• Musikbeispiel: Jehan de Lescurel - Bontés, sen, valours et pris
Das Ziel dieser Aufnahme war es, so Ken Zuckerman, die Ähnlichkeiten zweier musikalischer Welten hörbar zu machen und in einen Dialog miteinander zu bringen:
Die weit zurückliegende und wieder ins klingende Leben gerufene Musikkultur des europäischen Mittelalters und die alte, aber immer noch lebendige Tradition der nordindischen Musik. Zwei Welten, die zwar durch räumliche und zeitliche Distanz getrennt, aber durch gemeinsame Merkmale miteinander verbunden sind.
Ein, um es vorweg zu sagen, sehr überzeugendes und gelungenes Unternehmen, das wenig mit den oft modischen und etwas gewollten "Crossover"-Projekten gemein hat.
Hier zu Beginn die Anfang des 14. Jahrhunderts entstandene Ballade "Bontés, sen, valours et pris" von Jehan de Lescurel. Während in den meisten Abschnitten dieser Einspielung, die in vier Modi unterteilt ist, mittelalterliche Gesänge und indische Ragas abwechseln, wird in diesem Stück beides miteinander vereint.
"Güte, Verständnis, Wert und Vortrefflichkeit", so heißt es im Text, "freundlicher Blick,/ vereint einem süssen Antlitz,/ edles Gebaren,/ überragende Schönheit/ lassen mich mit unwandelbarer Liebe/ eine Dame lieben,/ dafür danke ich Amor sehr."
Dass die europäische Kunst des Mittelalters ihre Wurzeln in nahöstlichen Traditionen hat, das ist der Ansatz, von dem die Musiker hier ausgehen. Die klassische Tradition der nordindischen Musik, deren Anfänge bis ins Altertum zurückverfolgt werden können, ist, so Zuckerman, gekennzeichnet vom Festhalten an ihren eigenen Ursprüngen und gleichzeitig von der Offenheit gegenüber Einflüssen aus anderen Kulturen. Sie basiert auf einem Wechselspiel von Raga (Melodie) und Tala (Rhythmus), wobei die Improvisationen festgelegten Mustern folgen, aber kreative Gestaltung ermöglichen.
Die heute noch gültigen Formen, eine Vermischung aus hinduistischer und islamischer Kunst, hatten ihre Blütezeit im 16. Jahrhundert, während der Herrschaft des Großmoguls Akbar.
Wurde die indische Musik über viele Generationen hinweg vom Lehrer zum Schüler weitergegeben, ist der Interpret mittelalterlicher, europäischer Musik heute auf schriftliche, oft nur rudimentär erhaltene Quellen angewiesen. Diese geben jedoch zumeist weder einen Hinweis auf die Instrumentierung noch auf die Aufführungspraxis damaliger Zeit, so dass der Musiker oder Sänger zwangsläufig auch zu einem "Nachschöpfer" dieser Werke wird. Dass hierbei auch Ornamentierung und Improvisation zur lebendigen Gestaltung unabdingbar sind, hat sich erst mit der Zeit durchsetzen können. Eine weitere gemeinsame Basis zwischen beiden Musiktraditionen ist der tonale Modus, durch den Strukturtöne, melodische Floskeln, und, so Zuckerman, bis zu einem gewissen Grade sogar emotionale Stimmungen und damit inhaltliche Komponenten vorgeprägt sind. Und obwohl sich die Tonsysteme unterscheiden, liegen doch in den Mitteln der musikalischen Gestaltung Gemeinsamkeiten.
Ken Zuckerman verbindet die beiden Welten, in dem er sowohl auf der indischen Sarod wie auf der westlichen Plektrum-Laute spielt. Dabei unterstützt wird er durch traditionelles Schlagzeugspiel der indischen und persischen Traditionen.
Hier ein sephardisches Lied und anschließend eine Improvisation von Zuckerman , jeweils im phrygischen Modus. "Ven querida"- "Komm' Ersehnte, komm' Geliebte,/ komm ans Ufer des Meeres. Komm', ich erzähle Dir von meinem Unglück,/ das Dich zum Weinen bringt. "
• Musikbeispiel: - Sephardisch/Trad.: Ven querida - Ken Zuckerman: Improvisation
Dominique Vellard und Ken Zuckerman sind in ihren musikalischen Entwicklungen stark von der Auseinandersetzung mit außereuropäischer Musik geprägt. Beide unterrichten in der Mittelalterabteilung der Schola Cantorum Basiliensis und vollziehen heute erneut den Dialog der Kulturen, den Austausch zwischen Okzident und Orient, wie er im Mittelalter gepflegt wurde. Dominique Vellard ist außerdem Gründer und Leiter des Ensembles Gilles Binchois und seit 1991 künstlerischer Leiter des Festivals "Les Rencontres Internationales de Musique Médiévale du Thoronet".
