Dienstag, 21. Mai 2024

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Mobile Clip Festival
Handyfilme zwischen Kunst und Pädagogik

Das Mobile Clip Festival in der Villa Stuck ist ein Wettbewerb zwischen Kurzfilm und Kunst für junge Kreative bis 20 Jahre. Vom Amateur bis zum Filmstudent darf jeder mitmachen. Die Clips sind keine klassischen Kurzfilme. Mehr zerstückelte Eindrücke als abgeschlossene Geschichten, mehr Musik- und Klangbild als Bildsprache.

Von Julian Ignatowitsch | 01.12.2014
    Anne Marr: "Also ein Mobile Clip ist ganz einfach ein Film, der mit dem Handy aufgenommen wurde, und dem dadurch auch etwas Spontanes anhaftet."
    Kupser: "Es sollte unter zwei Minuten sein, die Länge; das muss kurz und knackig sein; das muss auf einem kleinen Display schön anzuschauen sein."
    Erklären Anne Marr und Thomas Kupser, Organisatoren des Mobile Clip Festivals München.
    Auf dem Bildschirm laufen die ersten Kurzclips: Alles färbt sich rot. Die Sonne geht als leuchtender Feuerball auf, die Blätter an den Bäumen wechseln genauso ihre Farbe wie die Fingernägel an der Hand. "Das große Rotwerden" heißt dieser Clip. Er ist einer von 20 Clips, die in der Finalrunde des Mobile Clip Festivals nominiert sind.
    Ein Wettbewerb zwischen Kurzfilm und Kunst, für junge Kreative bis 20 Jahre, vom Amateur bis zum Filmstudent darf jeder mitmachen.
    Kupser: "Ich würde es genauso viel in der Kunstwelt ansiedeln wie in der Filmwelt. Aber es würde eher auf einem Underdogs-Festival als auf der Berlinale laufen."
    In diesem Clip wurden Geräusche, die man mit einem Apfel machen kann, aneinander montiert. Ein typisches Beispiel für das, was am Mobile Clip besonders ist:
    Kupser: "Dass er schneller produziert ist; dass nicht so viel Aufwand dahintersteckt; dass sich Leute einfach überlegen, ja, das machen wir - und dann machen sie es auch, ohne lang darüber nachzudenken."
    Keine klassischen Kurzfilme
    Die Clips sind sicherlich keine klassischen Kurzfilme. Mehr zerstückelte Eindrücke als abgeschlossene Geschichten, mehr Experiment als Expertise, mehr Musik- und Klangbild als Bildsprache.
    Die meisten der Besucher sehen solche Mobile Clips zum ersten Mal, wissen nicht, was sie erwartet - und sind positiv überrascht.
    Ist das Kunst?
    "Einige davon schon, sie gehen in diese Richtung, haben die Ambition, Kunst zu sein oder zu werden. Das kann ja auch mit einem Reifeprozess zu tun haben. Vielleicht ist es jetzt noch keine Kunst, aber irgendwann wird man das sagen."
    "Ja, weil es einfach Ausdrucksformen, die Geschichten erzählen können."
    Es geht dabei auch um Medienerziehung für Kinder und Jugendliche. Wie kann ich mit meinem Handy aktiv und kreativ werden? Wie mit anderen zusammenarbeiten? Was kann ich von mir ins Internet stellen - und was lieber nicht?
    Kupser: "Das wirkliche Filmemachen machen immer noch sehr wenige. Das ist ein bisschen wie mit einem Stift: Die wenigsten malen damit ein Bild. So ist es mit dem Smartphone auch."
    Dass das Clipfestival im Museum Villa Stuck, inmitten der Hallen des Malers Franz von Stuck, stattfindet, zeigt, dass sich auch die Museen neuen Medien gegenüber öffnen. Museumsleiter Michael Buhrs:
    "Das erleichtert den Zugang und ist sicherlich für die Museen und Ausstellungshäuser ein interessantes Phänomen. Die Kameras werden kleiner, werden handlicher, und das kann man quer durch die Künstlerschaft verfolgen, dass aufgrund der Vereinfachung der technischen Themen eine große Offenheit und Neugier da ist, was sich mit den Medien anstellen lässt."
    Renommierte Künstler wie Stan Douglas oder Filmemacher wie Lorenzo Recio experimentieren bereits mit den Möglichkeiten von Tablets und Handy.
    Filmschulen schreiben Preise für kurze Handyfilme im Internet aus. Jeder kann mitmachen. Kosten und Profession sind kein echtes Hindernis mehr. Mithilfe von Apps kann man ganz einfach Special Effects oder Stop-Motion -Szenen erzeugen. Auch das, was man klassisch unter "Post-Production" fassen würde, zum Beispiel Schnitt und Ton, lässt sich ganz bequem an den mobilen Geräten umsetzen.
    Und dann gibt es mittlerweile sogenannte Vines, Sechssekundenclips als kürzeste Form des Kurzen, sie sind längst eine populäre Kommunikationsform auf Twitter und Facebook, gerade in den USA.
    Mobile Clips ergänzen die etablierte Film- und Kunstszene. Sie haben das Filmemachen demokratisiert und klassische Produktionswege überflüssig gemacht. Der technische Qualitätsverlust ist mittlerweile überschaubar. Und das Ergebnis ist bei sorgfältig produzierten Clips durchaus sehenswert.