsinvestitionen von Großunternehmen. Allerdings war sie nicht mit dem Subventionsregen der vorherigen konservativen Landesregierung einverstanden. Diese hatte die Automultis angelockt.
Die Regierung des Staates hatte sich verpflichtet, eine subventionierte Anleihe von 210 Millionen Dollar locker zu machen. Außerdem sollte der Staat für 230 Millionen Dollar Arbeiten ausführen, die normalerweise von privater Seite erledigt werden. So das Grundstück, auf dem Ford seine Hallen errichten wollte, zu erschließen und einen privaten Hafen mit Terminal zu bauen. Der Staat war also eine Verpflichtung von insgesamt 440 Millionen eingegangen. Zusätzlich war noch Steuerfreiheit vereinbart worden. Das hätte einen Steuerausfall von drei Milliarden Dollar bedeutet.
Unerträglich für einen Bundesstaat, der bereits 1, 2 Milliarden Dollar Schulden aufgehäuft hatte. Die PT-Regierung schlug Neuverhandlungen vor und eine größere Eigenbeteiligung der Multis. General Motors akzeptierte. Ford dagegen lehnte Nachbesserungen ab und gab den Standort auf.
Wir hielten es schließlich für angebrachter, mit den wenigen, zur Verfügung stehenden öffentlichen Geldern Unternehmen aus Rio Grande do Sul zu fördern - über ein öffentliches Netz von Dienstleistungen.
Die linke Regierung räumte fortan wirtschaftlichen Projekten, die einerseits die Produktion stärken, andererseits Arbeitsplätze schaffen, Priorität ein. Ohne ideologische Scheuklappen setzte sie vor allem auf den Mittelstand: Dort entstünden doch die meisten Jobs. Allerdings kämpfen viele Kleinunternehmer mit erheblichen Problemen - wie auch João Flesch erfuhr:
Die Zahlen, die der Staat vorgelegt hatte, waren eindeutig. Sie belegten, dass die Zahl der Unternehmen, die ihre Tore öffnen, aber schon nach kurzer Zeit wieder schließen, bislang sehr groß war: Von 100 Unternehmen erreichten höchstens drei oder vier Unternehmen eine Lebensdauer von fünf Jahren.
Aber auch alt eingesessene kleine und mittlere Firmen kämpften mit Problemen. Die Rezession setzte ihnen ebenso zu wie die Konkurrenz großer moderner Industrien und Supermarkt-Ketten.
Ein breit gefächertes Programm wurde daraufhin von der PT-Regierung entworfen. Fachmännische Beratung von der Administration bis zum Absatz, von Marketing bis Design. Weit über 20 000 Kleinst- und Kleinunternehmen haben das staatliche Förderangebot bislang angenommen. Die Fachberater kamen vor allem aus dem universitären Bereich. Im Bundesstaat gibt es mehr als ein Dutzend Hochschulen. Und diese wurden in das Programm integriert. Zeca Morães:
Wir haben mit diesen Universitäten Verträge unterzeichnet - im Rahmen eines Programms, das sich 'Unternehmerische Beratung’ nennt, finanziert vom Bundesstaat. In den jeweiligen Universitäten wurde ein Pool von Experten gebildet - aus den Bereichen der Wirtschaft, der Unternehmensadministration und des Produktionsablaufs. 25 Mannschaften von Fachleuten wurden so zusammengestellt - verstreut über das Gebiet des Bundesstaates.
Sie vereinbarten ein Treffen mit uns. Dabei sammelten sie Informationen und Daten aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens: Wie organisieren wir den Verkauf? Wie bestimmen wir den Preis unseres Produktes? Wie wird der Rohstoff eingekauft? Wie groß ist der Zeitraum zwischen Einkauf von Rohstoffen und Verkauf des Endprodukts? Wie wird das Produktprogramm der Fabrik verwaltet? Wie wird die Arbeit mit den Klienten abgewickelt? Aufgrund der so gewonnenen Daten entwickeln sie eine Diagnose für unser Unternehmen, gewonnen aufgrund der Evaluierung. Dann werden Vorschläge unterbreitet für die Bereiche, die am vordringlichsten erscheinen.
