Archiv


Moderne Zaubersprüche

Kennnamen und Passwörter sind weit verbreitet, um Benutzer einwandfrei zu identifizieren und Daten zu sichern. Angesichts der Schwächen dieses Verfahrens schlagen Fachleute vor, Fingerabdruck oder Stimmerkennung dazu einzusetzen.

Von Tobias Armbrüster |
    "Bitte sagen Sie Ihre Benutzer-ID."

    VTA null null vier.

    "Bitte sagen Sie Benjamin Bianca."

    Benjamin Bianca...

    Bettina Stearn macht vor, wie es funktioniert. Sie spricht drei Wortpaare in den Telefonhörer. Der Computer am anderen Ende der Leitung vergleicht, ob es sich dabei um dieselbe Stimme handelt, mit der sie sich vor drei Wochen registriert hat. Dieses Abgleichen von zwei Stimmprofilen dauert nur wenige Sekunden.

    "Sie sind erfolgreich authentisiert. Auf Wiederhören."

    Bettina Stearn kann sich jetzt in ein Computer-Netzwerk einloggen, ohne ein Passwort, eine PIN oder ihren Namen anzugeben. Sie hat sich sozusagen nur mit dem Klang ihrer Stimme ausgewiesen. Bettina Stearn arbeitet als Technikerin bei dem Münchner Unternehmen "voice trust", einem der Marktführer in der Entwicklung der biometrischen Stimmerkennung. Diese Technologie basiert auf der Erkenntnis, dass jede Person einen einzigartigen Sprach-Sound hat.

    "In der Anmeldung müssen wir viermal einen Begriff aufsprechen, der wird vom System aufgezeichnet. Wenn ich mich dann authentifizieren möchte, dann wird dieser Begriff verglichen. Wenn Ihr File zum Beispiel über meins gelegt werden würde, dann sähe das ganz schlecht aus, dann würde der Computer sagen: Sie sind nicht die richtige Stimme. Deshalb haben wir vier Samples. Und wenn die durchlaufen sind, dann ist der Server sicher, dass die Stimme die richtige ist."

    Die biometrische Stimm-Erkennung ist nicht zu verwechseln mit der Sprach-Erkennung, wie man sie etwa von der Telefon-Auskunft der Bahn kennt. Solche Systeme versuchen lediglich zu erkennen, was eine Person sagt. Bei der Stimm-Biometrie dagegen überprüft ein Computer verschiedene Frequenzen und Klangmerkmale eines gesprochenen Wortes. Weil solche Klang-Eigenschaften von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind, ist die biometrische Stimmerkennung ähnlich sicher wie die Identifizierung per Iris-Scanner, und noch sicherer als die Erkennung per Fingerabdruck. Sie hat aber noch weitere Vorteile, sagt Michael Kramer, der Gründer von voice trust.

    "Das Problem bei diesen Verfahren ist, dass Sie überall Zusatzgeräte brauchen: Einen Fingerprint-Reader, den Sie am Computer anschließen, eine Kamera, die sie irgendwo aufhängen. Stimm-Biometrie ist dagegen sehr simpel. Die Menschen tun, was sie immer tun, sie greifen zum Telefon. Also auch ältere Leute, Jugendliche oder Leute, die mit der Sprache nicht so gut umgehen können – die können alle telefonieren. "

    Bislang werden Stimmerkennungs-Systeme nur intern in großen Unternehmen eingesetzt. Viele Firmen nutzen solche Telefon-Systeme zum Beispiel bei der Neuvergabe von Passwörtern. Den IT-Help-Desks wird damit eine Menge Arbeit abgenommen. Kenner des Marktes bezweifeln allerdings, dass die Stimm-Biometrie bereits reif ist für den Endverbraucher, also zum Beispiel für das Telefon-Banking. Steve Cramoysan, Biometrie-Analyst bei Gartner, einer internationalen Unternehmensberatung.

    "Wir empfehlen die Stimm-Erkennung für die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens, da haben Sie es mit einer übersichtlichen Zahl von Benutzern zu tun. Das Problem ist, dass diese Systeme immer noch sehr häufig eine Stimme nicht richtig erkennen und den Anrufer deshalb abweisen. Wenn Sie so etwas mit mehreren Millionen Benutzern machen, kriegen Sie Probleme. Das lässt sich zur Zeit nicht realisieren."

    Schwierigkeiten gibt es zum Beispiel, wenn sich die Stimme eines Benutzers stark verändert, zum Beispiel bei einer sehr schweren Erkältung, auch laute Hintergrund-Geräusche oder eine schlechte Telefonverbindung können den Rechner täuschen. - Langfristig könnte die Stimme als Erkennungsmerkmal aber interessant werden, weil immer mehr übers Internet telefoniert wird. Die Entwickler bei Voice Trust arbeiten deshalb inzwischen eng mit Microsoft, Skype und Ebay zusammen. Stimm-Biometrie könnte das Einkaufen und Bezahlen übers Internet völlig verändern, sagt Michael Kramer von voice trust.

    "Dann werde ich nicht mehr nach meiner Pin-Nummer gefragt, sondern authentisiere mich über Stimme, mit dem Mikrofon, das ich am Laptop habe - ohne dass ich meine Pin-Nummer eingeben muss und ohne dass ich meine Kreditkarte eingebe."

    Alle biometrischen Erkennungsverfahren haben ihre eigenen Anwendungsfelder. Zur schnellen Abfertigung am Flughafen etwa eignen sich Iris-Scanner, und Polizei-Fahnder finden am Tatort eher Fingerabdrücke als Stimm-Profile. Bei der Identifizierung über Telefon und Internet könnte sich dagegen in einigen Jahren die biometrische Stimmerkennung durchsetzen.