In der englischen Übersetzung der Story eines Jungen, der ausgerechnet am Tag der Abschlussprüfung revoltiert und davonläuft, klingt das alles überhaupt nicht mehr lustig. "Kulturelle Unterschiede" wischt Projektleiter Vincenco Bugno gleich das Erstaunen des Publikums beiseite - bei der öffentlichen "Pitching-Session" bei der 12 chinesische Nachwuchsregisseure und ihre Produzenten ihre Filmprojekte möglichen europäischen Koproduktionspartnern vorstellen dürfen. Zwei Tage lang war die chinesische Delegation in der Kunst des "Pitchings", also in der Kurzvorstellung ihrer Projekte, geschult worden. Das gehört zum Konzept der Veranstaltung, die mit unterschiedlichen Regionen im Mittelpunkt nun schon zum siebten Male stattfindet. Bei den Chinesen war das in der Welt der Filmproduktion weitverbreitete "Pitching" eine besondere Herausforderung.
"Wir haben mit unterschiedlichen kulturellen Backgrounds zu tun und dementsprechend sind auch die Ergebnisse der 'Pitchings'. Die Greater China-Regisseure sind jetzt nicht unbedingt daran gewöhnt in der Öffentlichkeit zu reden. Ich habe gelernt: Es gibt eine gewisse Zurückhaltung, wenn man in der Öffentlichkeit spricht. Was wir aber unterrichten ist 'Try to promote your project'. Das ist für sie eine aktive Haltung, die vielleicht neu ist. Trotzdem glaube ich, dass diese 'Pitching-Therapie' einiges bewirken kann."
Aus 120 eingereichten Projekten präsentierte die Sektion "Open Doors" in Locarno ein sehr breit gefächertes Spektrum des zukünftigen jungen Filmschaffens aus der Volksrepublik China, Hongkong und auch Taiwan, was man politisch etwas unkorrekt unter dem Begriff "Greater China" zusammenfasste. Ergänzt wurde das Ganze um eine Reihe mit den Festivalerfolgen der chinesischen Regisseure der letzten Jahre, denn dass auch aus den vorgestellten Projekten alsbald Filme werden, ist kaum zu bezweifeln. Die Chinesen nehmen eine Sache ernst, die von vielen der in Locarno und auf anderen Filmfestivals Anwesenden gar nicht mehr so ernst genommen wird: Das Kino der Autoren ist für sie fast eine Neuentdeckung. In ihrem Heimatland ist Kino gerade die größte kulturelle Wachstumsbranche. Cineplexe schießen in allen Großstädten in den Himmel und so ist auch neben den einheimischen millionenschweren Prestigeprojekten und den Hollywoodblockbustern, denen neuerdings auch in China keine Steine mehr in den Weg gelegt werden, plötzlich Platz für kleine, feine Filme mit einer persönlichen Handschrift. Doch weil das kommerzielle Versprechen in China zurzeit Trumpf ist, haben ausgerechnet die Filme dieses Segments in der ruhmreichen chinesischen Filmtradition es plötzlich schwer, das nötige Geld aufzutreiben. Was ist los in China. Es geht voran:
"Es geht voran, besonders in einem bestimmten Bereich. Das bedeutet: Filme, die von vorneherein klar mit einer bestimmten kommerziellen Identität geplant werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass im Bereich independent Cinema, für anspruchsvolle Filme von jungen Autoren, - inhaltlich und auch formell – zunehmend Probleme gibt."
An dieser Stelle springen die europäischen Koproduzenten ein, die sich die Filme noch einmal in Gesprächen unter vier Augen präsentieren lassen. Filmische Entwicklungshilfe der besonderen Art, in jedem Fall Kulturaustausch. Die meisten vorgestellten Projekte stammen von Filmemachern, die schon erste Preise bei den großen Festivals bekommen haben wie Wang Xiaoshuai, der schon zweimal auf der Berlinale einen silbernen Bär mit nach Peking nehmen konnte. Es handelt sich also bei der jungen Garde des chinesischen Films nicht mehr um Undergroundfilmer, die mit ihrer Videokamera Missstände anprangern. Und so sind die vorgeschlagenen Projekte äußerst vielfältig. "Magischen Realismus" aus Tibet verspricht zum Beispiel Pema Tseden. Mordgeschichten, Familiendramen, schwarze Komödien und surreale Science-Fiction sind vertreten. Es geht um die Geschichte heimatloser Kinder (im durchaus brisanten klingenden Film "Hilfe" von Li Ying) und um den Konflikt zwischen dem Festland und Hongkong in einem Film von Emily Tang: "Little Wings", der von der Firma des Venedig-Gewinners Jia Zhangke produziert wird. Von den meisten Filmen, die "Open Doors" präsentierte wird man bald hören. Türen auf für China – nicht nur als Wirtschaftspartner, ausgerechnet das chronisch unterfinanzierte Autorenkino macht es vor.