Berichtet João Flesch: Über einen Zeitraum von sechs Monaten kamen die Experten regelmäßig vorbei und erkundigten sich nach dem Stand der Innovationen.
Zusätzlich bot die Regierung mehrmonatige Kurse an: zu Fragen der strategischen Planung, zu Ressourcen, Marketing, Verkauf, Finanzen. - Kostenlos.
Das ist nun mal unendlich viel billiger als eine Consulting-Agentur, die ja bezahlt werden müsste. Deren Arbeit würde sicherlich umfassender, spezifischer und detaillierter ausfallen. Die Fachberater haben dazu einfach keine Zeit, müssen sie sich doch gleichzeitig um mehrere Unternehmen kümmern. Aber die Kosten sind nun mal sehr viel geringer. Das kann man einfach nicht vergleichen.
Auch die Mitarbeiter wurden in die Programme einbezogen. Die langen Öffnungs- und Arbeitszeiten in der Metzgerei waren unzumutbar.
Wir haben gelernt, die Arbeitszeit besser aufzuteilen. Wir haben eingesehen, dass jemand nicht hintereinander zwei Arbeitszeiten leisten kann. Diese Person wird zu Hause Probleme bekommen, sie wird nicht leistungsfähig sein.
Bevor die PT auf Landesebene an die Regierung kam, hatte sie bereits Erfahrungen auf kommunaler Ebene gesammelt. So in der Hauptstadt Porto Alegre, wo sie seit 1989 regiert.
Um wie viele Arbeitsplätze es denn ginge, wollte einer der Bürger wissen, als die französische Supermarkt-Kette "Carrefour" eine weitere Filiale in Porto Alegre bauen wollte.
Während in neoliberalen Zeiten normalerweise Jubel ausbricht bei jeder Auslandsinvestition, wollten die Bürger zunächst einmal wissen: Welche Kosten entstehen der Stadt? Und: Wie viele Jobs in kleineren umliegenden Geschäften, in Bäckereien und Metzgereien, werden vernichtet, weil sie der Konkurrenz nicht mehr gewachsen sind?
Porto Alegre praktiziert den Partizipativen Haushalt, eine Form der direkten Demokratie. In Versammlungen, die allen Bürgern offen stehen, werden die kommunalen Prioritäten festgelegt. Ob es nun um Bürgersteige, Kanalisation, Kulturzentren, Kindergärten oder auch Geschäfts- und Industrieansiedlungen geht. In Wirtschaftsfragen wird der Bürger nicht entmündigt. Im Gegenteil - der globale Trend, die Bürger immer mehr von wirtschaftlichen Entscheidungen auszuschließen und in kleine Kreise zu verlagern, ist hier gestoppt.
Die Diskussion um das Für und Wider der "Carrefour"-Ansiedlung zog sich über mehrere Jahre hin. Die Bürger waren stets über den Stand der Verhandlungen informiert, konnten ihre Einwände jederzeit vorbringen. Schließlich willigte "Carrefour" in eine Reihe von Auflagen ein. Neben Kindergärten und Zufahrtsstraßen auf eigene Rechnung muss "Carrefour" zehn Prozent der Verkaufsfläche für lokale Produkte freihalten, das heißt für Kleinunternehmen und Geschäfte.
Zeca Morães war schon in der Stadtregierung für Industrie und Handel zuständig, hat dort seine Erfahrungen für die Landespolitik gesammelt.
Zu Anfang haben wir noch andere Programme aus der Taufe gehoben: Zum Beispiel Messebeteiligungen zum Erschließen neuer Märkte im In- und Ausland.
Hinzu kamen technologische Pole, um kleinen und mittleren Unternehmen Innovationen zu ermöglichen. Im Rahmen des Programms "Solidarische Wirtschaft" wird Arbeitern, die besetzte Fabriken selbst verwalten, unter die Arme gegriffen.
Die Regierung hat Kosten sparende Kooperationen angeregt: Zwischen Metzgereien, Bäckereien, Buchhandlungen, Möbelgeschäften, Sägewerken, Hotels, Pensionen und Druckereien. Auch im Bereich der Schuhindustrie, die 80 Prozent der brasilianischen Schuhexporte bestreitet und fünf Prozent der weltweiten Produktion von Damenschuhen.
