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Mobile Alleskönner

Telekommunikation. - In Barcelona begann heute der Mobile World Congress, die weltweit wohl wichtigste Fachmesse für den gesamten Mobilfunkbereich. Der Wissenschaftsjournalist Manfred Kloiber berichtet im Gespräch mit Marieke Degen.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Marieke Degen |
    Degen: Manfred Kloiber in Barcelona, fangen wir mit den Handys an, welche Neuerungen stellen die Hersteller vor?

    Kloiber: Ein Wort, Frau Degen, machte hier heute Morgen auf allen Pressekonferenzen der einschlägigen Hersteller die Runde: Touch – mit Touch sind die berührungsempfindlichen Bildschirme gemeint, die mittlerweile fest zur neuen Handy-Generation gehören. Man muss ziemlich eindeutig feststellen, dass eigentlich alle Handy-Fabrikanten Anleihen bei iPhone gemacht haben, das ja im letzten Jahr mit dem Touchscreen und einem neuen Bedienkonzept Furore machte. Mit dem Finger navigiert man auf dem Bildschirm durch die verschiedenen Möglichkeiten des Handys. Tasten sind nur noch spärlich vorhanden – alles wird über die Mattscheibe gesteuert. Hier hat übrigens ein Wettlauf um die Auflösung begonnen – die kleinen Bildschirme – kaum größer als zehn Zentimeter in der Diagonale – haben inzwischen eine Auflösung von 800 mal 400 Punkten. Das ist Fernseh-Qualität. Und auch die berührungsempfindliche Fläche hat jetzt eine enorm hohe Auflösung, so dass man mit sehr feinen Fingerbewegungen sehr genaue Einstellungen auf dem Handy vornehmen kann.

    Degen: Eröffnet denn der Touchscreen auch neue Möglichkeiten für das Handy? Kann man jetzt mehr machen mit einem Mobiltelefon als vorher?

    Kloiber: Klar ist, durch die fehlenden Tasten kann der Bildschirm natürlich größer werden, weil mehr Platz ist. Zusammen mit der enorm hohen Auflösung macht es dann auch tatsächlich Spaß, auf dem Handy fernzusehen. Hier gibt es übrigens auch eine spannende Technologie-Entwicklung. Es gibt ja zahlreiche Spezialtechnologien, um Fernsehen für das Handy auszustrahlen. DVB-H, DVB-SH sind da die Stichworte. Mittlerweile ist es aber so, dass moderne Handys auch das ganz normale digitale Fernsehen DVB-T empfangen können. Bislang haben da die Technologen behauptet, das ginge nicht, weil die Empfangssysteme zu rechenintensiv seien und deshalb der Fernsehspaß wegen leerer Akkus schnell vorbei sei. Offenbar geht’s doch – denn DVB-T auf dem Handy, das gibt es serienmäßig. Aber zurück zur Ausstattung der Handys – die Kamera mit fünf bis acht Megapixel gehört dazu und ein GPS-Empfänger für die Ortsbestimmung und Navigation ebenso. Wichtig ist auch ein separater Speicher für die ganzen Zusatzprogramme, die man sich demnächst herunterladen kann. Und ganz wichtig – ein Funkteil, das alle gängige Standards der zweiten und der dritten Generation beherrscht, damit man stets die beste Internet-Verbindung hat. Das drahtlose Internet und das Handy – das gehört, glaubt man der Mobilfunkbranche, ab sofort zusammen.

    Degen: Im Vorfeld der Messe in Barcelona wurde ja das G1 vorgestellt, das mit dem Google-Betriebssystem Android arbeitet. Wie wird das in der Branche beurteilt?

    Kloiber: Das G1 mit seinem offenen Betriebssystem Android auf Linux-Basis und auch schon das iPhone haben einen dramatischen Wechsel in der Plattformstrategie der Hersteller provoziert. Bislang wurden Handys mit einem Betriebssystem und Anwendungssoftware ausgestattet, die herstellereigen und mehr oder weniger statisch war. Was auf dem Handy drauf war, das blieb und mehr kam nicht dazu.

    Kloiber: Nun wird das so genannte Application-Providing-Modell favorisiert. Die Hersteller installieren auf ihren Handys eines der populären Betriebssysteme – zum Beispiel Android auf Linux-Basis oder Windows Mobile – und die Benutzer kaufen sich später dann die Anwendungen zusammen, die sie benötigen oder gerne hätten. Das hat Vorteile für alle im Mobilfunkgeschäft, in dem mittlerweile übrigens rund 900 Milliarden Dollar jährlich umgesetzt werden: Die Hersteller können billiger produzieren, weil sie ihre Geräte mit einer Standard-Plattform ausstatten. Die Software-Firmen – und die sind in diesem Jahr in Barcelona sehr präsent - können zielgenaue Anwendungen produzieren, die sie direkt an die Nutzer verkaufen, und die Mobilfunk-Provider verdienen zusätzlich am Transport und am Inkasso für die kleinen Helfer-Programme.