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Motorentechnik
"Saubere Diesel sind möglich"

Dieselmotoren haben im Zuge des Abgas-Skandals an Attraktivität verloren. Fachverbände haben jetzt ihre spezielle Sicht auf die Dieseltechnik dargelegt. Ihr Fazit: Saubere Diesel sind möglich, allerdings müsste deutlich mehr in Effizienztechnologien investiert werden.

Von Philipp Banse | 23.05.2017
    Eine neue Motorengeneration "OM 470" 6 Zylinder Dieselmotor mit 335 KW Leistung ist am Stand von Daimler bei der Nutzfahrzeuge in Hannover zu sehen. Auf der Leitmesse der Nutzfahrzeug-Branche präsentieren rund 2000 Aussteller aus 52 Ländern vom 22. bis 29. September unter anderem alternative Antriebe, autonomes Fahren und vernetzte Fahrzeuge.
    Auslaufmodell? Ein Dieselmotor der neueren Generation (Peter Steffen/dpa)
    "Also rein technisch betrachtet, kann der Diesel noch durchaus ein Rolle spielen, wenn es darum geht, den CO₂-Ausstoß im Verkehr zu senken", sagt Peter Mock vom International Council on Clean Transportation, jener Umweltschutzorganisation, die die Betrügereien der Autoindustrie mit aufgedeckt hat.
    "Saubere Diesel sind möglich, das sieht man an den neusten Motoren zum Beispiel von Volkswagen, zum Beispiel von Daimler. Die haben sehr niedrige Stickoxydemissionen - auch unter realen Fahrtbedingungen. Und auch auf der CO₂-Seite glauben wir, dass der Diesel noch sehr viel Potential hat. Wir sehen da Verbesserungsmöglichkeiten von um die 30, sogar 40 Prozent, wenn man da in Effizienztechnologien weiter investiert."
    Für Umweltschützer ein Auslaufmodell
    Soweit die rein technische Perspektive. Doch praktische Gründe führen dazu, dass die Umweltschützer Diesel eher für ein Auslaufmodell halten. Zum einen: Dieselabgase lassen sich zwar gut reinigen, aber das kostet Geld, etwa 1.500 Euro pro Motor, sagt Peter Mock. Dieselmotoren seien ohnehin teurer als Benziner und wirklich saubere Dieselmotoren würden also noch teurer.
    "Der Benziner wird immer attraktiver werden, weil er technisch einfacher ist. Und wenn wir davon ausgehen, dass irgendwann das Steuerprivileg für den Diesel zurück gefahren wird, das heißt, wenn der Kraftstoff nicht mehr subventioniert wird, so wie das im Moment der Fall ist, dann glaube ich, verliert der Diesel sehr schnell seinen finanziellen Vorteil."
    Anteil der Dieselmotoren sinkt
    Der Ausstieg aus dem Diesel habe bereits begonnen. Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes zeigten, dass der Anteil der Dieselmotoren in Deutschland sinkt. Jahrelang fuhren 48 Prozent der Autos hierzulande mit Diesel, in den letzten Jahren sank der Dieselanteil auf 42, 43 Prozent. Dieser Trend dürfte sich noch verstärken, sagt Verkehrs-Aktivist Peter Mock.
    "Ich glaube, dass die treibende Kraft im Moment die Städte sind, Städte, die unglaublich verzweifelt sind, weil sie nicht wissen, was sie tun sollen, weil sie hohe Emissionen beobachten und dann Diesel aus ihren Städten fernhalten werden."
    Mehr Elektroautos für Klimaziele
    Derzeit stiegen Autofahrer auf Benziner oder Hybrid-Autos um. Um die Klimaziele zu erreichen, die sich auch die Bundesregierung gesetzt hat, müssten die Menschen jedoch vor allem mit Elektro-Autos durch die Gegend fahren. Die Bundesregierung will in den nächsten 13 Jahren den CO₂-Ausstoss des Verkehrs um 40 Prozent senken im Vergleich zu 1990. Gleichzeitig hat die Bundesregierung aber ihr Ziel aufgegeben bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen zu haben. Solche Quoten seien nicht schlecht, sagt Michael Müller-Görnert vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland, VCD. Den Umstieg auf Elektroautos wirklich befeuern könnten aber vor allem strenge Grenzwerte für Stickoxide und vor allem CO₂, ein Werkzeug, auf das die EU schon heute setzt:
    "Insofern setzen wir uns dafür ein, dass diese Gesetzgebung ambitioniert fortgeschrieben wird. Für das Jahr 2025 heißt das konkret, dass der durchschnittliche CO2-Grenzwert bei 70 Gramm je Kilometer liegen muss basierend auf dem neuen Fahrzyklus WLTP. Und dann sollte es auch schon ein indikatives Ziel geben für 2030 von 35 bis 40 Gramm, denn wir müssen bis 2050 bei null landen."
    KFZ-Steuer muss umgestrickt werden
    Solche europäischen Grenzwerte müssten aber mit nationalen Maßnahmen begleitet und unterstützt werden. So müsse die Bundesregierung aufhören, Diesel durch Milliarden-Subventionen billig zu halten. Außerdem müsse die KFZ-Steuer umgestrickt werden, sagt VCD-Mann Müller-Görnert.
    "Wir müssen dazu kommen, dass man ein Bonus-Malus-System hat. Für Fahrzeuge, die wenig ausstoßen, müsste man eine Steuergutschrift bekommen. Im Gegenzug muss bei Fahrzeugen mit mehr CO₂-Ausstoß auch mehr bezahlt werden. Das hat Lenkungswirkung. Das hat in Großbritannien funktioniert, das hat in Frankreich funktioniert. Warum soll es nicht auch in Deutschland funktionieren?"