Eine so große Arten- und Rassenvielfalt wie auf dem Thoelenhof findet man heute nur noch selten in den durchrationalisierten Agrarbetrieben. Thüringer Waldziegen meckern hier auf der Weide, Meißner Widderkaninchen hoppeln durch den Stall, im Hintergrund rupfen Deutsche Shorthornrinder und irische Tinker-Pferde an den Grashalmen – fast alles Arten, die ohne das Engagement der Arche-Höfe heute schon ausgestorben wären. Sein besonderes Augenmerk hat Helge Thoelen aber auf das Bunte Bentheimer Schwein gelegt:
Das Bunte Bentheimer Schwein ist nachweislich das stressstabilste Schwein der Schweinerassen, die es in der Bundesrepublik gibt. Das heißt, in der Haltung kann man viele Sachen außen vor lassen, die man bei den Turborassen nicht hat.
Drei Sauen und einen Eber hat Thoelen in seinen Boxen stehen. Im vergangenen Jahr hat er eigens einen Verein für die Erhaltung der Bunten Bentheimer gegründet, die extrem gefährdet sind. Der 37-Jährige hat erfolgreich für die Einrichtung eines bundesweiten Herdbuches gekämpft, um die Herkunft der Tiere leichter verfolgen zu können. Die meisten Züchter sind mittlerweile registriert. Mittels Computer kann Thoelen die Inzuchtprobleme bei der Anpaarung voraus berechnen. Durch all diese Maßnahmen ist der Bestand in Deutschland wieder auf 268 Tiere angestiegen, rechnet der Rassenretter vor. In den 60er Jahren war die Schweinerasse aus dem holländisch-deutschen Grenzgebiet bei den Landwirten unmodern geworden, weil das Fleisch als zu fettig galt. Doch Thoelens Ehefrau Dominique sieht gerade das als Vorteil an:
Das Fett ist der Geschmacksträger. Und unser Fleisch schmeckt eben besser, weil es einen höheren Fettgehalt hat. Das heißt, das Fleisch ist saftiger und es hat einen ganz leckeren Eigengeschmack. Man braucht längst nicht so viel würzen oder überwürzen.
So ist es auch keine verklärende Tierliebe, die Thoelen umtreibt. Für ihn ist die Erhaltungszucht ein Geschäft. Nur wenige seiner Bentheimer-Ferkel gibt er an andere Arche-Höfe weiter. Der Rest geht den Weg, den ein Schwein normalerweise geht: Sie wandern in die Wurst, die der Bauer an Gasthöfe und weitere Kunden aus der Region verkauft. Thoelen glaubt, dass die meisten Arche-Höfe ohnehin das Stadium von Hobbybetrieben längst überschritten haben:
Jetzt geht es darum, dass – abgesehen von diesem Selbstversorgungsprinzip – die Tiere auch wieder einem gewissen Markt geöffnet werden. Und dazu braucht man professionell betriebene Bauernhöfe, die dafür sorgen, dass diese Tier lebend erhalten und dem Markt wieder zur Verfügung gestellt werden.
"Erhalten durch Aufessen", so laute sein Motto, sagt Thoelen salopp. Noch kann die sechsköpfige Familie nicht von den Bunten Bentheimer Schweinen leben. Zu schwierig ist die Vermarktung von ungewöhnlichen Nutztierrassen, gesteht der Landwirt ein. Deswegen arbeitet er nebenbei als Pfleger in einem Krankenhaus. In drei Jahren soll sich die Zucht dann auch finanziell auszahlen. Bis dahin kann Thoelen zumindest mit dem guten Gewissen leben, dass er hehre Ziele verfolgt:
Genau wie Baudenkmäler, Burgen, Kirchen, Schlösser, bestimmte Landschaftsstriche ein Kulturgut der Menschheit ist oder der Region, in der man lebt, so sind es halt die Tiere. Das ist uns das Wichtige: Lebenderhaltung eines lebenden Kulturgutes.