Ken Zuckerman wurde in den USA geboren und gilt als einer der versiertesten Sarod-Spieler der Gegenwart. Er studierte dieses 25-saitige Zupfinstrument mehr als 30 Jahre lang bei dem legendären indischen Meister Ali Akbar Khan und begleitete ihn, als erster westlicher Musiker, auf vielen Tourneen in Indien, Europa und den USA. Er leitet das Ali Akhbar College of Music in Basel und unterrichtet an der Schola auch klassische nordindische Musik. Als Lautenist war er Schüler von Thomas Binkley, Eugen Müller Dombois, Paul O'Dette und Hopkinson Smith. Einen besonderen Ruf bekam er als Experte auf dem Gebiet der Improvisation mittelalterlicher Musik.
Dominique Vellard und Ken Zuckerman arbeiteten in dieser herausragenden Produktion mit dem weltweit bekannten Tabla-Spieler Swapan Chaudhuri und dem vielseitigen Spieler des iranischen Zarb Keyan Chemirani zusammen.
Hören Sie sie zum Abschluss noch mit einem gregorianischen Gesang und zwei anschließenden Ragas. "Universi qui te expectant", "Keiner wird zuschanden, Herr, der Deiner harrt./ Zeige mir, Herr, Deine Wege und lehre mich Deine Pfade."
• Musikbeispiel: - Gregorianischer Gesang: Universi qui te expectant - Trad.: Indischer Raga "Bhimpalashri"
Titel: "Meeting – Two Worlds of Modal Music”
Solisten: Dominique Vellard, Ken Zuckerman, Swapan Chaudhuri, Keyvan
Chemirani
Label: Harmonia Mundi
Labelcode: LC 07045
Bestell-Nr.: HMC 905261
Das Ziel dieser Aufnahme war es, so Ken Zuckerman, die Ähnlichkeiten zweier musikalischer Welten hörbar zu machen und in einen Dialog miteinander zu bringen:
Die weit zurückliegende und wieder ins klingende Leben gerufene Musikkultur des europäischen Mittelalters und die alte, aber immer noch lebendige Tradition der nordindischen Musik. Zwei Welten, die zwar durch räumliche und zeitliche Distanz getrennt, aber durch gemeinsame Merkmale miteinander verbunden sind.
Ein, um es vorweg zu sagen, sehr überzeugendes und gelungenes Unternehmen, das wenig mit den oft modischen und etwas gewollten "Crossover"-Projekten gemein hat.
Hier zu Beginn die Anfang des 14. Jahrhunderts entstandene Ballade "Bontés, sen, valours et pris" von Jehan de Lescurel. Während in den meisten Abschnitten dieser Einspielung, die in vier Modi unterteilt ist, mittelalterliche Gesänge und indische Ragas abwechseln, wird in diesem Stück beides miteinander vereint.
"Güte, Verständnis, Wert und Vortrefflichkeit", so heißt es im Text, "freundlicher Blick,/ vereint einem süssen Antlitz,/ edles Gebaren,/ überragende Schönheit/ lassen mich mit unwandelbarer Liebe/ eine Dame lieben,/ dafür danke ich Amor sehr."
Dass die europäische Kunst des Mittelalters ihre Wurzeln in nahöstlichen Traditionen hat, das ist der Ansatz, von dem die Musiker hier ausgehen. Die klassische Tradition der nordindischen Musik, deren Anfänge bis ins Altertum zurückverfolgt werden können, ist, so Zuckerman, gekennzeichnet vom Festhalten an ihren eigenen Ursprüngen und gleichzeitig von der Offenheit gegenüber Einflüssen aus anderen Kulturen. Sie basiert auf einem Wechselspiel von Raga (Melodie) und Tala (Rhythmus), wobei die Improvisationen festgelegten Mustern folgen, aber kreative Gestaltung ermöglichen.
