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Mobile Stadien

Wegen des Eurovision Songcontest ist der Zweitligist Fortuna Düsseldorf gezwungen, seine letzten drei Heimspiele anderswo auszutragen. Die gewählte Lösung: Eine Arena aus dem Baukasten

Von Daniel Theweleit | 19.02.2011
    Ein Kran zieht das letzte Modul der Dachkonstruktion in die Luft. Angeseilte Arbeiter wuchten das schwere Bauteil in die Aufhängung, am Abend ist das Dach des Fußballstadions komplett. Keine sechs Wochen ist es her, da haben auf dem Rasen neben der großen Düsseldorfer Multifunktionsarena noch die Profis der Fortuna trainiert. Nun steht hier ein fast fertiges Fußballstadion für 20.168 Zuschauer. Am 15. März soll die Deutsche Fußball-Liga die Arena abnehmen. Bauzeit: weniger als zwei Monate. Bernd Helmstadt vom Schweizer Unternehmen, das die Arena baut, ist ziemlich stolz:

    "Sie haben also erst die Tribüne gebaut, dann die rückwärtige Dachscheibe und jetzt seit gestern werden die Dachteile, hochgehoben. Und gerade im Moment hebt man zwei Dachfelder hoch, die werden oben verankert verschraubt und verbolzt."

    In Düsseldorf wurde lange überlegt, wo die Fortuna ihre letzten Saisonspiele austragen soll. Der Flinger Broich, die Spielstätte aus Oberligazeiten, kam in Betracht. Doch dort wären aufwändige Umbaumaßnahmen nötig gewesen, um die Auflagen der DFL zu erfüllen. Also entschied die Stadt sich für die mobile Lösung. 2,8 Millionen Euro kostet das Projekt, finanziert aus Steuergeldern. Durch den Songcontest werde die Kommune ein Vielfaches der Investitionen wieder einnehmen, heißt es, Burkhard Hintzsche, der Sportdezernent der Stadt, preist die mobile Lösung als Sieg der Vernunft:

    "Also das Schöne an den Konzept ist eigentlich, das vorne weg, dass es eine nachhaltige Lösung ist, weil die verschiedenen Bauteile, die jetzt hier aufgestellt werden, die haben alle eine Zuwanderungsgeschichte. Sie sind zum Teil schon in Vancouver gestanden, zum Teil in Paderborn, zum Teil an anderen Orten. Und sie werden auch wenn die mobile Arena wieder abgebaut wird, wieder an anderen Orten stehen."

    170 Lastwagenladungen Material sind herangekarrt worden. Würstchenbuden, Umkleidekabinen, Presseraum und Container, die mit Marmorfußboden ausgestattet werden, damit die Gäste von den teuren Plätzen sich auch beim Halbzeitsnack wohl fühlen. Alles was so ein Stadion braucht. Es gibt sogar Pläne, den Namen der Arena für die drei Partien zu verkaufen, und vielleicht überleben ja einige der Bauteile von Düsseldorf bis zum Jahr 2022. Dann wird die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ausgetragen. Dort sind mobile Stadien ein grundlegendes Element des WM-Konzeptes. Helmstadt hat an den Bewerbungsunterlagen des Emirats mitgearbeitet.

    "Es ist auch der feste Plan nicht alle Stadien in dieses kleine Land fest zu installieren, es gibt eine gewisse Anzahl, die ist noch nicht ganz festgelegt, man spricht von vier bis fünf, vielleicht auch sechs Stadien, die komplett wieder demontiert werden, und dann in Afrika oder sonst irgendwo installiert werden. Die Nachhaltigkeit bei den Weltmeisterschaften und Olympiaden ist inzwischen wichtig, weil keiner will ja fünf Jahre später irgendwelche Bauruinen besichtigen müssen. Und da sind wir auf einem guten Weg, Katar wir da sicher ein Meilenstein sein, aber auch in Russland denkt man darüber nach, nicht alle Sportstätten auf diese Größe aufzubauen, sondern sie geschickt für die WM ergänzen."

    In Katar wird allerdings nicht das eher provisorisch anmutende Gerüstbauverfahren von Düsseldorf zur Anwendung kommen, sondern eine modulare Stahlbauweise, die sich für eine langfristige Nutzung eignet. In Äquatorial Guinea und Libyen, wo die Afrikameisterschaften 2012 und 2013 stattfinden, entstehen schon jetzt solche Arenen. In Wiesbaden wurde fest installiertes Stahlstadion innerhalb von 112 Tagen gebaut, in Fachkreisen ist von der Zukunft des Sportstättenbaus die Rede. Im Bewusstsein des Fußballmainstreams kommen solche Lösungsansätze allerdings erst langsam an. Dirk Dufner, der Sportdirektor des SC Freiburg, dem einzigen Bundesligisten, der im Moment einen Stadionbau plant, ist jedenfalls überrascht, als er von den neuen Möglichkeiten hört.

    "Sie erwischen mich jetzt auf einem durchaus wackeligen Bein, weil ich nicht der Fachmann für diese Art von Stadien bin, idealerweise wollen wir natürlich ein Stadion der herkömmlichen Art und Weise. Mit dieser Art von Stadion haben wir uns noch nicht beschäftigt, aber man könnte es ja mal tun, vielleicht hat es auch einen gewissen Sinn für uns."

    Die Branche wird gespannt nach Düsseldorf schauen, wenn die Fortuna Mitte April erstmals in der neuen Arena spielt.