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Mogelpackung Bioplastiktüte

Immer mehr Geschäfte bieten Einkaufstüten aus Bioplastik an und werben mit dem Umweltvorteil. Doch die kompostierbaren Kunstoff-Tüten haben Schwächen.

Von Martina Janning | 06.01.2012
    Einkaufstüten aus Biokunststoff sind in Supermärkten auf dem Vormarsch. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais oder Zuckerrohr hergestellt. Manche sind sogar kompostierbar. Besonders umweltfreundlich macht sie gerade das aber nicht. Denn die Energie, die das Herstellen von biologisch abbaubarem Kunststoff verbraucht, verpufft beim Kompostieren. Heribert Wefers vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland:

    "Hinsichtlich der Energiebilanz ist das Kompostieren völlig ineffektiv – da kann ja keine Energie zurückgewonnen werden – es sei denn, das geht in irgendwelche Biogaserzeugungssysteme rein. Dann kann ein Teil der Energie zurückgewonnen werden."

    In der Regel landen die biologisch abbaubaren Plastiktüten aber nicht auf dem Kompost. Denn die Müllentsorgung der meisten Kommunen ist auf sie gar nicht eingestellt, sagt Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt.

    "Die Sortiertechnik bei Kompostanlagen ist nicht so hoch, dass man da unterscheiden könnte und würde. Sondern Kunststoff ist im Bioabfall ein Störstoff und wird vor der Kompostierung aussortiert und somit die konventionellen, als auch die biologisch abbaubaren Kunststoffe."

    Auch der Komposthaufen im Garten bietet nach Ansicht von Gerhard Kotschik nur im Einzelfall eine Alternative für biologisch abbaubare Einkaufstüten.

    "Auf einer großindustriellen Rotte sind stabile Bedingungen von der Temperatur, von der Feuchtigkeit, die wird auf dem richtigen Niveau gehalten. Im heimischen Komposter herrschen ganz andere Bedingungen."

    Gerhard Kotschik hält biologisch abbaubare Einkaufstüten für keine ökologisch sinnvolle Erfindung. Er befürchtet sogar zusätzliche Umweltschäden durch sie.

    "Die Gefahr bei biologisch abbaubaren Kunststoffen ist (auch), dass Konsumenten das Gefühl bekommen könnten, sie müssten diesen Kunststoff nicht richtig entsorgen, sondern könnten ihn einfach in die Natur werfen."

    Positiver beurteilt Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt diejenigen Bioplastiktüten, die aus nachwachsenden Rohstoffen sind. Ein Vorteil ist, dass sie nicht aus Erdöl hergestellt werden. Ein weiterer Vorteil kommt hinzu, wenn sie sich recyceln lassen und aus Kunststoff wieder Kunststoff wird.

    "Allerdings zeigt die Ökobilanz meistens auch Nachteile – in der Versauerung von Böden und in der Luft, in der Düngewirkung, der sogenannten Eutrophierung von Flächen und von Gewässern, in Feinstaubbelastung und im Flächenverbrauch, der für den Anbau der Rohstoffe benötigt wird."

    Außerdem könnten auf den Feldern statt Kunststoff auch wertvolle Lebensmittel angebaut werden. Sehr viel ökologischer wäre es sowieso, Bioplastik aus Abfällen von Pflanzen zu machen, also zum Beispiel aus Pflanzenstängeln. Aber das passiert bislang kaum. Für Umweltschützer Heribert Wefers sind Bioplastiktüten aus nachwachsenden Rohstoffen regelrechte Mogelpackungen.

    "Es ist Verbrauchertäuschung, weil dem Verbraucher suggeriert wird, er braucht nur die Tüte aus konventionellem Kunststoff – also letzten Endes aus Erdöl – zu ersetzen durch die Einkaufstüte aus nachwachsendem Kunststoff und alles ist gut. Aber auch die Einkaufstüte aus nachwachsendem Kunststoff verbraucht Ressourcen und ist auch ein Wegwerfprodukt."

    Für die Umwelt ist es am besten, auf Bioplastiktüten zu verzichten und zum Einkaufen etwas zu benutzen, das sich mehrfach verwenden lässt. Ein Einkaufskorb, ein Rucksack oder eine Stofftasche sind ökologisch am sinnvollsten. Da sind sich das Umweltbundesamt und Umweltschützer einig.