Unsere Schuhe haben viele Qualitäten, aber auf den internationalen Märkten werden sie zu einem viel niedrigeren Preis angeboten als italienische Schuhe. Der große Unterschied zwischen dem italienischen und unserem Produkt liegt in der Investition für Marketing und Design begründet. Wir haben jetzt ein Design-Center für Schuhe entwickelt. Damit wollten wir dem Design auf die Sprünge helfen.
Aber nicht nur im Aussehen lag manches im Argen. Mauro Camargo:
Ganz allein auf sich gestellt, weißt du nicht, wie man sich dem Markt mitteilen soll, beispielsweise, dass dein Fleisch billiger ist als in den großen Handelsketten. Der Kunde hat doch den Eindruck, beim Metzger sei es teurer.
Von den universitären Beratern wurde den neun Metzgereien der "Chefcarnes"-Kette empfohlen, eine Werbeagentur zu engagieren. Diese entwarf ein Plakat, ein Faltblatt und eine Logotype. Das Markenzeichen ist das Konterfei eines schnauzbärtigen lachenden Gauchos, der ein stilisiertes Fleischstück auf der Bratengabel balanciert.
Damit landete Mauro Camargo einen durchschlagenden Werbecoup - dreißig Tage vor der letzten Fußballweltmeisterschaft. Ein Sponsor, Lieferant von Holzkohle für Metzgereien, räumte "Chefcarnes" einen Platz in einer Sportsendung des Fernsehens ein. Live im Programm Felipe Solari, Trainer der brasilianischen Nationalmannschaft, begleitet vom Fitness-Trainer des späteren Weltmeisters.
Camargo präsentierte das Markenzeichen der Kette, verwies scherzend auf den Schnurrbart des Fitnesstrainers, der doch sehr dem Gaucho von "Chefcarnes" ähnele:
Da sagte er: tatsächlich, das stimmt. Und griff sich unser Faltblatt und hielt es in die Kamera. Er fügte noch hinzu: Nach der WM wird diese Werbung teurer.
Wie wichtig es doch gewesen sei, ein Faltblatt und eine Logotype zu haben, zeige dieser Fall, meint Camargo. Ohne Kooperation unter dem Einzelhändlern wäre das nicht möglich gewesen. Camargo brütet über weitere Verbesserungen, wie auch Flesch.
Unsere Fabrik ist noch nicht modern. Sie ist noch weit von dem entfernt, was man sich für seine Fabrik erträumt hat. Aber sie steht inzwischen auf einer entwickelteren Stufe als vor der Annahme des Programms.
Eine weitere Modernisierung hängt auch von weichen Krediten ab. Mit den privaten Banken ist das nicht zu machen. Nicht nur die Zinsen sind marktkonform.
Wenn Sie einen Kredit über 300 000 Reales wollen, dann verlangen sie Garantien im Werte von 600 000 Reales. Ein kleines Unternehmen wie das unsrige kann diese Garantie aber nicht beibringen, auch wenn wir das gesamte Vermögen des Unternehmens aufbieten würden.
Die PT-Regierung in Rio Grande do Sul hat die staatliche Bank nicht privatisiert, wie es die vorherige Regierung wollte und von internationalen Finanzinstitutionen gefordert wird.
Fleschs Plastikfabrik wurde kürzlich ein günstiger Kredit bewilligt. Er schwört inzwischen auf das Programm für kleine und mittlere Unternehmen.
Für die Beschäftigungskrise in Brasilien ist das sicherlich nicht die einzige Lösung, aber einer der Wege, die sich der Bundesregierung anbieten, ist die Kooperation mit kleinen und mittleren Unternehmen.
In der Plastikfabrik Fleschs sind sieben zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Heute sind dort 28 Arbeiter beschäftigt. Einen ähnlichen Erfolg meldet Camargo:
Bei den Arbeitskräften haben wir um 20 Prozent zugelegt. Die Kundschaft wuchs, weshalb wir neues Personal einstellen mussten.
Das Wachstum der verarbeitenden Industrie in Rio Grande do Sul übertraf in den letzten vier Jahren den brasilianischen Durchschnitt um das Doppelte. Weit über 100 000 Arbeitsplätze wurden durch die Förderung kleiner und mittlerer Firmen in Rio Grande do Sul geschaffen. Der Automulti Ford hatte sich verpflichtet, 1200 Arbeitsplätze zu garantieren.
