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Moratorium möglich?

Michael Kauch, umweltpolitischer Sprecher der FDP, hält als eine Konsequenz aus der Atom-Katastrophe von Japan ein Moratorium für möglich. Allerdings müsse vor einem Beschluss eine gesetzeskonforme Regelung getroffen werden, so Kauch weiter.

Michael Kauch im Gespräch mit Friedbert Meurer | 14.03.2011
    Friedbert Meurer: Ich begrüße Michael Kauch, den umweltpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Guten Tag, Herr Kauch.

    Michael Kauch: Ja, schönen guten Tag.

    Meurer: Sind Sie dafür, auszusetzen, erst mal keine Verlängerung der Laufzeiten?

    Kauch: Also das FDP-Präsidium hat heute ja gefordert, dass wir eine unabhängige Expertenkommission einsetzen zur Risikoanalyse aller Kernkraftwerke und eben auch eine Arbeitsgruppe zur Beschleunigung der Nutzung erneuerbarer Energien. Voraussetzung dafür ist der Netzausbau, das muss beschleunigt werden, und der Parteivorsitzende hat schon vor der Präsidiumssitzung deutlich gemacht, dass man auch über ein Moratorium reden kann, wobei natürlich hier jetzt die Details zu besprechen sind, denn wir haben ein gültiges Gesetz und dieses Gesetz gibt den Kernkraftbetreibern Ansprüche an Produktionsmengen, und deswegen müssen hier auch sehr genau die Regelungen geklärt werden, bevor man eben den Beschluss jetzt hier fassen kann.

    Meurer: Darf ich Sie dann so verstehen, Herr Kauch, Sie würden das schon gerne so machen, aussetzen, aber das muss alles erst jetzt mal durchgerechnet werden?

    Kauch: Nein, es geht nicht um Durchrechnen. Es geht vor allen Dingen darum: wir wollen ja eine Sicherheitsanalyse der Kernkraftwerke haben über das hinaus, was ohnehin von der Koalition schon vorgesehen ist. Wir haben ja mit dem neuen Atomgesetz einen Paragrafen eingeführt, nach dem die Kernkraftwerksbetreiber verpflichtet sind, über den bisher genehmigten sicheren Betrieb hinaus Nachrüstungen vorzunehmen, und das wird jetzt natürlich vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan und der möglichen Lehren, die wir daraus ziehen müssen, dann jetzt noch mal alles auf den Prüfstand gestellt. Da kann es sinnvoll sein, ein Moratorium bei den Laufzeitverlängerungen zu machen, wobei eben geklärt werden muss, was bedeutet das insbesondere für die Reaktoren, die sich hier schon in der Laufzeitverlängerung befinden, oder kurz davor sind, weil für die allermeisten Reaktoren würde ein solches Moratorium ja jetzt zunächst keine unmittelbare Auswirkung haben.

    Meurer: Genau! Die sind doch sowieso am Netz, laufen, und das spielt da zunächst keine Rolle.

    Kauch: Es gibt ein Kraftwerk, was bisher die Laufzeitverlängerung in Anspruch nimmt, und wir haben, ich glaube, ein Kraftwerk, was in diesem Jahr dran wäre. Dementsprechend würde das für diese Reaktoren natürlich eine Auswirkung haben, wo man dann eben jetzt klären muss, ist das vor dem Hintergrund des geltenden Rechts dann auch ein gangbarer Weg, und das muss die Regierung jetzt auch in ihrer Verantwortung klären.

    Meurer: Würde dazu gehören, dass der Bundestag neu abstimmen muss?

    Kauch: Das kann sein, das kann ich momentan nicht beurteilen, dazu brauchen wir den juristischen Rat auch der Regierung.

    Meurer: Die Opposition sagt seit dem Wochenende, wir haben schon immer davor gewarnt, die Laufzeiten zu verlängern. Wenn es so kommt, muss man sagen, das ist eine ziemliche Schlappe für die Regierung?

    Kauch: Also ich glaube, es ist immer klug, wenn es neuen Beratungsbedarf gibt, wie jetzt nach Japan, dass man dann auch gegebenenfalls neue Maßnahmen ergreift. Ich denke, das sind wir auch der Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, dass man die Dinge, die man für richtig hält, auch noch einmal überprüft, wenn es neue Erkenntnisse gibt. Ich sage aber auch sehr deutlich, man kann nicht jetzt einfach sagen, wir schalten alles ab und fahren die Kohlekraftwerke hoch, weil ...

    Meurer: Aber das sagt ja im Moment auch kaum jemand!

    Kauch: Ja, aber das ist natürlich die Frage, die man sich immer stellen muss, was passiert. Das eine ist die Frage der Laufzeitverlängerung und das andere ist die Forderung, die es jetzt ja auch aus den Grünen gibt, nach sofortigem Ausstieg. Frau Kotting-Uhl, die atompolitische Sprecherin, hat das heute vertreten, ja auch im Deutschlandfunk. Das ist dann natürlich noch mal ein anderes energiewirtschaftliches Szenario, wo wir dann eben auch schauen müssen, dass wir nicht andere Risiken, nämlich beispielsweise die des Klimawandels, hier dann verstärken. Also das ist schon etwas, was man abwägen muss und in der Energieversorgung in der Gesamtschau sich anschauen muss. Ein Moratorium kann dazu dienen, dass man die Zeit hat, diese Dinge auch in Ruhe abzuwägen.

    Meurer: Der FDP-Umweltpolitiker Michael Kauch bei uns im Deutschlandfunk. Danke schön!