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Mobile Brennstoffzellen

Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzellen, die Wasserstoff tanken, haben gegenüber reinen batteriebetriebenen Elektroautos vor allem zwei Vorteile: höhere Reichweiten und kürzere Tank- oder Ladezeiten. Die Technologie zur Marktreife führen ist ein Ziel des 27 Millionen Euro schweren EU-Forschungsprojekts Hysys, das dieses Jahr ausläuft. An der Fachhochschule Esslingen zog man eine vorläufige Bilanz von Hysys.

Ferdinand Panik im Gespräch mit Ralf Krauter |
    Ralf Krauter: In Bonn reden heute also alle von Batterieautos. Aber da gab es auch noch dieses andere alternative Antriebskonzept? Viele Jahre lang schienen Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzellen, die Wasserstoff tanken, viel vielversprechender. Die Entwicklung der entsprechenden Brennstoffzellentechnologie wurde weltweit massiv vorangetrieben. Unter anderem auch im 27 Millionen Euro schweren EU-Forschungsprojekt Hysys, das dieses Jahr ausläuft. An der Fachhochschule Esslingen zog man heute eine vorläufige Bilanz. Anlass für mich, vor der Sendung mit Professor Ferdinand Panik vom Institut für Brennstoffzellentechnik zu sprechen, der lange Jahre die Entwicklung bei Daimler geleitet hat. Der Mann ist derzeit etwas heiser, das hören Sie gleich, weiß aber bestens Bescheid. Meine erste Frage an ihn war, wie sich die beiden Demonstrationsfahrzeuge, die im Rahmen des Hysys-Projektes gebaut werden sollen, von heutigen Autos unterscheiden.

    Ferdinand Panik: Hysys, das sind zwei Firmen. Da ist Daimler: Die bauen einen Sprinter, das ist ein Verteilerverkehrsfahrzeug. Der sieht von außen genauso aus wie der Sprinter mit dem Verbrennungsmotor, hat bloß halt einen elektrischen Antriebszug, das heißt, einen elektrischen Motor an der Hinterachse, der gespeist wird von einer Brennstoffzelle. Die Brennstoffzelle wird versorgt mit Wasserstoff als Kraftstoff. Die Brennstoffzelle wandelt den Wasserstoff in elektrische Energie und treibt damit den Sprinter an. Dadurch hat er keine Emissionen, auch keinen CO2-Ausstoß, fährt sehr komfortabel, sehr geräuscharm und mit gutem Drehmoment - das ist ganz, ganz wichtig - und mit hohem Wirkungsgrad. Das heißt, der Wirkungsgrad ist deutlich höher als bei Verbrennungsmotoren.

    Krauter: Und das zweite Prototypenfahrzeug? Daimler ist ja nur der eine beteiligte Hersteller.

    Panik: Das zweite Fahrzeug ist von Peugeot. Das ist eine Art Sport-Utility-Fahrzeug. Dort ist ein etwas anderes Antriebskonzept verwendet worden: Es ist auch ein elektrischer Antrieb, aber eine große Batterie, die ständig nachgeladen wird von einer Brennstoffzelle. Da spricht man von sogenannten Range-Extendern. Denn wir wissen, dass bei Batteriefahrzeugen die Reichweite sehr begrenzt ist. In der Regel kommt man so zwischen 60 und 120 Kilometern weit. Da dient die Brennstoffzelle [dazu], einfach ständig nachzuladen und damit die Reichweite zu verdoppeln.

    Krauter: Diese beiden Demonstratoren für Brennstoffzellenfahrzeuge der Zukunft sind ja nicht die ersten. Es gab schon Vorläufer von den genannten Firmen, aber auch von anderen. Bei Hysys ging es darum, die Technik wirklich zur Marktreise zu entwickeln und vor allem auch billiger zu machen, als Brennstoffzellensysteme heute sind. Wie nah ist man diesem Ziel denn tatsächlich gekommen.

    Panik: Man ist dem Ziel dadurch wirklich recht nahe gekommen, weil Ansatz von Hysys war, jetzt zu schauen, dass die Komponenten, die in einem Brennstoffzellenfahrzeug zu verbauen sind, und die, die in heutigen Hybridfahrzeugen oder Elektrofahrzeugen da sind, auf einer Plattform stehen. Das heißt, dass man jetzt genau hinguckt, wo können Gemeinsamkeiten gefunden werden.

    Ich gebe Ihnen ein Beispiel. In Brennstoffzellen habe ich gesagt, Wasserstoff ist Kraftstoff. Der muss quasi eingespritzt werden in die Brennstoffzelle. Da hat man eigene Sachen entwickelt. Jetzt versucht man im Rahmen des Hysys-Programmes, heutige Einspritzsysteme von Verbrennungsmotoren, die im Mehrkreisfahrzeug angewendet werden, zu nehmen und so leicht zu modifizieren, dass sie verwendet werden können. Genauso gut bei der Ladertechnik, also Kompressoren, die man beim Brennstoffzellensystem braucht, versucht man aus der Ladertechnik der Verbrennungsmotoren zu nehmen. Das heißt, man versucht einfach einmal Komponenten zu nehmen, die bereits vorhanden sind. Einmal, um damit eine breitere Stückzahlbasis zu bekommen und dadurch die Kosten zu senken. Zweitens, um dadurch auch sich Extraentwicklungen zu ersparen, die auch Geld kosten, und man nimmt, was halt vorhanden ist, auch im Markt verfügbar ist. Bei der Batterietechnik, bei den Elektromotoren ist das Elektronik, vor allen Dingen bei den Steuergeräten. Es versucht, Standards zu setzen und diese Standards so zu schaffen, dass sie nicht nur für die Brennstoffzelle richtig sind.

