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Mobilfunk auf dem Prüfstand

Für Aufregung sorgte eine Meldung der Europäischen Umweltagentur im vergangenen September, die eindringlich vor den Gefahren elektromagnetischer Strahlung durch WLAN-Netzwerke oder Mobiltelefone warnte. Die "Süddeutsche Zeitung" griff damals die gleiche Studie deutlich unaufgeregter und weniger warnend auf. Heute stellte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel den derzeitigen Stand der Wissenschaft vor.

Von Dieter Nürnberger |
    Die heutige Botschaft des Bundesumweltministers ist recht eindeutig. Sigmar Gabriel (SPD) präsentierte die Bilanz eines sechsjährigen Forschungsprogramms, welches vom Bundesamt für Strahlenschutz betreut wurde. Dieses Deutsche Mobilfunkforschungsprogramm hat Kosten in Höhe von 17 Millionen Euro verursacht, zur Hälfte übrigens finanziert von den Betreibern der Mobilfunknetze in Deutschland. Und die Botschaft lautet, dass vielerorts bestehende Befürchtungen zu möglichen Gesundheitsgefahren des Mobilfunks nicht bestätigt wurden. Sigmar Gabriel:

    "Die zu Beginn des Forschungsvorhabens bestehenden Hinweise auf mögliche Risiken unterhalb der gängigen Grenzwerte der 26. Bundesemissionsschutz-Verordnung konnten nicht bestätigt werden. Auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern unterhalb der Grenzwerte und auch unspezifische Gesundheitsbeschwerden wie etwa Kopfschmerzen oder Schlafstörungen - sogenannte Elektrosmog-Sensibilität - waren nicht nachweisbar. In der Gesamtbewertung decken sich die Ergebnisse des deutschen Mobilfunkforschungsprogramms mit denen anderer Projekte im Ausland."

    Mit der Studie sollte also auch geklärt werden, ob die geltenden Grenzwerte die Bevölkerung ausreichend vor der Mobilfunkstrahlung schützen können. Diese Studie, so Sigmar Gabriel, habe nun die wissenschaftlichen Erkenntnisse über gesundheitliche Wirkungen der elektromagnetischen Felder des Mobilfunks wesentlich verbessert. Und somit werden die Konsequenzen aus der Studie auch nur recht minimal sein, so der Bundesumweltminister:

    "Vor diesem Hintergrund hält die Bundesregierung an den geltenden Grenzwerten fest. Wir werden allerdings mit der Neufassung des Umweltgesetzbuches die Grenzwerte verändern. Wir lassen in Zukunft generell die Grenzwerte zwischen 0 Herz und 300 Gigaherz gelten, sodass wir über alle Frequenzen hinweg diese Grenzwerte verankert haben."

    Die Studie hat also keine Hinweise auf ein mögliches Krebsrisiko durch intensive Nutzung des Mobilfunktelefons gefunden. Norbert Leitgerb von der Strahlenschutzkommission:

    "Es hat trotz dieser intensiven Bemühungen sozusagen keine neuen Leichen im Keller gegeben. Wir haben also in verschiedene Richtungen geforscht. Die zu Forschungsbeginn offenen Fragen wurden intensiv bearbeitet. Wir können sie heute sehr viel besser beantworten. Es ist allerdings auch nicht alles endgültig beantwortet. Aber wir haben die Erkenntnis, dass es keine neuen Gefährdungspotenziale gibt, wir sie auch nicht gefunden haben."
    Noch nicht endgültig beantwortet sei etwa die Frage, ob diese Strahlungen mit den festgelegten Grenzwerten eventuell Kindern gefährlich werden könnten. Darüber wurde auch auf der Pressekonferenz des Ministers noch etwas gestritten. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, BUND, verteilte beispielsweise ein Flugblatt, worin die Forschungsergebnisse als "zwiespältig" angezweifelt wurden. Hierin wird ein Handy-Verbot für Kinder gefordert. Wolfgang Weiß vom Bundesamt für Strahlenschutz konterte:

    "Wenn es ein solches Risiko geben sollte, dann ist die Wissenschaft, so wie sie sich derzeit aufgestellt hat, nicht in der Lage, dies zu sehen. So gering ist dieses Risiko. Das ist die Situation."

    Bundesumweltminister Sigmar Gabriel versicherte zudem, dass die Forschung, mit der Bekanntgabe der heutigen Ergebnisse, auch nicht beendet sei. Man forsche natürlich weiter - so der Minister. Er forderte alle Beteiligten auf, der Wissenschaft zu glauben, nur so lasse sich seriös diskutieren.

    Und es gäbe zudem auch strahlungsärmere Handys auf dem Markt, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel, dem Umweltzeichen. Dies könnte für Eltern eine Alternative darstellen.