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Moderner Fünfkampf

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Oliver Ramme | 08.07.2001
    Carl Lewis siegt im 200 Meter Finale bei den Olympischen Spielen von Los Angeles. Der US-Amerikaner ist der unumstrittene Star der Spiele von 1984. Insgesamt gewinnt er vier Goldmedaillen. Aber nicht nur Lewis ist strahlender Sieger, auch die Gastgeberstadt der 20. Olympischen Spiele- Los Angeles - gehört zu den großen Gewinnern. Das Kräftemessen unter den fünf Ringen ist zum ersten Mal von privater Hand finanziert. Mit Erfolg. Die Spiele werfen einen Gewinn ab von über 200 Millionen US-Dollar.

    Vor Los Angeles war Olympia eine Angelegenheit von höherer, sprich staatlicher Bedeutung und in der Regel subventioniert. Seit den Gewinnspielen von Los Angeles gibt es einen unvergleichlichen Wettbewerb um die Austragung der Wettkämpfe. Heute bewerben sich teilweise über 10 Städte um die Austragung der Spiele. Olympia ist heute ein Milliardengeschäft!

    Ursprünglich aber war Olympia gedacht als gutgemeinte, völkerverbindende Sportveranstaltung:

    "Man kann von den Völkern nicht verlangen in bester Freundschaft miteinander zu leben. Aber man kann sie auffordern, sich gegenseitig zu respektieren. Das ist keine Utopie. Um sich aber zu respektieren, muss man sich erst einmal kennen lernen."

    Die treibende Kraft bei der Wiederbelebung des antiken Wettkampfs Ende des 19. Jahrhunderts war der französische Aristokrat und Historiker Pierre de Coubertin. Ein Kräftemessen im Stile des alten Griechenland schwebte ihm vor. In den 80er Jahren wurde der Grundstein gesetzt für einschneidende Veränderungen der olympischen Bewegung. Die Organisatoren der Spiele, also die Städte selber, die Nationalen Olympischen Komitees und das IOC profitierten von einer Annäherung der Wirtschaft an den Sport und umgekehrt. Manfred Schubert lehrt Sportökonomie an der Kölner Sporthochschule. Für ihn haben Anfang der 80er Jahre zwei Gründe zur Verflechtung von Sport und Wirtschaft geführt.

    "Also, der Sport selbst erzeugt aus einer inneren Logik heraus einen zunehmenden Bedarf an Finanzmitteln und es bestand die Notwenigkeit hier neue Quellen zu erschließen, weil die staatliche Sportförderung oder die Vereinseinnahmen dafür schlichtweg nicht ausreichten. Wir haben dann eine zweite Ebene bei der Verflechtung von Sport in Form des Sponsorings. Die Wirtschaft stand in den 80er Jahren zunehmend vor dem Problem der nachlassenden Werbewirksamkeit der klassischen Instrumente. Eben Massenwerbung in Form von Zeitungsanzeigen, Radiospots, etc. Und hier wurde Sport als ein wichtiges und effizientes Instrument entdeckt, um hier in einem emotional aufgeladenen Umfeld ihre potenziellen Kunden anzusprechen."

    Die Zeichen der Zeit hat damals unter anderem Juan Antonio Samaranch erkannt. Der Spanier folgte 1980 dem glücklosen Lord Killanin und wurde Präsident des IOC. Samaranch war während der faschistischen Francodiktatur Nationaldelegierter für Sport, was dem Amt eines Sportministers entsprach. Bis zum Tod des spanischen Diktators soll er sich als hundertprozentiger Franco-Anhänger bezeichnet haben. Als Samaranch die Führung der Olympischen Bewegung übernahm, lag Olympia am Boden. Nicht nur die Boykotte schadeten dem Ansehen. Auch finanziell mussten herbe Rückschläge eingesteckt werden. Montreal, die Olympiastadt von 1976, fuhr wegen der Ausrichtung der Spiele ein Defizit von fast einer Milliarde US-Dollar ein......

    Das sollte sich von nun an ändern. Die Vermarktung des Produkts Olympia nahm professionelle Züge an. Das Potenzial war vorhanden. An keiner Sportveranstaltung weltweit nimmt eine vergleichbare Zahl an Nationen teil, meint Manfred Schubert:

    "Die Olympischen Spiele sind ein einmaliges Ereignis. Die haben einfach einen Sonderstatus. Die Olympischen Spiele sind die Veranstaltung, die es schafft, die meisten Zuschauer vor die Fernsehgeräte zu locken. Das ist die große Attraktivität, der große Reiz. Und man muss sehen, dass die Olympischen Spiele auch eine Sonderstellung haben als es zu ihnen ja keine Konkurrenz gibt."

