Parlamentswahl in Indien
Modi-Partei BJP verliert voraussichtlich absolute Mehrheit und braucht Koalitonspartner

Bei der Parlamentswahl in Indien hat die hindu-nationalistische BJP von Premierminister Modi ihre absolute Mehrheit im Unterhaus verloren, bleibt aber stärkste Kraft. Nach Auszählung fast aller Stimmen kommt sie voraussichtlich auf 240 Sitze. Das sind 63 weniger als bei den vorausgegangenen Wahlen.

    Der indische Premierminister Modi wird in Neu Delhi von seinen Anhängern gefeiert. Er geht eine Straße entlang, am Rand stehen viele Menschen und jubeln.
    Der indische Premierminister Modi wird in Neu Delhi von seinen Anhängern gefeiert. (IMAGO / ZUMA Press Wire / IMAGO / Deep Nair)
    Das oppositionelle Bündnis unter Führung der Kongresspartei kann mit 230 Mandaten rechnen. Für eine absolute Mehrheit wären 272 notwendig. Die Kongress-Partei der Gandhi-Dynastie kommt den Angaben zufolge auf 99 Sitze, fast doppelt so viele wie vor fünf Jahren.
    Modi schrieb auf der Online-Plattform X, die Menschen im Lande hätten seinem Regierungsbündnis zum dritten Mal in Folge ihr Vertrauen ausgesprochen.

    "Modis Polarisierung im Wahlkampf hat nicht verfangen"

    Der Asien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Christian Wagner, sagte im Deutschlandfunk, Modis Polarisierung im Wahlkampf habe bei den Wählern nicht verfangen. Wichtiger seien wirtschaftliche Themen wie die hohe Arbeitslosigkeit und Inflation gewesen. Wagner führte aus, das Regieren in Indien werde sich deutlich verändern. Modi werde zum ersten Mal eine Koalitonsregierung führen müssen. Königsmacher seien vermutlich zwei Regionalparteien. Diese dürften nicht nur Ministerposten, sondern auch Sonderrechte für ihre Bundesstaaten fordern.

    Kritik von Opposition und Menschenrechtsaktivisten an Modis Politik

    Modis politische Gegner und internationale Menschenrechtsgruppen beklagen seit Langem einen Demokratieabbau in Indien. Nach Erkenntnissen des US-Think-Tanks Freedom House nutzt die BJP zunehmend Regierungsinstitutionen, um gegen politische Gegner vorzugehen. Die Opposition und Menschenrechtsgruppen werfen Modi zudem vor, die hinduistische Mehrheit im Land zu bevorzugen. So bezeichnete Modi die 210 Millionen Muslime im Land im Wahlkampf als "Eindringlinge" und "diejenigen mit mehr Kindern". Modi weist die Vorwürfe zurück.
    Trotz der Hinweise auf einen zunehmenden Autoritarismus der Regierung wird Indien von westlichen Staaten als wichtiges Gegengewicht zu China in Asien gesehen und ist nicht zuletzt wegen seiner Digitalwirtschaft ein wichtiger Handelspartner.
    Die Parlamentswahl in Indien ist der größte demokratische Urnengang der Welt. Bis zum Samstag waren sechs Wochen lang mehr als 968 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Auszählung erfolgte durch spezielle Zählcomputer.
    Diese Nachricht wurde am 05.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.