Doch trotz der unbestreitbaren Erfolge hat die PT die Wahlen zur Landesregierung kürzlich knapp verloren. Das lag vor allem an einem heftigen parteiinternen Streits, der öffentlich im Wahlkampf ausgetragen wurde.
Auf die Erfahrungen im Süden Brasiliens kann nun Luiz Inácio "Lula" da Silva zurückgreifen. Der neue Präsident hat dem Hunger im größten Land Lateinamerikas den Kampf angesagt. Rund ein Drittel der 170 Millionen Brasilianer muss mit weniger als einem Euro pro Tag auskommen.
Der Kampf gegen die soziale Misere im größten Land Lateinamerikas hat auch mit der Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun. Die Förderung von kleineren Unternehmen könnte zum Abbau der Armut beitragen. Zumal alljährlich anderthalb Millionen junge Brasilianer auf den Arbeitsmarkt drängen. Nur zu häufig mit der Aussicht auf ein Leben ohne Job oder auf schlecht bezahlte Arbeit.
Es gibt viele, die wenig verdienen, aber nur wenige, die viel verdienen. Die Einkommensverteilung ist ein großes Problem in Brasilien. Dieses Problem wird eine Regierung auch nicht in drei, vier Jahren lösen können, denn die ungerechte Verteilung begann schon mit der Kolonisierung Brasiliens vor über 500 Jahren. Wunder sollte man nicht erwarten.
João Elton Flesch, ehemals Ingenieur in der Petrochemie, ist einer der Besitzer der kleinen Fabrik. Flesch stammt von deutschen Emigranten ab, spricht aber kein Wort Deutsch. Deutsche Einwanderer und Handwerksbetriebe haben das Gebiet in und um Neu-Hamburg geprägt. Novo Hamburgo galt lange als "Hauptstadt der Schuhe" oder wie es in einer Chronik heißt:
1969 gab es allein im Munizip Neu-Hamburg 289 Fabriken für die Herstellung der verschiedenartigsten Fußbekleidung.
Vor einigen Jahren hatte sich João Elton Flesch mit zwei Arbeitskollegen zusammengetan und eine Halle gemietet:
Wir wollten ein modernes Unternehmen sein, aber wir wussten nicht, wie man ein modernes Unternehmen aufbaut. Wir benötigten Beratung: für die Modernisierung auf technologischem Gebiet, im Bereich der Arbeitskräfte und in der Administration des Unternehmens.
Eines Tages suchten uns Leute von der Universität 'Unisinos’ auf. Sie hielten direkt vor unserer Fabrik und erklärten uns: - Es gibt ein Programm des Bundesstaates, das sieht so und so aus und nennt sich 'Unternehmerische Beratung’. Haben Sie Interesse an diesem Programm?
Flesch zögerte keinen Moment.
Knochen werden zersägt, Koteletts und Steaks vorbereitet. Hinter Glas liegen die verschiedensten Fleischwaren aus, appetitlich aufgereiht. Davor in einer mannshohen Kühltruhe Erfrischungsgetränke, ein Regal mit Weinflaschen und ein hölzernes Gestell voller Gewürze.
Der Fleischerladen gehört Mauro Abreu de Camargo aus Porto Alegre, der Hauptstadt des Bundesstaates Rio Grande do Sul. Die Metzgerei glich früher eher dem kunterbunten, ein wenig schmuddeligen Durcheinander eines Tante Emma-Ladens.
Wir verkauften sogar Seifenpulver. Zum Schluss wussten die Kunden gar nicht mehr, was hier eigentlich verkauft werden sollte.
Die Kunden blieben aus, auch in anderen Fleischereien. Einige Besitzer dachten an Aufgabe. Doch der 32-jährige Camargo tat sich mit einigen Metzgern zusammen; sie wurden bei der Regierung des Bundesstaates vorstellig.
