Archiv


Möglichst sparsam und bestens informiert

Fahrzeugtechnik. - Die Hingucker mit Hunderten PS unter der Haube gibt es auf dem Genfer Automobilsalon selbstverständlich auch. Aber wer genau hinschaut, der entdeckt auch Öko-Autos, die mit einem Minimum an Treibstoff auskommen, und voll vernetzte PKW, die bestens über den jeweiligen Verkehrsstand informiert sind.

Von Thomas Wagner |
    Das Gefährt erinnert an eine Seifenkiste für Kinder: Das so genannte "Bio-Mobile" der Westschweizer Hochschule für Ingenieurwissenschaften. Rund zwei Meter lang, sieht es aus es wie eine Art Rakete auf drei Fahrrad-Rädern.

    "Dieses Fahrzeug ist ein Prototyp unserer Hochschule. Und unser Ziel ist es, eine Fahrzeugtechnologie mit dem geringstmöglichen Verbrauch zu entwickeln. Mit einem einzigen Liter Treibstoff schafft dieses Auto so zwischen 400 und 500 Kilometer."

    Und das, so Ingenieur Robert Thierry aus dem Entwicklungsteam, mit einem herkömmlichen Honda-Motor. Die aerodynamische Form und extreme Leichtbauweise machen es möglich. "Bio-Mobile" besteht aus recyclebarem Kunststoff und wiegt nur knapp über 30 Kilogramm. Und noch ein weiteres Attribut macht das Fahrzeug nach Ansicht seiner Konstrukteure zum zukunftsweisenden Öko-Auto. Thierry:

    "Wir haben einen speziellen Treibstoff entwickelt, eine Art Bio-Benzin, das wir aus Küchenabfällen gewonnen haben. Und wir haben nun einen Prozess entwickelt, mit dem wir diesen Treibstoff sehr schnell gewinnen können."

    Dass das raketenähnliche Dreirad nicht alltagstauglich ist, stört die Westschweizer Tüftler wenig. Neben dem Bio-Mobile zeigen sie auf dem Genfer Automobilsalon einen Kleinwagen, in dem Teile der innovativen Technologie übernommen wurden. Gleich nebenan befindet sich der Stand des Kleinunternehmen eon-motors aus dem westschweizerischen Bouc-Bel-Air mit seinem Dreisitzer Weez. Das ist ein Elektromobil der besonderen Art. Statt eines zentralen Motors verfügt das Fahrzeug über vier kleine Motoren, die als Bestandteil der Achse unmittelbar an den vier Rädern angebracht sind. Welche Vorteile dies bringt, erläutert Mitinhaber Edouard Deguemp von eon-motors:

    "Wir sehen in dieser Technologie eine Reihe von Vorteilen: Erstens wird das Fahrzeug leichter, weil wir mit dem dezentralen System auf alle Antriebswellen verzichten können. Dann sind die vier Motoren miteinander vernetzt. Sie werden von einem zentralen Rechner gesteuert, mit dem sie in Verbindung stehen. Und der regelt immer, für jeden einzelnen Motor, die optimale Leistung. Damit wird das Fahren auf einen möglichst geringen Energieverbrauch hin optimiert."

    Ergebnis: Rund 20 Prozent Energieeinsparung gegenüber vergleichbaren Elektromobilen mit zentralem Motor - nun hoffen die Konstrukteure von eon-motors, dass sich ihr Konzept durchsetzt.

    Verkehrsinfos einmal anders, vorgestellt im Zukunftsauto Bamboo in Genf. Der Bordrechner ist über den Mobilfunkstandard UMTS ständig mit dem Internet verbunden. Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter sind damit permanente Beifahrer. Die Mitglieder der Bamboo-Community geben dabei ihre Verkehrsbeobachtungen weiter; manchmal, wie die Beispiele zeigen, in ziemlich drastischer Sprache. Doch diese Mini-Podcasts bekommen nur diejenigen Fahrer zu hören, die mit ihren Autos in der Nähe unterwegs sind. Ihr Navigationsgerät ist mit dem Bordrechner vernetzt, auf dem die Facebook-Anwendungen laufen. Stefan Ringleb vom Auto-Elektronik-Entwickler Harman International aus Karlsbad:

    "Wenn jemand in den Stau reinfährt, sieht er das, betätigt einen Knopf und sagt: 'OK, hier ist ein Stau.' Und wenn jemand in diese Gegend dann reinfährt, dann kriegt er diese Nachricht von dem anderen Fahrer mitgeteilt und kann dann seine Vorschläge von dem Stau anhören."

    Ein ebenso zukunftsweisendes Konzept zur Stauprognose entwickelt BMW. Dabei liegt die Idee zugrunde, dass kaum ein Fahrzeug mehr ohne Mobiltelefon unterwegs ist. Eckhard Steinmeier, Leiter des neuen Entwicklungsbereiches "Connected Drive":

    "Wir nennen das Real-Time-Traffic-Information, also Echtzeit-Information. Diese werden generiert aus verschiedenen Quellen, zum Beispiel aus der Vielzahl der bewegten Handys, die sich mit dem Auto mit bewegen, anonym natürlich. Und wenn jetzt viele Autos im Stau stehen, bewegen sich an dieser Stelle auch die Handys nicht mehr. Die Handys schicken ja immer auch Signale in die Infrastruktur. Und das kann man überprüfen."

    So lassen sich aus den Bewegungsprofilen, die die Betreiber von Mobilfunknetzen ohnehin festhalten, Rückschlüsse auf die Verkehrssituation ziehen: Bewegen sich viele Handys entlang einer Autobahn plötzlich nicht mehr, heißt das: Stau - und die Fahrer in der Umgebung bekommen eine entsprechende Warnmeldung auf ihren Bordrechner geschickt. Flankierend greift das System, so Eckhard Steinmeier, auf andere, ergänzende Quellen zurück:

    "Wir werten Daten von Taxiflotten aus, wir werten Daten beispielsweise von Paketlieferdiensten aus. Diese Daten fließen zusammen ebenso die Daten aus Induktionsschleifen auf Autobahnen. Und das ergibt dann diese hohe Qualität von Verkehrsinformationen, nicht nur für die Autobahnen, sondern auch für Bundesstraßen, für städtische Straßen, et cetera."