Er sagt's ja selber – "So spiel' ich viel' Personen ganz allein": den König, der er war, und den Gefangenen, der er jetzt ist, nachdem ihn (nach einer ziemlich misslungenen strategischen Intrige dieses Königs gegen seinen Rivalen) der Herzog von Bolingbroke entthront und in die Verliese des Towers verfrachtet hat; den alten Ruhm er-spielt er sich hier, in Einzelhaft, noch einmal in einer Art Spiegelfechterei; und selbst den Bettler müsste er jetzt spielen, der ums blanke Überleben bitten muss vor der neuen Macht.
Aus dieser Selbstbezichtigung von Shakespeares zweitem Richard leitet sich recht logisch die strukturelle Idee dieses kleinen Abends ab: den gewesenen Herrscher all die Positionen und Haltungen noch einmal durchspielen zu lassen, die ihn in dieses Desaster geführt haben. Und zwar ganz allein für sich und sozusagen im eigenen Kopf; nur ein paar Stimmen noch hört er, das sind die einzigen Gesprächspartner, die ihm blieben. Da aber dieser Shakespeare-König auch im originalen Stück schon mächtig viel vor sich fantasiert (und er darum Shakespeare-Spezialisten ohnehin eher als Poet gilt denn als begabter Politiker und Herrscher), hat die Dramaturgin Susanne Meister vor allem aus diesen monologischen Konvoluten geschöpft, um mit und aus ihnen dieses "Solo eines Königs" zu montieren.
Die sehr junge, seit 2005 als Assistentin am Wiener Burgtheater tätige Cornelia Rainer wiederum hat dem Burg- (und früher mal auch Thalia-) Star Sven Eric Bechtolf offenbar so viel Vertrauen eingeflößt, dass er den Kraftakt riskiert hat. Aus all dem müsste nun nur noch ein aufregendes Monodram fürs Theater werden.
So wie der Schauspieler der Regisseurin vertraut, vertraut sie ihm – und gibt ihm einen relativ knapp bemessenen Vorrat an Spielmaterial mit auf die 90 Minuten lange Strecke. Er rollt ins beinahe leere Bild herein, ein schweres Tor kracht zu, und der ganze Königskörper zittert; Pferdehufe trappeln davon. Viel ändert sich von nun an nicht um ihn herum; die Bühne von Aurel Lenfers kann den rückwärtigen Vorhang zwar von "dunkel" auf "hell" stellen (von Nacht auf Tag sozusagen) und kleinere Lichtsegmente platzieren – aber eigentlich bleibt immer alles dicht. Der Boden allerdings hat Zauberkraft – er kann dem König (als Tuch) unter den Füßen weggezogen werden; danach aber kann der einsame Redner aus unsichtbaren Schächten Requisiten ziehen, etwa ein edles blaues Königsgewand; und nach unten ins Nichts kann all das auch wieder verschwinden. Das ist durchaus sehr geschickt gemacht, bleibt aber sparsam gedacht – die ganze Last, na gut: fast die ganze, liegt auf Bechtolfs Schultern.
Dieser Schauspieler (die Hamburger wissen das aus den Zeiten von Jürgen Flimms Thalia-Intendanz) verfügt über einen immensen Fundus an Spielmethoden; es ist allerdings auch eine gehörige Portion an Manierismen darunter. So zelebriert er jetzt in diesem "Richard"-Solo auch eine beträchtliche Menge von völlig überholten Knattermimen-Tönen – nie allerdings ohne eine Messerspitze Ironie, nie ohne den dezent aufgesetzten Hinweis, dass hier einer von heute den Ton von gestern zitiert und imitiert. Nur eben nicht parodiert – Bechtolf, inzwischen einer der Protagonisten im fundamentalen Gedankentheater der Regisseurin Andrea Breth, nimmt auch das scheinbar Überlebte ziemlich ernst.
So lebt der Abend nun ganz aus Bechtolfs virtuoser Handwerkerei und dem einen einleuchtenden Gedanken der Inszenierung: den Monolog zu entdecken, der im Stück steckt. Aber all das gelangt eben nie wirklich an den Punkt, an dem bewiesen werden kann, dass es genau so und nicht anders sein MUSS.