Wir haben dann gemeinsam mit der Regierung eine Umfrage gestartet, um die Meinung der Hausfrauen zu erfahren. Frage: Weshalb kaufen sie nicht mehr in der Fleischerei ein? Das Ergebnis ließ mehrere Rückschlüsse zu: Sie kauften nicht mehr ein, weil es an Hygiene mangele, weil die äußere Aufmachung nicht ansprechend sei. - Ihnen fehlte es an Transparenz und Information über die Produkte.
Neun Metzgereien schlossen sich zur Kette "Chefcarnes" zusammen. Sie befolgten fortan die Ratschläge der von der Regierung beauftragten Experten der Universität.
Die Universität bot Kurse für Ladenbesitzer und für ihre Mitarbeiter an. Kurse über Kundenbetreuung und Verkauf und fürs Management. So konnten unsere Geschäfte professioneller geführt werden, wurden uns Instrumente an die Hand gegeben, zu denen normalerweise nur große Ketten und Unternehmen Zugang haben.
Selbst Weinproben hat Camargo inzwischen in seiner Metzgerei veranstaltet. Den Rebensaft konnten sie billiger erstehen, da sie gemeinsam als Einkäufer auftraten.
Die Lieferanten von Messern werden bald vorbeikommen, um den Kunden zu zeigen, welches Messer man am besten benutzt und wie man es schärft. Oder wir bringen den Kunden bei, wie man bestimmte Fleischstücke am besten würzt.
Unsere Industrie setzt sich vor allem aus Kleinst-, Klein- und mittleren Unternehmen zusammen. Auf diesen Sektor entfallen 75 Prozent der industriellen Produktion und 80 Prozent der Arbeitsplätze.
Der Wirtschaftswissenschaftler Zeca Morães war in der Landesregierung bis vor kurzem für Industrie und Handel zuständig. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der linksgerichteten "Partei der Arbeiter", der PT, die seit dem 1.Januar mit Luiz Inácio "Lula" da Silva den Präsidenten Brasiliens stellt.
1999 hatte die PT bereits im südlichen Bundesstaat Rio Grande do Sul mit seinen rund zehn Millionen Einwohnern die Regierung übernommen.
Die PT teilt nicht den globalisierten neoliberalen Glauben, dass man alles dem Markt überlassen kann und der Staat schlank werden müsse. Sie ist auch nicht wie der Internationale Währungsfonds davon überzeugt, dass ausländische Mega-Unternehmen die notwendige Vorbedingung für Entwicklung und Wohlstand sind. Das bedeute ja die öffentlichen Mittel auf wenige Großfirmen zu konzentrieren.
Gleich zu Beginn riskierte die neue Regierung in Rio Grande do Sul einen Konflikt mit zwei großen Autogiganten aus den USA: mit Ford und General Motors. Prinzipiell hat die PT nichts gegen Auslandsinvestitionen von Großunternehmen. Allerdings war sie nicht mit dem Subventionsregen der vorherigen konservativen Landesregierung einverstanden. Diese hatte die Automultis angelockt.
Die Regierung des Staates hatte sich verpflichtet, eine subventionierte Anleihe von 210 Millionen Dollar locker zu machen. Außerdem sollte der Staat für 230 Millionen Dollar Arbeiten ausführen, die normalerweise von privater Seite erledigt werden. So das Grundstück, auf dem Ford seine Hallen errichten wollte, zu erschließen und einen privaten Hafen mit Terminal zu bauen. Der Staat war also eine Verpflichtung von insgesamt 440 Millionen eingegangen. Zusätzlich war noch Steuerfreiheit vereinbart worden. Das hätte einen Steuerausfall von drei Milliarden Dollar bedeutet.
Unerträglich für einen Bundesstaat, der bereits 1, 2 Milliarden Dollar Schulden aufgehäuft hatte. Die PT-Regierung schlug Neuverhandlungen vor und eine größere Eigenbeteiligung der Multis. General Motors akzeptierte. Ford dagegen lehnte Nachbesserungen ab und gab den Standort auf.
Wir hielten es schließlich für angebrachter, mit den wenigen, zur Verfügung stehenden öffentlichen Geldern Unternehmen aus Rio Grande do Sul zu fördern - über ein öffentliches Netz von Dienstleistungen.