    Das erkannte neben dem frisch gekürten IOC-Präsidenten Samaranch auch der deutsche Industrielle und Adidas-Chef Horst Dassler. Sein Name steht, wie kein anderer, für die Vermarktung der Olympischen Spiele. 1982 gründete er in der Schweiz die Firma International Sports and Leisure, kurz ISL. ISL hat in den letzen Wochen Konkurs angemeldet und ist deshalb in die Schlagzeilen geraten. Damals sicherte sich die Agentur Millionengewinne, da sie binnen kürzester Zeit das Monopol an lukrativen Vermarktungsrechten im internationalen Sport, also auch die der Olympischen Spiele, inne hatte. Thomas Kistner ist Redakteur der Süddeutschen Zeitung und hat sich in mehreren Büchern kritisch mit der Olympischen Bewegung auseinandergesetzt. Seiner Ansicht nach ist es Dassler gelungen, ein feines Netz der Vetternwirtschaft unter den Ringen zu spinnen:

    "Es war von Seiten Dasslers ein Masterplan. Er hat selbst einmal gesagt, über seine Turnschuh-CIA, die er befehligt hatte, dass sein Aktenfundus über die Weltsportfunktionäre besser sei, als die Unterlagen des KGB. Der Mann hatte wirklich Vision, er konnte weit in die Zukunft blicken. Auf der Seite stand viel Planung dahinter. Die Entwicklung kam nun zupass, dass die Medienlandschaft und auf der anderen Seite die Sponsoren soweit waren, den Sport zu entdecken und auf den Sport als Werbevehikel umzusteigen. Und wer das zuerst erkannt hatte, der hat sich das größte Stück erlöst. In dem Fall war es Dassler und die Figuren, die er installiert hatte."

    Dazu zählt Kistner u.a. den ehemaligen FIFA Präsident Havelange oder auch IOC-Chef Samaranch. Unter der Federführung von Dasslers ISL begann die Vermarktung der Ringe. Die Unternehmen konnten das Olympische Logo für teures Geld für die Verbesserung des Markenimage nutzen. Mehrere hundert Millionen Dollar wechselten nun den Besitzer, zu finanziellen Gunsten der Olympischen Bewegung. Nach Ansicht von Walther Tröger, er ist Präsident des Nationalen Olympischen Komitees und Mitglied im IOC, nutzte Samaranch lediglich die Zeichen der Zeit:

    "Das Konzept für die Kommerzialisierung, für die Vermarktung der Spiele durch das IOC hat schon vor seiner Zeit bestanden, nur ist damit nicht gearbeitet worden. Samaranch hat das dann auch mit Horst Dassler und mit ISL , die ja heute im Gespräch sind - auch mit anderen Agenturen - umgesetzt in einer damals unvorstellbaren Art und Weise. Das das nicht einfach ist, dass man ständig auch Vorstellungen der Sponsoren und der anderen Partner, nämlich derer die das Geld geben, der Fernsehanstalten der Sponsoren abwehren muss, ist klar. Aber in diesem Konsumzwang sind wir alle, jeder einzelne von uns. Ich denke das IOC ist gut damit fertig geworden."

    Grundgedanke des ökonomischen Konzepts der Olympischen Spiele war und ist: Die Zahl der Wirtschaftspartner bleibt beschränkt und der kommerzielle Gebrauch der Olympischen Symbole wird kontrolliert. 1981 wurde eine weitere wichtige Vorleistung für die Kommerzialisierung erbracht: Das IOC schaffte den Amateurparagraphen ab. Wenige Jahre zuvor war noch der Skifahrer Karl Schranz von den Spielen ausgeschlossen worden, weil er auf einem Plakat für eine Kaffeesorte geworben hatte. Nun waren die Pforten für alle, vor allem für die Stars des bezahlten Sports, geöffnet.

    Mit dem überraschenden Gewinn, den die Spiele von Los Angeles einfuhren, wurde eine weitere Runde der Kommerzialisierung eingeläutet. Das Internationale Olympische Komitee änderte die Olympische Charta und übernahm, zusammen mit der ISL, die Vermarktung der Spiele. Und überließ dies nicht mehr den austragenden Städten. Thomas Kistner über die Werbestrategie des IOC.