Das "Solo eines Königs" ist ein Vorschlag, und kein schlechter – Brechts altes (und gutes) Fragespiel, ob wir Shakespeare bearbeiten können (Antwort: Ja, WENN wir es können!), wird prinzipiell positiv beschieden. Nur fehlt halt so viel "Welt" in diesem Spiel, das alles Leben um Richard herum so komplett außen vor lässt; aller Horizont ist ihm abhandengekommen – und der monomane traurige Träumer Richard bleibt darum sehr fremd: ein Einzelstück abseits der bewohnten Welt.
Aus dieser Selbstbezichtigung von Shakespeares zweitem Richard leitet sich recht logisch die strukturelle Idee dieses kleinen Abends ab: den gewesenen Herrscher all die Positionen und Haltungen noch einmal durchspielen zu lassen, die ihn in dieses Desaster geführt haben. Und zwar ganz allein für sich und sozusagen im eigenen Kopf; nur ein paar Stimmen noch hört er, das sind die einzigen Gesprächspartner, die ihm blieben. Da aber dieser Shakespeare-König auch im originalen Stück schon mächtig viel vor sich fantasiert (und er darum Shakespeare-Spezialisten ohnehin eher als Poet gilt denn als begabter Politiker und Herrscher), hat die Dramaturgin Susanne Meister vor allem aus diesen monologischen Konvoluten geschöpft, um mit und aus ihnen dieses "Solo eines Königs" zu montieren.
Die sehr junge, seit 2005 als Assistentin am Wiener Burgtheater tätige Cornelia Rainer wiederum hat dem Burg- (und früher mal auch Thalia-) Star Sven Eric Bechtolf offenbar so viel Vertrauen eingeflößt, dass er den Kraftakt riskiert hat. Aus all dem müsste nun nur noch ein aufregendes Monodram fürs Theater werden.
So wie der Schauspieler der Regisseurin vertraut, vertraut sie ihm – und gibt ihm einen relativ knapp bemessenen Vorrat an Spielmaterial mit auf die 90 Minuten lange Strecke. Er rollt ins beinahe leere Bild herein, ein schweres Tor kracht zu, und der ganze Königskörper zittert; Pferdehufe trappeln davon. Viel ändert sich von nun an nicht um ihn herum; die Bühne von Aurel Lenfers kann den rückwärtigen Vorhang zwar von "dunkel" auf "hell" stellen (von Nacht auf Tag sozusagen) und kleinere Lichtsegmente platzieren – aber eigentlich bleibt immer alles dicht. Der Boden allerdings hat Zauberkraft – er kann dem König (als Tuch) unter den Füßen weggezogen werden; danach aber kann der einsame Redner aus unsichtbaren Schächten Requisiten ziehen, etwa ein edles blaues Königsgewand; und nach unten ins Nichts kann all das auch wieder verschwinden. Das ist durchaus sehr geschickt gemacht, bleibt aber sparsam gedacht – die ganze Last, na gut: fast die ganze, liegt auf Bechtolfs Schultern.
Dieser Schauspieler (die Hamburger wissen das aus den Zeiten von Jürgen Flimms Thalia-Intendanz) verfügt über einen immensen Fundus an Spielmethoden; es ist allerdings auch eine gehörige Portion an Manierismen darunter. So zelebriert er jetzt in diesem "Richard"-Solo auch eine beträchtliche Menge von völlig überholten Knattermimen-Tönen – nie allerdings ohne eine Messerspitze Ironie, nie ohne den dezent aufgesetzten Hinweis, dass hier einer von heute den Ton von gestern zitiert und imitiert. Nur eben nicht parodiert – Bechtolf, inzwischen einer der Protagonisten im fundamentalen Gedankentheater der Regisseurin Andrea Breth, nimmt auch das scheinbar Überlebte ziemlich ernst.
So lebt der Abend nun ganz aus Bechtolfs virtuoser Handwerkerei und dem einen einleuchtenden Gedanken der Inszenierung: den Monolog zu entdecken, der im Stück steckt. Aber all das gelangt eben nie wirklich an den Punkt, an dem bewiesen werden kann, dass es genau so und nicht anders sein MUSS.
Das "Solo eines Königs" ist ein Vorschlag, und kein schlechter – Brechts altes (und gutes) Fragespiel, ob wir Shakespeare bearbeiten können (Antwort: Ja, WENN wir es können!), wird prinzipiell positiv beschieden. Nur fehlt halt so viel "Welt" in diesem Spiel, das alles Leben um Richard herum so komplett außen vor lässt; aller Horizont ist ihm abhandengekommen – und der monomane traurige Träumer Richard bleibt darum sehr fremd: ein Einzelstück abseits der bewohnten Welt.