Die linke Regierung räumte fortan wirtschaftlichen Projekten, die einerseits die Produktion stärken, andererseits Arbeitsplätze schaffen, Priorität ein. Ohne ideologische Scheuklappen setzte sie vor allem auf den Mittelstand: Dort entstünden doch die meisten Jobs. Allerdings kämpfen viele Kleinunternehmer mit erheblichen Problemen - wie auch João Flesch erfuhr:
Die Zahlen, die der Staat vorgelegt hatte, waren eindeutig. Sie belegten, dass die Zahl der Unternehmen, die ihre Tore öffnen, aber schon nach kurzer Zeit wieder schließen, bislang sehr groß war: Von 100 Unternehmen erreichten höchstens drei oder vier Unternehmen eine Lebensdauer von fünf Jahren.
Aber auch alt eingesessene kleine und mittlere Firmen kämpften mit Problemen. Die Rezession setzte ihnen ebenso zu wie die Konkurrenz großer moderner Industrien und Supermarkt-Ketten.
Ein breit gefächertes Programm wurde daraufhin von der PT-Regierung entworfen. Fachmännische Beratung von der Administration bis zum Absatz, von Marketing bis Design. Weit über 20 000 Kleinst- und Kleinunternehmen haben das staatliche Förderangebot bislang angenommen. Die Fachberater kamen vor allem aus dem universitären Bereich. Im Bundesstaat gibt es mehr als ein Dutzend Hochschulen. Und diese wurden in das Programm integriert. Zeca Morães:
Wir haben mit diesen Universitäten Verträge unterzeichnet - im Rahmen eines Programms, das sich 'Unternehmerische Beratung’ nennt, finanziert vom Bundesstaat. In den jeweiligen Universitäten wurde ein Pool von Experten gebildet - aus den Bereichen der Wirtschaft, der Unternehmensadministration und des Produktionsablaufs. 25 Mannschaften von Fachleuten wurden so zusammengestellt - verstreut über das Gebiet des Bundesstaates.
Sie vereinbarten ein Treffen mit uns. Dabei sammelten sie Informationen und Daten aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens: Wie organisieren wir den Verkauf? Wie bestimmen wir den Preis unseres Produktes? Wie wird der Rohstoff eingekauft? Wie groß ist der Zeitraum zwischen Einkauf von Rohstoffen und Verkauf des Endprodukts? Wie wird das Produktprogramm der Fabrik verwaltet? Wie wird die Arbeit mit den Klienten abgewickelt? Aufgrund der so gewonnenen Daten entwickeln sie eine Diagnose für unser Unternehmen, gewonnen aufgrund der Evaluierung. Dann werden Vorschläge unterbreitet für die Bereiche, die am vordringlichsten erscheinen.
Berichtet João Flesch: Über einen Zeitraum von sechs Monaten kamen die Experten regelmäßig vorbei und erkundigten sich nach dem Stand der Innovationen.
Zusätzlich bot die Regierung mehrmonatige Kurse an: zu Fragen der strategischen Planung, zu Ressourcen, Marketing, Verkauf, Finanzen. - Kostenlos.
Das ist nun mal unendlich viel billiger als eine Consulting-Agentur, die ja bezahlt werden müsste. Deren Arbeit würde sicherlich umfassender, spezifischer und detaillierter ausfallen. Die Fachberater haben dazu einfach keine Zeit, müssen sie sich doch gleichzeitig um mehrere Unternehmen kümmern. Aber die Kosten sind nun mal sehr viel geringer. Das kann man einfach nicht vergleichen.
Auch die Mitarbeiter wurden in die Programme einbezogen. Die langen Öffnungs- und Arbeitszeiten in der Metzgerei waren unzumutbar.
Wir haben gelernt, die Arbeitszeit besser aufzuteilen. Wir haben eingesehen, dass jemand nicht hintereinander zwei Arbeitszeiten leisten kann. Diese Person wird zu Hause Probleme bekommen, sie wird nicht leistungsfähig sein.
Bevor die PT auf Landesebene an die Regierung kam, hatte sie bereits Erfahrungen auf kommunaler Ebene gesammelt. So in der Hauptstadt Porto Alegre, wo sie seit 1989 regiert.
Um wie viele Arbeitsplätze es denn ginge, wollte einer der Bürger wissen, als die französische Supermarkt-Kette "Carrefour" eine weitere Filiale in Porto Alegre bauen wollte.