    "Das Trugbild Olympia funktioniert ja so, dass durch die Verknappung der Werbung die massivste Werbung überhaupt entsteht. Olympia ist der einzige weltweite Bewerb, bei dem die Stadien werbefrei sind. Das lässt sich um ein mehrfaches besser verkaufen, als wenn das IOC herginge und würde die Spiele mit zugepflasterten Stadien verkaufen und den Sportlern gestatten die Trikots mit Sponsoren voll pflastern zu lassen. Das ist eine ideale Werbeidee die dahinter steht. Denn alles, was sich mit Olympia verbinden lässt, sind moralisch - ethische Werte."

    Und das in einem scheinbar werbefreien Raum. Tatsächlich kooperiert das IOC mit einer überschaubaren Anzahl von Sponsoren. Auf nationaler und internationaler Ebene. Die Sponsoren auf internationaler Ebene finden sich unter dem Hut von TOP. Das Kürzel steht für "The Olympic Program". 1985 wurde es von Samaranch und Dassler unterzeichnet. Der ISL sicherte es 20 Prozent aus sämtlichen Rechten an Olympia zu.

    Die fünf Olympischen Ringe haben mittlerweile einen Bekanntheitsgrad, der dem des Roten Kreuzes entspricht. Popularität hat ihren Preis. An dem TOP Programm während der Olympiade im Zeitraum von 1997 bis 2000 waren ein Dutzend Partner beteiligt. International operierende Konzerne wie IBM, Kodak oder Panasonic. Um ihre Produkte mit den fünf Ringen versehen zu können, zahlten die Unternehmen für den Zeitraum von vier Jahren 500 Millionen US-Dollar. Das ist fünfmal soviel wie zwischen 1985 und 1988. Trotzdem, die Rechung scheint aufzugehen. TOP-Sponsor VISA führt weltweite Steigerungen seines Marktanteils um bis zu 5 Prozent direkt auf sein Engagement bei den Spielen in Atlanta zurück. Aus dem Hause Coca Cola heißt es:

    Die Stärke des Markenzeichens Coca Cola, verknüpft mit der Kraft des Olympia-Images, stellt eine Verbindung voller Dynamik dar.

    Wie kann nun eine als unabhängige und gemeinnützig gedachte Organisation wie das IOC seinen Willen gegenüber international operierende Konzerne behaupten? Walther Tröger:

    "So klein ist das IOC nicht mehr. Es hat ja auch starke Leute. Außerdem, wir wollen ja gar nicht verhindern, dass der Wille der Sponsoren auch durchgesetzt wird, wenn er in Übereinstimmung ist mit unseren Richtlinien und unseren Interessen und unseren Prinzipien. Vor allem mit dem Interesse, dass die Sportler nicht leiden. "

    Dass die Beziehung Wirtschaft und Olympia sehr enge Züge angenommen hat, beweißt alleine der Umstand, dass IOC-Mitglieder Angestellte der im TOP-Programm vertretenen Unternehmen sind.

    Der Franzose Jean Claude Killy ist in seinem Land Chef des Olympiasponsors Coca Cola, Richard Carrion aus Puerto Rico ist im Hauptberuf Direktor beim IOC-Partner VISA.

    Die Sponsorengelder sind nur ein Teil der Einnahmen, die die olympische Bewegung auf ihren Bankkonten verbuchen kann. Sie machen etwas über ein Drittel aus. Tendenz steigend. Und das ganz bewusst, denn damit versucht sich das IOC von seiner bisherigen Hauptgeldquelle zu emanzipieren. Neben 10 Prozent, die das IOC aus den Eintrittskarten erlöst, ist die klassische Haupteinnahmequelle der Verkauf der Fernsehrechte.

    Wir sind 60 Jahre ohne Fernsehen ausgekommen, wir werden auch die nächsten 60 ohne auskommen.

    Das antwortete 1956 IOC-Präsident Brundage auf die Frage nach der Notwendigkeit von TV-Übertragungen. Diese Äußerung ist mehr als widerlegt worden.

