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"Mr. fix it"

Vor der Berufungskommission des Fußball-Weltverbandes FIFA verteidigten sich fünf jener sechs Funktionäre, die im November wegen Korruption gesperrt wurden waren. Allerdings hatte der aus dem FIFA-Exekutivkomitee verbannte Nigerianer Amos Adamu schon vorab verkündet, er rechne mit einem Freispruch.

Von Jens Weinreich | 03.02.2011
    Nach Enthüllungen der "Sunday Times" waren im Herbst zwei FIFA-Exekutivmitglieder und vier Personen aus dem Dunstkreis der FIFA-Regierung suspendiert worden. Nur einer von ihnen, Ismail Bhamjee aus Botswana, der 2006 wegen Tickethandels aus dem Exekutivkomitee verbannt wurde, legte nicht Berufung ein. Die anderen fünf stellten sich der so genannten Berufungskommission, die wie alle anderen FIFA-Kommissionen teilweise dubios besetzt ist. Es geht weniger nach Kompetenz, als nach Gefolgschaft. Die Kommission wird von einem Mann aus Bermuda geleitet, einem Eiland, das bei FIFA-Kongressen stets für FIFA-Boss Joseph Blatter und seinen korrupten Stellvertreter Jack Warner stimmt. Die Mehrheit in der Kommission haben Fußball-Großmächte wie Guam, die Cook- und die Salomon-Inseln, Belize und Madagaskar. Handverlesene Mitglieder. Typische, intransparente FIFA-Demokratie.

    Für den wegen Bestechlichkeit gesperrten ehemaligen FIFA-Vize Reynald Temarii aus Tahiti ist die Rückkehr an die Tafelrunde selbst bei einem Freispruch durch die abstruse Berufungskommission kaum möglich. Denn auf dem Kongress der ozeanischen Konföderation OFC wurde Temarii kürzlich durch David Chung aus Papua-Neuguinea ersetzt.

    Das bisherige Exekutivmitglied Amos Adamu aus Nigeria dagegen will, er rechnet mit einem Freispruch, in drei Wochen auf Afrikas Fußball-Kongress in Khartoum erneut ins FIFA-Exekutivkomitee gewählt werden. Ein absurdes Begehren, doch in der Spezialdemokratie FIFA ist vieles möglich.

    Interessant und vielleicht auch richtungsweisend ist ein Detail: FIFA-Präsident Joseph Blatter empfing parallel zu den Berufungsverhandlungen in Zürich eine Delegation des Nigerianischen Verbandes NFF mit dem neuen Präsidenten Maigari. Man will den Nigerianern die Rückkehr in geordnete Verhältnisse ermöglichen, nachdem der Verband Anfang Oktober wegen angeblicher politischer Einflussnahme suspendiert worden war. Tatsächlich hatte der neue Staatspräsident Goodluck Jonathan im Sommer die alte, total korrupte Verbandsführung abgesetzt. Nigerias Sportminister hatte die Reaktion der FIFA darauf als "babyhaft" bezeichnet.

    Zwanzig Jahre lang hatte die FIFA keine Einwände gegen die politische Instrumentalisierung des Verbandes und hat beispielsweise stets Geschäfte mit dem blutrünstigen Diktator Sani Abacha gemacht. Beinahe zwei Jahrzehnte saß Amos Adamu an den Schaltstellen der Macht, als Verbindungsglied zwischen Diktatoren, Regierung und Verband, zuletzt als Direktor für Sportförderung im Bundesministerium, als Vorstandsmitglied von FIFA und Afrikas Dachverband CAF und als Präsident der westafrikanischen Fußball-Union. Wer sich auf die Suche nach verschwundenen hunderten Millionen Dollar Sportförderung und Sponsoring-Summen macht, kommt an Adamu und seiner zentralen Position nicht vorbei. Nur kleine Prozentsätze des Geldes kamen bei rechtmäßigen Empfängern an, etwa in der NFF-Verbandskasse.

    In Nigeria haben sie dem FIFA-Funktionär Adamu zwei Spitznamen gegeben: "Doctor of corruption" und "Mr. fix it". Was mehr oder weniger aufs selbe hinaus läuft. Es heißt, Adamu habe wie ein Puppenspieler die Sportminister dirigiert.

    Adamu hat im FIFA- und Fußball-Business eine märchenhafte und doch wieder typische Karriere gemacht. Ähnlich wie Skandalnudel Jack Warner hat auch er es in kurzer Zeit vom Grundschullehrer zum Multimillionär gebracht, dessen Kinder Privatschulen in England besuchen. Im Dezember, einen Monat nach seiner FIFA-Suspendierung, hat daheim in Nigeria die Kommission für Wirtschafts- und Finanzverbrechen alte Ermittlungen neu aufgelegt. Es geht um verschwundene Millionen und dubiose Deals während der All-Afrika-Spiele 2003 in Abuja. Amos Adamu war, natürlich, Generaldirektor dieser Spiele und hat, natürlich, keinerlei Bilanzen vorgelegt.