Während in neoliberalen Zeiten normalerweise Jubel ausbricht bei jeder Auslandsinvestition, wollten die Bürger zunächst einmal wissen: Welche Kosten entstehen der Stadt? Und: Wie viele Jobs in kleineren umliegenden Geschäften, in Bäckereien und Metzgereien, werden vernichtet, weil sie der Konkurrenz nicht mehr gewachsen sind?
Porto Alegre praktiziert den Partizipativen Haushalt, eine Form der direkten Demokratie. In Versammlungen, die allen Bürgern offen stehen, werden die kommunalen Prioritäten festgelegt. Ob es nun um Bürgersteige, Kanalisation, Kulturzentren, Kindergärten oder auch Geschäfts- und Industrieansiedlungen geht. In Wirtschaftsfragen wird der Bürger nicht entmündigt. Im Gegenteil - der globale Trend, die Bürger immer mehr von wirtschaftlichen Entscheidungen auszuschließen und in kleine Kreise zu verlagern, ist hier gestoppt.
Die Diskussion um das Für und Wider der "Carrefour"-Ansiedlung zog sich über mehrere Jahre hin. Die Bürger waren stets über den Stand der Verhandlungen informiert, konnten ihre Einwände jederzeit vorbringen. Schließlich willigte "Carrefour" in eine Reihe von Auflagen ein. Neben Kindergärten und Zufahrtsstraßen auf eigene Rechnung muss "Carrefour" zehn Prozent der Verkaufsfläche für lokale Produkte freihalten, das heißt für Kleinunternehmen und Geschäfte.
Zeca Morães war schon in der Stadtregierung für Industrie und Handel zuständig, hat dort seine Erfahrungen für die Landespolitik gesammelt.
Zu Anfang haben wir noch andere Programme aus der Taufe gehoben: Zum Beispiel Messebeteiligungen zum Erschließen neuer Märkte im In- und Ausland.
Hinzu kamen technologische Pole, um kleinen und mittleren Unternehmen Innovationen zu ermöglichen. Im Rahmen des Programms "Solidarische Wirtschaft" wird Arbeitern, die besetzte Fabriken selbst verwalten, unter die Arme gegriffen.
Die Regierung hat Kosten sparende Kooperationen angeregt: Zwischen Metzgereien, Bäckereien, Buchhandlungen, Möbelgeschäften, Sägewerken, Hotels, Pensionen und Druckereien. Auch im Bereich der Schuhindustrie, die 80 Prozent der brasilianischen Schuhexporte bestreitet und fünf Prozent der weltweiten Produktion von Damenschuhen.
Unsere Schuhe haben viele Qualitäten, aber auf den internationalen Märkten werden sie zu einem viel niedrigeren Preis angeboten als italienische Schuhe. Der große Unterschied zwischen dem italienischen und unserem Produkt liegt in der Investition für Marketing und Design begründet. Wir haben jetzt ein Design-Center für Schuhe entwickelt. Damit wollten wir dem Design auf die Sprünge helfen.
Aber nicht nur im Aussehen lag manches im Argen. Mauro Camargo:
Ganz allein auf sich gestellt, weißt du nicht, wie man sich dem Markt mitteilen soll, beispielsweise, dass dein Fleisch billiger ist als in den großen Handelsketten. Der Kunde hat doch den Eindruck, beim Metzger sei es teurer.
Von den universitären Beratern wurde den neun Metzgereien der "Chefcarnes"-Kette empfohlen, eine Werbeagentur zu engagieren. Diese entwarf ein Plakat, ein Faltblatt und eine Logotype. Das Markenzeichen ist das Konterfei eines schnauzbärtigen lachenden Gauchos, der ein stilisiertes Fleischstück auf der Bratengabel balanciert.
Damit landete Mauro Camargo einen durchschlagenden Werbecoup - dreißig Tage vor der letzten Fußballweltmeisterschaft. Ein Sponsor, Lieferant von Holzkohle für Metzgereien, räumte "Chefcarnes" einen Platz in einer Sportsendung des Fernsehens ein. Live im Programm Felipe Solari, Trainer der brasilianischen Nationalmannschaft, begleitet vom Fitness-Trainer des späteren Weltmeisters.