    1,33 Milliarden US-Dollar haben zum Beispiel die Sendeanstalten für die Bilder von den letzten Olympischen Spielen in Sydney bezahlt. Dass die Rechnung trotz der hohen Rechtekosten für eine TV-Anstalt aufgeht, beweist das Beispiel NBC. Den amerikanischen Sender kosteten die Rechte an der Übertragung rund 700 Millionen US-Dollar. Die Werbeeinnahmen beliefen sich auf 900 Millionen. Bleibt nach Abzug der Produktionskosten ein Gewinn von rund 100 Millionen Dollar. Obwohl die Kosten für die Rechte von Olympiade zu Olympiade steigen, rechnen sich die Spiele für die Sender immer noch. Sydney bescherte der NBC größere Umsätze als die Spiele in der Heimat vier Jahre zuvor in Atlanta. Das Fernsehen ist das entscheidende Bindeglied zwischen Olympia und der Wirtschaft. Walther Tröger bestreitet die Einflussnahme der Fernsehanstalten nicht:

    "Ich habe selbst als Sportdirektor des IOC Verhandlungen geführt mit dem Fernsehen vor den Spielen in Seoul. Es ging darum, das so genannte Frühstücksfernsehen wegen der Primetime in den USA einzuführen. Und wir haben in einer Reihe von Fällen das akzeptiert von dort mit Rücksprache mit den Verbänden und den Aktiven, haben in einer anderen Reihe von Fällen das nicht akzeptiert, haben damit Geld eingebüßt. Aber wir haben das hingenommen und das Ergebnis kann sich sehen lassen."

    Zu den Besonderheiten von Seoul gehörte, dass Ben Johnson und Carl Lewis um die Mittagszeit um Gold gelaufen sind, das Basketballfinale begann ebenfalls um 12 Uhr mittags - damit das Ereignis life und zur besten Sendezeit in den USA angeboten werden konnte. Ohne die Macht des US-Fernsehens wären Baseball und Beach-Volleyball nie oder noch nicht olympisch geworden. Und, die Fernsehanstalten werden ein Interesse haben bei der Vergabe der Spiele. Wer zahlt schon Milliardensummen für Wettkämpfe an ungünstigen Orten zu ungünstigen Zeiten?

    Sydney, die letzten Olympischen Spiele, waren in jeder Hinsicht ein Erfolg. Abgesehen davon, dass die Spiele in Down-Under aus Sicht von IOC-Präsident wieder einmal die schönsten waren, galt es finanzielle Erfolge zu verbuchen. Die Einnahmen aus der Vermarktung Sydneys, das heißt Sponsorengelder, Verkauf der Fernsehrechte etc, beliefen sich auf 2,6 Milliarden US-Dollar. Profitiert haben die Stadt und die Umgebung. Noch bevor das Olympische Feuer entfacht wurde, errechneten Ökonomen einen volkswirtschaftlichen Effekt für die Region von acht Milliarden Mark. Und das in einem Zeitraum von 1994 bis 2006.

    Nachhaltig wurden 10.000 Arbeitsplätze geschaffen. Als zweiter Gewinner steht das IOC fest. Von den 2,6 Milliarden Dollar wurden 7 Prozent - also rund 180 Millionen Dollar - nach Lausanne überwiesen, dem Hauptsitz des IOC. Ein satter Gewinn für ein Unternehmen mit rund 100 festangestellten Mitarbeitern. Die IOC - Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Die Verwalter der Ringe, moralische Instanz oder Konzernspitze?

    "Das ist per se keine moralische Instanz, es ist per se, jedenfalls nach der Kommerzialisierung eine Konzernspitze. Aber die moralische Frage hat dem IOC ja Coubertin mitgegeben und viele die ihm gefolgt sind."

    "Faktisch ist es ein nach außen abgeschirmter nirgendwo von der Sportbasis legitimierter Herrenzirkel, inzwischen sind auch ein paar Damen mit eingerückt, Im Prinzip ist es ein hochexklusiver Zirkel von Olympischen Geheimnisträgern."

    Heute besteht das IOC aus 122 selbstgewählten Mitgliedern aus fünf Kontinenten. Unter den Mitgliedern sind Adlige, einflussreiche Geschäftsleute, Funktionäre oder Personen, über deren bisherige Berufe spekuliert wird. Dass sie sich gegenüber dem Thema Doping oft zu defensiv verhalten haben ist nur einer der Vorwürfe der letzten Jahre. Bestechlichkeit ein anderer. Die Mitglieder des IOC wählen aus den unzähligen Bewerberstädten den Ausrichter der Olympischen Spiele. Entscheidungen mit milliardenschwerer Tragweite. Deshalb ist das IOC immer wieder mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert worden. Von Bestechung war die Rede, Vetternwirtschaft, Tricks, Betrügereinen und Manipulationen in Millionenhöhe. Sogar Vergleiche mit der Mafia wurden gezogen. Nur, stichhaltige Beweise fehlten noch, - das allerdings sollte sich Ende 1998 ändern.

