Sonntag, 05. Mai 2024

Archiv


Moderne Operationstechniken für die Wirbelsäule

Es scheint fast, als sei bei der Evolution des Menschen etwas schief gegangen. Denn der aufrechte Gang ist für die Wirbelsäule eine so große Belastung, dass nahezu jeder im Laufe seines Lebens mit Rückenschmerzen zu kämpfen hat. Häufig beginnt das Leiden mit einem Verschleiß der Bandscheibe. Dieser gallertartige Stoßdämpfer zwischen den Wirbelkörpern hält dem Druck nicht mehr stand und dehnt sich aus. Vorwölbungen oder Vorfälle drücken dann auf empfindliche Nervenwurzeln. Doch nicht immer sind Rückenschmerzen allein auf den Verschleiß der Bandscheiben zurückzuführen. Denn die Wirbelsäule ist ein komplexes statisches System, bei dem auch Wirbelgelenke, Wirbelkörper und gereizte Nerven Quellen des Schmerzes sein können.

Moderation: Carsten Schroeder und Christian Floto | 12.06.2007
    Die moderne Medizin bietet aber mittlerweile viele Möglichkeiten, die Lebensqualität der Rückenschmerzpatienten zu verbessern. Carsten Schroeder und Christian Floto berichteten live aus der Universitätsklinik Frankfurt über neue Operationsmethoden rund um die Wirbelsäule.

    Zum Beispiel die Wirbelkanal-Erweiterung: Dieser Eingriff verspricht Hilfe, wenn nicht die Bandscheibe, sondern die benachbarten kleinen Wirbelgelenke Ursache für den Rückenschmerz sind. Durch Verschleiß und erhöhten Druck auf die Wirbelgelenke bilden sich Verknöcherungen, die teilweise in den Wirbelkanal einwachsen und Nervenbahnen einengen. Die betroffenen Patienten klagen häufig über Schmerzen, die in die Beine ausstrahlen. Das Sprechstunde-Team war live dabei, als einer 75 jährigen Patientin die knöchernen Einengungen im Wirbelkanal entfernt wurden. Die Frankfurter Ärzte setzten ihr außerdem U-förmige Metallelemente zwischen die Wirbelkörper ein. Wie Federn sollen diese Titankörper den Druck auf die Wirbelgelenke und die Bandscheibe verringern.

    Beim Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke bieten die Ärzte an der Orthopädischen Uniklinik Frankfurt aber auch eine schonende, minimal-invasive Operationsmethoden an, die so genannten Facetten-Denervation. Ziel des Verfahrens ist, die schmerzleitenden Nerven im Bereich der geschädigten Gelenke lahm zu legen. Dazu dringen die Ärzte mit nadelförmigen Sonden bis zu den Wirbelgelenken vor. Mit Hilfe von Hitze, die an der Spitze der Sonde erzeugt wird, zerstören die Ärzte alle schmerzleitenden Nerven.

    Nach rund sechs Monaten sind allerdings die Nerven wieder in den Bereich der geschädigten Gelenke eingewachsen, Schmerz kann erneut auftreten. Der Patient kann aber in den schmerzfreien Monaten über Krankengymnastik seine Rückenmuskulatur zu stärken. Denn die Muskeln sind eine wesentliche Stütze des gesamten Wirbelsäulensystems.

    Besonders bei noch jungen Patienten unter 45 sind nicht die Wirbelgelenke, sondern die Bandscheiben Ursache des Rückenleidens. Bei einem Bandscheibenvorfall zum Beispiel tritt ein Teil des Gallertkerns aus. Nicht nur starke Schmerzen, auch Lähmungserscheinungen in den Beinen können die Folge sein. Die Sprechstunde berichtete live von einer Operation, bei der einer 37jährigen Patientin die geschädigte Bandscheibe zunächst entfernt wurde. Anschließend implantierten die Frankfurter Ärzte eine künstliche Bandscheibe zwischen die Wirbelkörper. Diese Bandscheiben-Prothese besteht aus zwei Metallplatten und einer dazwischen liegenden Kunststoffscheibe. Die meisten Patienten sind bereits wenige Tage nach einer solchen Operation schmerzfrei. Allerdings eignet sich die künstliche Bandscheibe nur für jüngere Patienten, die sonst keine Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule haben. Und weil die Methode erst seit etwa 10 Jahren angeboten wird, ist noch unklar, wie langlebig eine künstliche Bandscheibe ist.

    Die Sendung machte deutlich, dass der Rückenschmerz oft eine komplexe Ursache hat. Nicht immer führt eine Operation zum erhofften Erfolg. Daher ist es wichtig, die Ursache des Rückenschmerzes genau zu analysieren und in einem Stufenplan zu therapieren. Erst wenn alle konservativen Methoden keinen Erfolg mehr versprechen, sollten die Patienten eine Operation in Erwägung ziehen. Denn, wie in der Sendung diskutiert wurde: Jede Wirbelsäulen-OP birgt auch Risiken, nicht zuletzt weil Nervenbahnen im Wirbelkanal und lebenswichtige Blutgefäße im Bereich der Wirbelsäule verletzt werden können.

    Diese Sendung können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-On-Demand-Player hören.