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Modeblogger
Schnell und nah am Kunden

Wer gibt in der Modebranche den Ton an? Bisher waren es vor allem renommierte Modezeitschriften wie "Vogue", "Elle" oder "Grazia". Ihr Urteil über eine Kollektion bestimmte den Markt. Das hat sich geändert - durch Modeblogger.

Von Sarah Tschernigow | 14.01.2014
    Die schwedische Bloggerin Kenza Zouiten steht in einem weißen Kleid auf der Berlin Fashion Week.
    Die schwedische Bloggerin Kenza Zouiten hat den Preis für das einflussreichste Modeblog gewonnen. (Sarah J. Tschernigow)
    "Und der Gewinner in der Kategorie "most influencial Blog" ist…. Kenza!" - Ungläubig schüttelt die 22-jährige Kenza Zouiten den Kopf. Die junge Frau aus Schweden kann es nicht fassen: Sie wird am Vorabend der Berlin Fashion Week ausgezeichnet, für den "einflussreichsten Modeblog". Natürlich äußerst modisch aufgehübscht, im langen, weißen Kleid, als ginge sie zum Abiball, nimmt sie die Trophäe entgegen. Empfängt Glückwünsche. Gibt im Anschluss Autogramme.
    "Ich bin glücklich, es fühlt sich unglaublich an! Ich meine, ich bin hier in Deutschland und gewinne einen Preis mit meinem Blog aus Schweden! Das ist großartig!"
    Mit 15 Jahren hat Kenza angefangen Onlinetagebuch zu führen. Schrieb über die Schule, den ersten Freund und natürlich viel über Mode. Dank hochwertiger Fotos, sympathischer Einträge und sicher auch dank ihres guten Aussehens, denn Kenza modelt selber, hat sie über die Jahre viel Aufmerksamkeit bekommen. Und jetzt einen internationalen Preis!
    "Es bedeutet mir viel! Es ist eine anspruchsvolle Kategorie, die anderen waren auch sehr gut. Und mein Preis? Ja, ich hab es gar nicht so richtig gehört. Weil ich so nervös war. Es ist eine Reise nach Paris, oder? Ja, ich hab's schon wieder vergessen. Ich muss es gleich noch mal checken!"
    "Allein bin ich als Marke stärker"
    Ja, eine Reise nach Paris. Aber kein Privaturlaub. Sondern eine Reise zur französischen Online-Shoppingplattform Vestiaire Collective, einem der Sponsoren der Veranstaltung. Das Unternehmen möchte mit der Schwedin zusammenarbeiten und verspricht sich viel davon. Denn Blogger sind für den Modemarkt wichtig geworden. Sie sind nah am Endverbraucher dran und arbeiten schnell. Dank Handys und Tablets verbreiten sie ihre modischen Eindrücke direkt vom Laufsteg in die ganze Welt. Aber: Die Konkurrenz ist groß und die Aufmerksamkeit knapp, weiß auch der Geschäftsführer des Veranstalters Stylight, Benjamin Günther. Und deshalb sind Kooperationen mit Unternehmen auch für die Blogger reizvoll, um Geld zu verdienen.
    "Ich denke, wirklich professionell betriebene Blogs gibt es so 10.000. Die Einstiegshürde beim Bloggen ist natürlich sehr einfach, weil die technischen Voraussetzungen total simpel sind und im Grunde jeder einen Blog aufsetzen kann. Aber es gibt nur wenige, die wirklich professionell bloggen."
    Geschweige denn davon ihre Miete zahlen können. Auch die erfolgreiche Bloggerin Kenza aus Schweden hat mehrere Standbeine. Sie verdient Geld als Model und versucht gerade, ein Klamottenlabel zu etablieren. Ihr Blog bringt etwas durch Werbebanner ein. Abhängig macht sie das, ihrer Meinung nach, nicht.
    "Ich will, dass mein Blog echt bleibt. Ich möchte nicht zu viel Werbung schalten. Die Leser sollen sehen, dass es MEIN Blog ist. Ich lehne fast alle Kooperationsangebote ab, weil ich finde, dass ich als Marke allein stärker bin, als wenn ich sie zu viel vermische."
    Auch Blogger müssen irgendwie ihr Geld verdienen
    Andere Autoren haben ganze Verlage, zum Beispiel Burda, oder große Modehäuser als Sponsoren im Hintergrund. Sie bloggen über Produkte, die ihnen vorgegeben werden - und stehen deshalb auch in Kritik. Vor allem bei ihren größten Konkurrenten, den Modezeitschriften. Stephanie Morcinek, Redakteurin bei Stylight, schwärmt für Blogger, hält aber viele für käuflich.
    "Wenn sie natürlich Fulltime-Blogger sind, müssen sie ja irgendwie ihr Geld verdienen. Und das läuft dann über Werbedeals. Das ist aber bei Zeitschriften auch so. Wir haben auch Anzeigenkunden und müssen davon leben. Das ist so ein zweischneidiges Schwert. Nur ganz wenige Blogger können ja wirklich vom Bloggen leben."
    Wie so oft, wäscht eben eine Hand die andere. Und inzwischen arbeiten sogar die großen Konkurrenten Blogger und Printmagazine zusammen und übergehen einfach, dass sie sich eigentlich nicht leiden können. Modezeitschriften wie "Grazia" oder "Instyle" machen namhaften Bloggern heute Platz im Heft, geben ihnen regelmäßige Rubriken und versuchen dadurch ihre Auflagenzahl zu erhöhen. Auch zur Blogger Award-Verleihung nach Berlin sind erstaunlich viele Zeitschriftenredakteure gekommen.
    "Also die Magazine haben den Bloggern voraus, dass sie eine journalistische Ausbildung haben, recherchieren, Zeit investieren, die ganzen Infos zusammen zu sammeln. Und Blogger haben dem Magazin die Schnelllebigkeit voraus. Blogger werden immer wichtiger, man darf das nicht ignorieren. Aber Magazine werden Bestand haben."