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Mobiler Campus in Containern

In Mülheim an der Ruhr wird vom kommenden Wintersemester an in Baucontainern studiert. Im Jahr 2009 ist dort die neue Fachhochschule Ruhr-West gegründet worden und zunächst in den Räumen eines Technologieparks untergebracht worden. Die reichen mittlerweile nicht mehr, weil die junge Hochschule überproportional schnell steigende Studierendenzahlen hat.

Von Andrea Groß |
    Container um Container setzt der Kran neben- und aufeinander. Am Ende sollen drei Baukörper entstehen; jeder von ihnen ein dreistöckiger, lang gestreckter Riegel. Die Baucontainer, die auch so aussehen, werden später als Büros für Lehrkräfte und Verwaltungsangestellte dienen. Allerdings braucht die Hochschule Ruhr West - auch für den Übergang - Hörsäle, Bibliotheken und eine Mensa. Die müssen logischerweise höher und breiter sein, als ein Baucontainer. Projektleiter Theo Höckesfeld erklärt, wie das funktioniert. Theo Höckesfeld, Projektleiter:

    "Wenn sie sich einen Schuhkarton vorstellen und sie haben im Prinzip nur an jeder Ecke eine Stütze stehen, einen sogenannten Rahmen. Dieser Rahmen ist für alle Module der gleiche, er wird halt in jedem Bereich anders definiert. Wir haben jeden Container definiert und er hat mal eine Decke, mal eine Seitenwand, hat mal einen Fußboden und auch mal nicht. Und durch die Zusammensetzung, durch die Multiplikation der einzelnen Module schaffe ich halt Räume, wo ich bis zu 100 Leute reinbekommen."

    Nicht nur die Begrenzungen der Container sind definiert, sondern auch Steckdosen, Heizungen und Wasseranschlüsse müssen an den richtigen Stellen sein. Deshalb können die Module auch nicht einfach aufeinandergestapelt werden, sondern jedes hat seinen ganz bestimmten Platz. Knapp 850 Container sollen insgesamt verbaut werden. In dieser Größenordnung hat Theo Höckesfeld das noch nie gemacht. Er ist aber zuversichtlich, weil das erste Gebäude bereits fertig ist. Theo Höckesfeld:

    "Die Toilettenanlagen sind komplett drin, die Behinderten-WCs sind drin, Aufzüge - alle diese Dinge sind komplett vorgefertigt und werden über einen Kran aufeinandergesetzt und eingebunden."

    Wenn im März das Sommersemester anfängt, sollen drei Gebäude des mobilen Campus in Mülheim in Betrieb genommen werden. Hinsichtlich Brandschutz und anderer Sicherheitsbestimmungen werden dann die gleichen Standards gelten, wie bei jedem anderen Neubau. Es werden aber immer noch Container sein. Den Studierenden macht das ein bisschen Sorge. Studieren in Containern, meint Stephan Florian Bravin, Sprecher des Studierendenparlaments, das empfinden viele seiner Kommilitonen als Käfighaltung. Stephan Florian Bravin, Studierendensprecher:

    "Einfach eingesperrt sein, und nicht mehr rauskönnen. Aber ich glaube, wenn sie es dann vor Ort sehen, werden sie auch sehen, dass das eigentlich nicht so ist."

    Dass die Hochschule Ruhr West jung sei und sich selbst und ihren Standort erst einmal finden müsse, sei schließlich jedem klar gewesen, meint der Studierendensprecher. Dass dabei Kompromisse gemacht werden müssen, sei ebenso selbstverständlich. Und solange sich das auf übergangsweise Räumlichkeiten beschränke, sei dagegen eigentlich nichts einzuwenden. Stephan Florian Bravin:

    "Solange die Lehre gut ist, und wir die Ergebnisse bekommen, die wir brauchen, können wir auch mit diesen Kompromissen einfach umgehen."

    In seinem Lehrkörper muss Eberhard Menzel, Präsident der Hochschule Ruhr-West keine Bedenken zerstreuen. Im Gegenteil. Die neuen provisorischen Räumlichkeiten sind dort hochwillkommen:

    "Wir platzen hier aus allen Nähten. Unser naturwissenschaftliches Institut, da müssen wir jetzt schon die Professoren vertrösten bis zum 1.3., weil wir für die keinen Platz haben."

    Vom Bürofenster des Präsidenten blickt man auf ein Industrieareal. Mehrere Firmen hatten der neu gegründeten Hochschule hier Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, bis diese ihren eigenen Neubau beziehen kann. Da die Studierendenzahl im vergangenen Jahr aber von 300 auf über 800 angestiegen ist, wird es insgesamt langsam, aber sicher zu eng. Ohnehin rechnet die Hochschule mit mehr als 3000 Studierenden in Mülheim, wenn alle Jahrgänge belegt sind. Die Studierendenzahl einzufrieren und erst dann aufzustocken, wenn der endgültige Campus fertig ist, wäre nicht möglich gewesen. Eberhard Menzel, Präsident HRW:

    "Das wäre aus dem Grunde nicht gegangen, wir sind ja als eine der MINT-Hochschulen in erster Linie deswegen gegründet worden, um den doppelten Abiturjahrgang 2013 und 2014 irgendwie mit zu bearbeiten."

    Der mobile Containercampus soll Platz bieten für 1500 Studierende. Präsident Eberhard Menzel ist sicher, dass das reicht.