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Morgens Landwirt, nachmittags Golflehrer

"Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" - so wird der ostwestfälische Landwirt gern charakterisiert. Doch das trifft auf Franz-Josef Meiwes aus Delbrück-Westenholz bei Paderborn nicht zu. Der findige Mann hat nach der BSE-Krise schnell gehandelt und aus seinem Acker eine Golf-Anlage gemacht. Doch auf seinem Platz tummelt sich nicht dezent, nobles Publikum, sondern eher Kegelvereine und Schulklassen, denn auf dieser Anlage wird Swin-Golf (von Swing engl. Schwingen) gespielt - eine etwas hemdsärmelige Art des Golf, die man ohne karierte Hose und Noppenschuhe spielt. Die Anlage in Westenholz ist die erste in Deutschland und vielleicht die neue Nebenerwerbsquelle für Landwirte.

Von Stefanie Frenzel |
    Wir stellen uns mitten hinter den Ball, die Rechtshänder nehmen die rechte Hand nach unten, linke Hand darüber und dann versuchen wir einfach mal ins Netz zu schlagen.

    Landwirt Franz-Josef Meiwes, ganz leger im Jeansoutfit, schlägt den Gummigolfball präzise ab. (Atmo Schlag).Die Golf-Schüler, jeder bewaffnet mit nur einem Schläger, stehen etwas unsicher daneben. Ungewohnt die Haltung: leicht breitbeinig und locker in den Knien bleiben. Wer trifft, befördert den Ball in ein Netz. Das sind die ersten Übungen, Kostenpunkt der folgenden Platzrunde: 9 Euro. Swin-Golf lernt der Laie schnell und dann geht´s sofort auf den Rasen. Dort ist Manfred Michael Grützner schon unterwegs.

    Das Faszinierende ist, dass man hier einfach hinkommt, sich nen Schläger leiht, geht auf den Platz und legt los. Es gibt keine Statuten oder irgendwelche Kleiderordnungen, also theoretisch kann man hier auch in Badehose spielen, wenn man will.

    Doch das verhindert schon der Blick auf die gepflegte Grünanlage. Wo sich jetzt sanfte Grashügel erheben, Fahnen im Wind flattern, war vor gut einem Jahr noch ein Maisfeld. Im Gebäude nebenan stehen 200 Mastbullen.

    Die versorgt Franz-Josef Meiwes früh morgens um 8 Uhr und zwischendurch.

    Man muss schon ab und zu mal durch den Stall gehen und gucken, ob alles in Ordnung ist.

    Franz-Josef Meiwes ist erst seit 3 Monaten Golflehrer. Einen Lehrgang brauchte er dafür nicht, Swin-Golf ist eine Freistilsportart. Dennoch, die neue Rolle ist für den 43jährigen Landwirt noch ungewohnt.

    Es ist ein ganz anderes Leben. Man hat mehr mit Leuten zu tun, man muss mehr auf das Äußere achten. Es ist alles nobler. Wie soll ich sagen? Da muss man sich schon ein paar Mal umziehen, dass man wieder sauber ist.

    Doch das nimmt der Golfplatzbetreiber gern in Kauf. Er und seine Frau haben schon kurz nach dem ersten BSE-Fall in Deutschland geahnt, von der Bullenmast kann die 5köpfige Familie bald nicht mehr leben. Sie schafften die Hälfte der 400 Bullen ab.

    Da bekam man statt 2000 Mark damals auf einmal nur noch 1400 Mark. Da macht man sich schon Gedanken, ob man sich nicht ein anderes Standbein dabei nimmt.

    Mit rund 40 Prozent weniger Einnahmen, so schätzt Franz-Josef Meiwes, musste sein Betrieb plötzlich fertig werden. Ein Zeitungsartikel brachte das Ehepaar dann auf die Idee, den ersten Swin-Golf-Platz in Deutschland zu eröffnen. Deshalb fuhren sie in die Schweiz, besichtigten dort mehrere Plätze und besorgten sich einen Architekten. Der funktionierte 10 Hektar Ackerland für rund € 35.000 zum Golf-Platz um. Eine Investition, die von den Nachbarn immer noch eher kritisch beäugt wird. Das ließ auch den Landwirt zuerst nicht kalt.

    Die Leute sehen das ja auch bisschen skeptisch alle und ja, da ist man dann schon am Zweifeln zwischendurch. Aber mittlerweile denke ich, dass wir es richtig gemacht haben.

    Die überwiegend junge Kundschaft, wie Manuel Butzke, gibt dem Golf-Platz-Chef Recht, sie nimmt das neue Freizeitangebot auf dem Lande dankbar an.

    Hier ist man schön an der frischen Luft, wird schön braun nebenbei und es macht einfach Spaß, sich auch zu messen gegenseitig.

    Und auch der Nachwuchs auf dem Hof findet sich so langsam mit dem ungewohnten Kundenansturm ab. Gerade hat Mutter Annette Meiwes, 32 Jahre, das Hof-Café eröffnet und das hat ja auch Vorteile: Hier gibt´s immer selbst gebackenen Kuchen und wenn viel los ist, findet die 10jährige Stefanie, trifft man auch mal nette Leute.

    Manchmal ist das doof und manchmal ist das gut, weil dann öfters welche zum Spielen da sind.

    Für Mutter Annette bedeutet das Café wesentlich mehr Arbeit. Doch die junge Frau hat Spaß an der neuen Aufgabe und sieht sie als Chance. Sie ist jetzt nicht mehr nur Mutter und Hausfrau, sondern Caféchefin.

    Man kann klagen und handeln. Wir haben gehandelt.