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Modernes Stau-Management mit "w@ke up"

Bisherige Verkehrsvorhersage-Systeme agieren passiv: Erst wenn Staus bereits Strassen und Autobahnen verstopfen, schicken die Rechner die träge Masse der Autofahrer auf Umgehungsstecken, wo das Fortkommen schnell wieder ins Stocken gerät. Die Duisburger Gerhard-Mercator-Universität arbeitet derzeit mit dem Dortmunder Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik an einem Verkehrsinfo-System, das auch die heute noch scheinbar unberechenbaren Reaktionen der Autofahrer berücksichtigen und vor allem für jeden einzelnen Autofahrer verlässliche Tipps geben soll.

Wolfgang Noelke |
    Meldet der Verkehrsfunk einen Stau, stecken viele Autofahrer bereits in der Verkehrsfalle fest oder weichen auf empfohlene Umgehungsstrassen aus, die sich ebenfalls schnell zur Stehparty wandeln, während die Autobahn schon wieder freie Fahrt ermöglicht. Das heute übliche System der Verkehrshinweise lockt viele Autofahrer in die Irre, meint Professor Michael Schreckenberg vom Lehrstuhl Transport und Verkehr der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg: "Ein wesentlicher Schwachpunkt der heutigen Verkehrsinformationssysteme ist, dass alle Teilnehmer die gleichen Informationen erhalten und damit der Stau lediglich verlagert wird."

    Doch dies könnte sich ändern, wenn das System, das Professor Schreckenberg in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik entwickelt, eines Tages den Verkehrsfunk ablösen wird. Dann nämlich sollen nicht mehr unüberschaubare Berge an Stauinformationen aus dem Radio über dem Chauffeur niedergehen, sondern vielmehr quasi Ankunftsprognosen erstellt werden, wie dies etwa bei der Bahnauskunft schon heute der Fall ist. Nach Angabe von Start- und gewünschter Ankunftszeit sowie der Reiseroute "weckt" das Fraunhofer-System den Fahrer, wenn eine staufreie Fahrt gewährleistet ist.

    Dabei bekommt der Fahrer von "w@ke up" nur eine ungefähre Weckzeit genannt, denn es könnten sich etwa während der Nacht die Wetterbedingungen ändern oder ganz andere Verkehrsbedingungen auf der gewohnten Fahrtstrecke zur Arbeit herrschen. Wenn beispielsweise am Düsseldorfer Flughafen Nebel herrscht, werden alle Flüge nach Köln-Bonn verlagert. Weil dann auch noch Fluggäste auf ihrem Weg zum Alternativ-Flughafen die Straßen belasten, gleicht w@ke up den zusätzlichen Verkehr mit früheren oder späteren Weckrufen an jene aus, die jeden Morgen die Strecke Düsseldorf-Köln zu bewältigen haben.

    Gegen überraschende Änderungen im Verkehr, etwa bei Unfällen, sei auch "w@ke-up" kein Schutz, meint Frank Lindert vom Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik, allerdings könne das System jeden Fahrer individuell über elektronische Routenführung oder schlicht ein Mobiltelefon über die neue Situation benachrichtigen: "Derzeit führt unser System nur den Weckruf aus. In späteren Versionen sollen über ortsbezogene Dienste von Mobilfunkanbietern, bei denen der Standort eines Handybesitzers ermittelt wird, Anfragen an das System über den aktuell ermittelten Ankunftszeitpunkt und möglicherweise auch Benachrichtigungen über Verspätungen an Dritte eingebunden werden."