Die heute noch gültigen Formen, eine Vermischung aus hinduistischer und islamischer Kunst, hatten ihre Blütezeit im 16. Jahrhundert, während der Herrschaft des Großmoguls Akbar.
Wurde die indische Musik über viele Generationen hinweg vom Lehrer zum Schüler weitergegeben, ist der Interpret mittelalterlicher, europäischer Musik heute auf schriftliche, oft nur rudimentär erhaltene Quellen angewiesen. Diese geben jedoch zumeist weder einen Hinweis auf die Instrumentierung noch auf die Aufführungspraxis damaliger Zeit, so dass der Musiker oder Sänger zwangsläufig auch zu einem "Nachschöpfer" dieser Werke wird. Dass hierbei auch Ornamentierung und Improvisation zur lebendigen Gestaltung unabdingbar sind, hat sich erst mit der Zeit durchsetzen können. Eine weitere gemeinsame Basis zwischen beiden Musiktraditionen ist der tonale Modus, durch den Strukturtöne, melodische Floskeln, und, so Zuckerman, bis zu einem gewissen Grade sogar emotionale Stimmungen und damit inhaltliche Komponenten vorgeprägt sind. Und obwohl sich die Tonsysteme unterscheiden, liegen doch in den Mitteln der musikalischen Gestaltung Gemeinsamkeiten.
Ken Zuckerman verbindet die beiden Welten, in dem er sowohl auf der indischen Sarod wie auf der westlichen Plektrum-Laute spielt. Dabei unterstützt wird er durch traditionelles Schlagzeugspiel der indischen und persischen Traditionen.
Hier ein sephardisches Lied und anschließend eine Improvisation von Zuckerman , jeweils im phrygischen Modus. "Ven querida"- "Komm' Ersehnte, komm' Geliebte,/ komm ans Ufer des Meeres. Komm', ich erzähle Dir von meinem Unglück,/ das Dich zum Weinen bringt. "
• Musikbeispiel: - Sephardisch/Trad.: Ven querida - Ken Zuckerman: Improvisation
Dominique Vellard und Ken Zuckerman sind in ihren musikalischen Entwicklungen stark von der Auseinandersetzung mit außereuropäischer Musik geprägt. Beide unterrichten in der Mittelalterabteilung der Schola Cantorum Basiliensis und vollziehen heute erneut den Dialog der Kulturen, den Austausch zwischen Okzident und Orient, wie er im Mittelalter gepflegt wurde. Dominique Vellard ist außerdem Gründer und Leiter des Ensembles Gilles Binchois und seit 1991 künstlerischer Leiter des Festivals "Les Rencontres Internationales de Musique Médiévale du Thoronet".
Ken Zuckerman wurde in den USA geboren und gilt als einer der versiertesten Sarod-Spieler der Gegenwart. Er studierte dieses 25-saitige Zupfinstrument mehr als 30 Jahre lang bei dem legendären indischen Meister Ali Akbar Khan und begleitete ihn, als erster westlicher Musiker, auf vielen Tourneen in Indien, Europa und den USA. Er leitet das Ali Akhbar College of Music in Basel und unterrichtet an der Schola auch klassische nordindische Musik. Als Lautenist war er Schüler von Thomas Binkley, Eugen Müller Dombois, Paul O'Dette und Hopkinson Smith. Einen besonderen Ruf bekam er als Experte auf dem Gebiet der Improvisation mittelalterlicher Musik.
Dominique Vellard und Ken Zuckerman arbeiteten in dieser herausragenden Produktion mit dem weltweit bekannten Tabla-Spieler Swapan Chaudhuri und dem vielseitigen Spieler des iranischen Zarb Keyan Chemirani zusammen.
Hören Sie sie zum Abschluss noch mit einem gregorianischen Gesang und zwei anschließenden Ragas. "Universi qui te expectant", "Keiner wird zuschanden, Herr, der Deiner harrt./ Zeige mir, Herr, Deine Wege und lehre mich Deine Pfade."
• Musikbeispiel: - Gregorianischer Gesang: Universi qui te expectant - Trad.: Indischer Raga "Bhimpalashri"
Titel: "Meeting – Two Worlds of Modal Music”
Solisten: Dominique Vellard, Ken Zuckerman, Swapan Chaudhuri, Keyvan
Chemirani
Label: Harmonia Mundi
Labelcode: LC 07045
Bestell-Nr.: HMC 905261