Seine Absicht sei es nicht gewesen, hält Tomasevic in seinem Vorwort fest, ein Geschichtsbuch zu schreiben. Ganz im Sinne der montenigrinischen Tradition mündlicher Geschichtsüberlieferung erzählt er seine Familiensaga oft in dialogischer Form. Auch wenn sein Buch hier und da romanhafte Züge trage, übertrieben oder erfunden sei nichts: dazu habe es keinen Anlaß gegeben. Kaum eine Seite seines Buches, die nicht von Krieg, Flucht und menschlichem Leid handelt; "deshalb", schreibt Tomasevic, "weil die Geschichte sich wiederholt - und auf dem Balkan tut sie dies stets als Tragödie.
Tomasevic gelingt es in seinen epischen Beschreibungen, diese tragische Wiederholung der Geschichte in Jugoslawien authentisch und an keiner Stelle klagend darzustellen. Er beginnt mit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, da Hundertausende von Serben und Montenegrinern dem Belgrader Aufruf zur "Wiedereroberung des Kosovo" folgten- jenem Kernland also, welches das serbische Reich nach der Schlacht auf dem Kosovo-Polje im Jahre 1389 verloren hatte. Ein Großteil des serbischen Adels wurde hier getötet. Wie alle Kolonisten ist sein Vater, der örtliche Polizeichef von Kosovska Mitrovica, davon überzeugt, daß man den Albanern im Kosovo ihr Land nehmen und es an die Serben und Montenegriner verteilen sollte. Begründet wurde dies mit dem "geheiligten serbischen Anspruch" auf dieses Gebiet. Die Ankunft der Kolonisten wird von Massakern an den albanischen Einwohnern begleitet-, die Kosovaren rächen sich und vertreten den Standpunkt, Jahrhunderte vor den Serben das Kosovo besiedelt zu haben.
Große Teile des Buches sind dem Ersten, vor allem aber dem Zweiten Weltkrieg gewidmet. Am antifaschtstischen Kampf der Partisanen läßt sich auch am besten die geschichtlich vertrackte Situation der Jugoslawen aufzeigen: Moslems, Kroaten, Montenegriner, Albaner, Kosovaren und Serben kämpfen mit vereinten Kräften gegen das faschistische Hitler-Deutschland. Auf der kroatischen Seite kommt es zu Zusammenschlüssen der (ebenso faschistischen) Ustascha mit den Deutschen; die Tschetniks, serbische Nationalisten, bringen Partisanen, also auch eigene Landsleute, in den Bergen Montenegros und den Schluchten des Balkans um; Mussolinis Faschisten besetzen viele Teile des Landes. Die normale Bevölkerung wird zwischen all diesen Fronten aufgerieben. Viele unterstützen unter Einsatz ihres Lebens die Partisanen in den Bergen. Der junge Bato wird Partisan wider Willen, als er seine Schwester Stana in den Bergen besuchen will, die mittlerweile eine berüchtigte Partisanen-Führerin geworden ist. Später wird sie Tito zur jugoslawischen Botschafterin in Norwegen ernennen. Der Vater, noch vor den beiden Weltkriegen ein überzeugter Royalist und stets im Sinne eines Groß-Jugoslawien handelnd, wird von den Italienern ins Gefängnis gebracht, weil er seine Landsleute nicht verraten will. Nach zwei Jahren Kerker wird er entlassen und zieht, gebrochen und kraftlos, in die Berge, um sich dem antifaschistischen Kampf der Partisanen anzuschließen. Bato, gerade mal sechzehn Jahre alt, gerät unzählige Male in Lebensgefahr und schafft es, als er sich einem Flüchtlingszug anschließt, mordenden Tschetniks zu entkommen.
Stets handelt Bato Tomasevic im Sinne der jugoslawischen Idee. Auch nach dem Tod Titos, Anfang der Achtziger Jahre, bleibt er ihr treu. Erneut steht er unter Verdacht. Als er zu Beginn der neunziger Jahre den gesamtjugoslawischen Sender "Yutel" als Intendant leitet, wird seine Arbeit von allen Republiken, bis auf Bosnien, boykotiert. Man bedroht ihn und seine Familie nachts mit anonymen Anrufen. Er verläßt Belgrad und zieht mit seiner Frau in den Nordwesten Englands. Es folgt "das bittere Erwachen aus einem großen Traum". Nach allem, was seine Familie und er im Kampf für ein "brüderliches Jugoslawien" getan hatten, kommt Bato Tomasevic zu der bitteren Einsicht, daß Menschen vieler unterschiedlicher Nationalitäten und Glaubensrichtungen nicht in Frieden und Harmonie zusammenleben können. Dennoch hat er sein Bild von einem demokratischen und pluralistischen Jugoslawien noch nicht aufgegeben. Wer so wie Bato Tomasevic mit der Geschichte dies Landes verbunden und von der Richtigkeit einer südslawischen Republikengemeinschaft überzeugt ist, obwohl die Wirklichkeit andere Maßstäbe setzt, der hat keine andere Chance: er muß seine mentale Heimat bewahren. Sie ist das Abbild seines Lebens. Und solange es Menschen wie Tomasevic gibt - und es gibt noch immer sehr viele -, so lange existiert auch die jugoslawische Idee. Ideen sterben mit den Menschen.Viele Jugoslawen sind noch am Leben