Camargo präsentierte das Markenzeichen der Kette, verwies scherzend auf den Schnurrbart des Fitnesstrainers, der doch sehr dem Gaucho von "Chefcarnes" ähnele:
Da sagte er: tatsächlich, das stimmt. Und griff sich unser Faltblatt und hielt es in die Kamera. Er fügte noch hinzu: Nach der WM wird diese Werbung teurer.
Wie wichtig es doch gewesen sei, ein Faltblatt und eine Logotype zu haben, zeige dieser Fall, meint Camargo. Ohne Kooperation unter dem Einzelhändlern wäre das nicht möglich gewesen. Camargo brütet über weitere Verbesserungen, wie auch Flesch.
Unsere Fabrik ist noch nicht modern. Sie ist noch weit von dem entfernt, was man sich für seine Fabrik erträumt hat. Aber sie steht inzwischen auf einer entwickelteren Stufe als vor der Annahme des Programms.
Eine weitere Modernisierung hängt auch von weichen Krediten ab. Mit den privaten Banken ist das nicht zu machen. Nicht nur die Zinsen sind marktkonform.
Wenn Sie einen Kredit über 300 000 Reales wollen, dann verlangen sie Garantien im Werte von 600 000 Reales. Ein kleines Unternehmen wie das unsrige kann diese Garantie aber nicht beibringen, auch wenn wir das gesamte Vermögen des Unternehmens aufbieten würden.
Die PT-Regierung in Rio Grande do Sul hat die staatliche Bank nicht privatisiert, wie es die vorherige Regierung wollte und von internationalen Finanzinstitutionen gefordert wird.
Fleschs Plastikfabrik wurde kürzlich ein günstiger Kredit bewilligt. Er schwört inzwischen auf das Programm für kleine und mittlere Unternehmen.
Für die Beschäftigungskrise in Brasilien ist das sicherlich nicht die einzige Lösung, aber einer der Wege, die sich der Bundesregierung anbieten, ist die Kooperation mit kleinen und mittleren Unternehmen.
In der Plastikfabrik Fleschs sind sieben zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Heute sind dort 28 Arbeiter beschäftigt. Einen ähnlichen Erfolg meldet Camargo:
Bei den Arbeitskräften haben wir um 20 Prozent zugelegt. Die Kundschaft wuchs, weshalb wir neues Personal einstellen mussten.
Das Wachstum der verarbeitenden Industrie in Rio Grande do Sul übertraf in den letzten vier Jahren den brasilianischen Durchschnitt um das Doppelte. Weit über 100 000 Arbeitsplätze wurden durch die Förderung kleiner und mittlerer Firmen in Rio Grande do Sul geschaffen. Der Automulti Ford hatte sich verpflichtet, 1200 Arbeitsplätze zu garantieren.
Doch trotz der unbestreitbaren Erfolge hat die PT die Wahlen zur Landesregierung kürzlich knapp verloren. Das lag vor allem an einem heftigen parteiinternen Streits, der öffentlich im Wahlkampf ausgetragen wurde.
Auf die Erfahrungen im Süden Brasiliens kann nun Luiz Inácio "Lula" da Silva zurückgreifen. Der neue Präsident hat dem Hunger im größten Land Lateinamerikas den Kampf angesagt. Rund ein Drittel der 170 Millionen Brasilianer muss mit weniger als einem Euro pro Tag auskommen.
Der Kampf gegen die soziale Misere im größten Land Lateinamerikas hat auch mit der Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun. Die Förderung von kleineren Unternehmen könnte zum Abbau der Armut beitragen. Zumal alljährlich anderthalb Millionen junge Brasilianer auf den Arbeitsmarkt drängen. Nur zu häufig mit der Aussicht auf ein Leben ohne Job oder auf schlecht bezahlte Arbeit.
Es gibt viele, die wenig verdienen, aber nur wenige, die viel verdienen. Die Einkommensverteilung ist ein großes Problem in Brasilien. Dieses Problem wird eine Regierung auch nicht in drei, vier Jahren lösen können, denn die ungerechte Verteilung begann schon mit der Kolonisierung Brasiliens vor über 500 Jahren. Wunder sollte man nicht erwarten.