"Wir haben mit unterschiedlichen kulturellen Backgrounds zu tun und dementsprechend sind auch die Ergebnisse der 'Pitchings'. Die Greater China-Regisseure sind jetzt nicht unbedingt daran gewöhnt in der Öffentlichkeit zu reden. Ich habe gelernt: Es gibt eine gewisse Zurückhaltung, wenn man in der Öffentlichkeit spricht. Was wir aber unterrichten ist 'Try to promote your project'. Das ist für sie eine aktive Haltung, die vielleicht neu ist. Trotzdem glaube ich, dass diese 'Pitching-Therapie' einiges bewirken kann."
Aus 120 eingereichten Projekten präsentierte die Sektion "Open Doors" in Locarno ein sehr breit gefächertes Spektrum des zukünftigen jungen Filmschaffens aus der Volksrepublik China, Hongkong und auch Taiwan, was man politisch etwas unkorrekt unter dem Begriff "Greater China" zusammenfasste. Ergänzt wurde das Ganze um eine Reihe mit den Festivalerfolgen der chinesischen Regisseure der letzten Jahre, denn dass auch aus den vorgestellten Projekten alsbald Filme werden, ist kaum zu bezweifeln. Die Chinesen nehmen eine Sache ernst, die von vielen der in Locarno und auf anderen Filmfestivals Anwesenden gar nicht mehr so ernst genommen wird: Das Kino der Autoren ist für sie fast eine Neuentdeckung. In ihrem Heimatland ist Kino gerade die größte kulturelle Wachstumsbranche. Cineplexe schießen in allen Großstädten in den Himmel und so ist auch neben den einheimischen millionenschweren Prestigeprojekten und den Hollywoodblockbustern, denen neuerdings auch in China keine Steine mehr in den Weg gelegt werden, plötzlich Platz für kleine, feine Filme mit einer persönlichen Handschrift. Doch weil das kommerzielle Versprechen in China zurzeit Trumpf ist, haben ausgerechnet die Filme dieses Segments in der ruhmreichen chinesischen Filmtradition es plötzlich schwer, das nötige Geld aufzutreiben. Was ist los in China. Es geht voran:
"Es geht voran, besonders in einem bestimmten Bereich. Das bedeutet: Filme, die von vorneherein klar mit einer bestimmten kommerziellen Identität geplant werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass im Bereich independent Cinema, für anspruchsvolle Filme von jungen Autoren, - inhaltlich und auch formell – zunehmend Probleme gibt."
An dieser Stelle springen die europäischen Koproduzenten ein, die sich die Filme noch einmal in Gesprächen unter vier Augen präsentieren lassen. Filmische Entwicklungshilfe der besonderen Art, in jedem Fall Kulturaustausch. Die meisten vorgestellten Projekte stammen von Filmemachern, die schon erste Preise bei den großen Festivals bekommen haben wie Wang Xiaoshuai, der schon zweimal auf der Berlinale einen silbernen Bär mit nach Peking nehmen konnte. Es handelt sich also bei der jungen Garde des chinesischen Films nicht mehr um Undergroundfilmer, die mit ihrer Videokamera Missstände anprangern. Und so sind die vorgeschlagenen Projekte äußerst vielfältig. "Magischen Realismus" aus Tibet verspricht zum Beispiel Pema Tseden. Mordgeschichten, Familiendramen, schwarze Komödien und surreale Science-Fiction sind vertreten. Es geht um die Geschichte heimatloser Kinder (im durchaus brisanten klingenden Film "Hilfe" von Li Ying) und um den Konflikt zwischen dem Festland und Hongkong in einem Film von Emily Tang: "Little Wings", der von der Firma des Venedig-Gewinners Jia Zhangke produziert wird. Von den meisten Filmen, die "Open Doors" präsentierte wird man bald hören. Türen auf für China – nicht nur als Wirtschaftspartner, ausgerechnet das chronisch unterfinanzierte Autorenkino macht es vor.