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Möglichst ohne Turbulenzen

Nach langen Simulationsphasen hat sich am Mittwoch erstmals ein Airbus A380 tatsächlich in die Luft erhoben. Am Nachmittag setzte das bis dato größte Passagierflugzeug der Welt zu einem vierstündigen erfolgreichen Jungfernflug an. Die während des Testflugs gewonnenen Daten werden nun mit den Simulationsdaten der vergangenen drei Jahre detailliert verglichen, um die Qualität der Computersimulation für den Flugzeugbau zu prüfen.

    Die heute gestartete Testphase soll sich über mehr als 2500 Flugstunden erstrecken. Auf dem ersten Flug wurden Daten von rund 18.000 Parametern wie Luftwiderstand, Reibung oder Temperatur erfasst. Insgesamt 6000 Sensoren am und im Flugzeug erledigten diese Aufgabe, allein schon eine Last von 20 Tonnen. Das Hauptaugenmerk liegt nun zunächst auf der Auswertung der Daten zur Flugzeughülle und zur Flugsteuerungssoftware. Nach dem ersten Eindruck gehen die Testingenieure davon aus, dass die Simulationen im Versuch bestätigt werden konnten. Erstmals wurde übrigens eine Rechnerfarm mit dem freien Betriebssystem Linux für die Simulation eingesetzt, eine umstrittene Entscheidung, mit der die Airbus-Computerspezialisten aber offenbar richtig gelegen haben.

    Die größten Probleme bereiten in der Luftfahrt die Eigenvibrationen von Flugzeugteilen durch aerodynamische Störungen. Im Computer sind solche Phänomene nur schwer zu fassen, was gerade für Jungfernflüge ein besonderes Risiko darstellt und zu Abstürzen geführt hat. Schuld an den Störungen ist die so genannte Grenzschicht. Als Grenzschichten bezeichnet man Bereiche in der Luftströmung, in denen die Luft durch Reibung etwa mit dem Flügel abgebremst wird und langsamer strömt.

    Man unterscheidet laminare Grenzschichten, in denen sich die Luftteilchen parallel bewegen, von turbulenten Grenzschichten, wo die Luft wild durcheinander wirbelt. Diese Turbulenzen führen nun dazu, dass der Reibungswiderstand an verwirbelten Grenzschichten erheblich höher ist. Aus verschiedenen Gründen, etwa um den Treibstoffverbrauch zu senken, ist das Ziel, möglichst wenige turbulente Grenzschichten zu erzeugen. Ein Ansatz dazu ist es, mit feinen Perforierungen am Werkstoff die Wirbel quasi abzusaugen. Professor Winfried Waidmann von der FH Aalen ist einer der Experten für Grenzschichtabsaugungen:

    " Besonders effektiv sind diese Grenzschichtabsaugungen an Großraumflugzeugen. Zum Beispiel bei dem neuen Airbus sollen sie im Flügelbereich bis zu zwölf Prozent an Treibstoffersparnis bringen. "

    Außerdem entsteht dann weniger Lärm. Auch in Turbinen ist Absaugen sinnvoll: Es kommt zu weniger Vibrationen, die Turbinenschaufeln halten länger und müssen seltener repariert werden. Für den Airbus A380 haben die Ingenieure Grenzschichtabsaugungen an Windkraftanlagen getestet mit dem Ergebnis: Wenn man die Perforationen längs anordnet, lassen sich Turbulenzen am besten vermeiden.

    [Quelle: Peter Welchering]