    Krauter: Das große Problem, Handicap bei Brennstoffzellenfahrzeugen ist: Irgendwo muss der Wasserstoff herkommen. Man muss eine aufwendige Infrastruktur neu schaffen. Es eben jetzt in dem allgemeinen Hype, den es um Elektroautos gerade gibt wie schon gehört, von Brennstoffzellen gar nicht mehr so viel die Rede ist. Die meisten reden von Batterieautos. Hat das Brennstoffzellenauto seine Zukunft schon hinter sich, bevor sie begonnen hat?

    Panik: Batterietechnik ist nicht neu, und die wird ihren Stellenwert haben. Batteriefahrzeuge sind auch emissionsfreie Fahrzeuge. Gerade für Innenstadtverkehr kann das eine Marktnische sein, die heute so nicht existiert. Deshalb steigt Daimler ja auch ein mit einem Smart, oder BMW ist mit Mini eingestiegen. Ist vernünftig, aber es gibt halt Naturgesetze, und die sorgen dafür, dass das Batteriefahrzeug eben mit einer Reichweite und Ladezeiten nicht über ein Marktnischensegment hinauskommen wird. Die Brennstoffzelle dagegen, die neue Generation der Fahrzeuge, die jetzt vorgestellt wurde schon von Toyota und Kia und Honda und von Daimler jetzt in der B-Klasse Ende des Jahres kommt, die haben Reichweiten wie normale Fahrzeuge, sogar Toyota 700 Kilometer Reichweite. Und sie haben Tankzeiten, die ähnlich sind den Tankzeiten heutiger Fahrzeuge, und sind einfach die Fahrzeuge, die mal eine Chance hätten, den Verbrennungsmotor im gesamten Bereich zu ersetzen. Aufgrund dieser strategischen Bedeutung, die ja viel breiter aufgestellt ist als bei Batteriefahrzeugen, setzen ja auch die großen Firmen drauf und investieren erhebliches Geld, um dieses Projekt zum Tragen zu bringen.

    Krauter: Inwiefern könnten Lastwagen auch eine interessante Nische für Brennstoffzellen werden? Da braucht man mehr Leistung, das ist auch ein Bereich, der mit Batterien wahrscheinlich immer schwer zugänglich sein wird.

    Panik: Also Lastwagen, oder machen wir: Nutzfahrzeuge - bisschen allgemeiner -, da sind die Verteilerfahrzeuge, die im Innenstadtbereich fahren, meiner Meinung nach erste Anwendungsmöglichkeiten für Brennstoffzellen - auch hier dürfte die Batterie in der Reichweite zu kurz sein - genau wie Stadtomnibusse. Lastwagen, die über Land fahren, da halte ich nach wie vor den Diesel für überlegen in diesem Bereich. Denn da kann er auch mal Bestpunkt fahren, dann hat er auch einen recht ordentlichen Wirkungsgrad. Der Verbrennungsmotor wird hier seine Position behalten und das Segment der Lastwagen -. in Amerika sagt man Coast-to-coast-Verkehr, der wird ihm vorbehalten bleiben. Und wenn dort auch aus Biomaterialien erzeugter Diesel eingesetzt werden kann, dann haben wir genau das Marktsegment gefunden, wo dieses angewendet werden kann. Aber in Zukunft, wenn Wasserstoff und Elektrizität ein ganz wesentlicher Energieträger werden - gerade wenn wir sehr aufs Regenerative gehen, wir wollen ja bis 2020 Windkraft und Fotovoltaik ausbauen auf 20 Prozent und mehr in Deutschland -, dann kommen wir ohne Wasserstoff als Zwischenspeicher gar nicht aus. Da wird Wasserstoff - Sie haben es vorhin gesagt, wird ein Problem sein - Wasserstoff wird da sein, wird verfügbar sein, aus ganz anderen Gründen als dem Straßenverkehr. Wir haben ihn verfügbar, weil wir es brauchen zum Auspuffern der natürlichen Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage beim Einsatz regenerativer Energien. Und dann haben wir wirklich auch dann auch den richtigen Abnehmer noch dazu, und das sind die Brennstoffzellenfahrzeuge. Und die werden dann wirklich die Leistungsklasse, sage ich mal, des Pkws abdecken. Da sind sie dann wirklich ein emissionsfreier Antrieb, der mit dem Kraftstoff sorgsam umgeht, hohen Wirkungsgrad hat, und vom Fahrkomfort sind sie natürlich als Elektrofahrzeuge fantastisch. Kein Geräusch und so weiter.

    Krauter: Wie geht es weiter mit dem Projekt Hysys?

    Panik: Ich hab's schon gesagt, jetzt werden die beiden Demonstratoren gebaut, die Systeme, die entwickelt worden sind, erprobt. Sie werden auf dem Prüfstand stehen. In dem Hysys-Programm waren ja viele Zulieferer wie Bosch, Conti, Magna mit im Boot. Die haben jetzt endlich mal die Standards gesetzt bekommen und die werden jetzt auf dieser Basis jetzt die nächste Generation von Brennstoffzellen bauen. Das wäre die dritte Generation, die erste Generation haben wir ja ausgeliefert. Daimler hat 60 Fahrzeuge ausgeliefert 2002, 2003 und 36 Busse. Das waren so die ersten Testfahrzeuge in Kunden. Jetzt kommen 2009, 2010 einige Hundert Fahrzeuge, und das wird noch mal das große Aha-Erlebnis werden. Und dann die nächste Generation für 2012, 2015 angesagt - man arbeitet ja da zeitlich zusammen, damit die Zulieferer auch eine gemeinsame Orientierung haben - da werden diese Sachen, die jetzt in Hysys erarbeitet worden sind, umgesetzt werden.