    In Zusammenhang mit der Vergabe für die Olympischen Winterspiele nach Salt Lake City ist die Bestechlichkeit zahlreicher IOC Mitglieder - vor allem aus armen Staaten - bekannt geworden. Ein erstes Mal musste ein Offenbarungseid geleistet werden. Das Organisationskomitee kaufte sich die Stimmen von gut einem Dutzend Funktionäre. Schönheitsoperationen, chirurgische Eingriffe oder Stipendien wurden an Mitglieder des IOC oder deren Angehörige bezahlt. Die Damen und Herren der Ringe hatten ihren bisher größten Skandal. Walther Tröger bestreitet nicht, dass es Stimmenkauf auch vor Salt Lake City gegeben hat:

    "Die Gefahr, dass sich einer Vorteile verschaffen will - auch im IOC - , die gibt es immer. Als das IOC globalisiert hat, da haben wir natürlich mit Partnern mit unterschiedlichen Mentalität rechen müssen und da war eben die Gefährdung ein bisschen größer."

    Auf den Skandal wurde reagiert. Viel zu zahm meinen Kritiker. Ein paar Bauernopfer wurden gebracht, eine Ethikkommission ist ins Leben gerufen worden und den Bewerbern will man nun strenger auf die Finger schauen:

    "Da muss eben sehr deutlich gemacht werden, dass der kleinste Verstoß in der Phase der Bewerbung zum Ausschluss in der Bewerberliste führen muss. Ich glaube, dass das auch verstanden worden ist bei den Bewerbern."

    Für die Austragung der Sommerspiele 2008 sind fünf Städte in der Endauswahl. Paris gilt als aussichtsreichster Kandidat, nachdem sich das EU Parlament vorgestern gegen Peking ausgesprochen hat. Noch ist von umfassenderen Bestechungsversuchen nichts an die Oberfläche gedrungen. Bei den Milliarden, die dem Gewinner winken, eine auffällige Ruhe.

    Bei der jetzt anstehenden 112. IOC - Session in Moskau wird formell auch die Ära Samaranch zu Ende gehen. Die 122 IOC Mitglieder bestimmen am Montag in einer Woche einen neuen Präsidenten, nachdem Samaranch nach 21 Jahren seinen Platz räumt. Mit Samaranch geht einer der wichtigsten Repräsentanten der Kommerzialisierung, nach Horst Dassler, der bereits 1987 starb. Ist damit die Zeit reif für eine Wende? Thomas Kistner ist skeptisch:

    "Diese Dinge können sich nicht über Nacht ändern, es ist ein System. Es ist ein Systemzwang, sich auf diese Art und Weise in der Sportpolitik zu bewegen. Man kommt ja gar nicht nach oben, ohne sich eines Tutors zu versichern, ohne auf irgendeinem Ticket zu reisen. Deswegen ist auf absehbare Zeit da nicht mit Änderungen zu rechnen. Mit der ein oder anderen Abschwächung. Einige Ding werden nicht mehr so gehen, dafür hat der Skandal auch gesorgt. Ich denke, die wichtigsten Dinge können nur von außen beigesteuert werden. Die Medien müssen ihre Rolle als Wächter noch intensiver wahrnehmen als sie das bisher tun. Wenn das erst mal greift und wirklich draufgeschaut wird, wenn es auch den einen oder anderen Skandal mehr gibt, die Skandale sind ja da, sie müssen nur aufgedeckt werden, dann glaube ich trägt das mehr zur Besserung bei als das man auf die Innovation von innen hoffen kann."

    So wird sich nach der Session in Moskau wenig verändern - auch unter neuer Führung. Das IOC war besonders in den letzten 20 Jahren bemüht, Olympia im Glanze erstrahlen zu lassen. Nicht der Sportler wegen. Die Athleten bleiben Staffage eines Hochglanzprodukts....

    Olympia gibt es heute in erster Linie der Sponsoren wegen - nur zweitrangig geht es um die Vermittlung von Werten und den Wettkampf der Weltjugend. Die ist allenfalls dazu aufgerufen, Spitzensport zu zeigen und neue Rekorde aufzustellen.